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Feuer: Monatsschrift für Kunst und künstlerische Kultur — 2.1920/​1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.41961#0188

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Einstellung und ihrer nur zu oft sehr fleischlichen Erotik
'm Ganzen ablehnend gegenüberstehen muh- — Ohne
die persönlidie Totalität des Gefüges, die froh aller
Einwendungen doch Hochaditung vor Klingers Tun
erweckt, streben in der Leipziger Jahresaussfellung
die jüngeren Kräfte nach Anerkennung ihrer expres-
sionistischen Willenskraft. Rüdiger Berlit steht immer
nodi, wie seit einem Jahrfünft, an der Spike dieser
kleinen Sdiar, die sidr in den Leipziger Verhältnissen
mit ihrer eigentümlich ungeistigen Atmosphäre langsam
durchsehf. In dem nidii sehr weiten Bezirk seiner
Begabung wirken seine Dinge intensiv, da sie von
beharrlicher Anspannung und seelischer Intensität her-
vorgetrieben werden. Geschickter, aber weit oberflädi-
licher arbeitet Max Schwimmers Talent, neuerdings
vom psychologischen Impressionismus, vom Beridife
über seelische Stimmungen, wieder mehr zum Natur-
eindruck zurückgewendet, ohne dadurdi eine gröbere
Vertieftheit zu gewinnen. Neben diesen beiden Malern
und Graphikern mühen sich nodi einige andere im ähn-
lidien Ringen um den modernen Stil: so Lederer-Weida,
Eugen Hamm, Will Sennn usw. Diese Jahresaus-
stellung hat sich dadurch einen gröberen Resonanz-
boden gesichert, dalj sie, ebenso wie ihre Vorgängerinnen,
bedeutende auswärtige Künstler einlud: Schmidt-Rottluff,
Schmidt-Niechciol, Pedistein, Hofer usw., von Plastikern:
Albiker, Kolbe usw. So bietet die Sdiau, die sidr
diesmal auf Aquarelle, Graphiken und Plastiken be-
schränkt, einen ganz hübschen Durchschnitt durch das
gegenwärtige Kunstleben. Und wenn audi gesagt werden
muh, dab das Gesamtniveau keineswegs ein besonders
hohes ist, so bedeutet doch diese Zusammenstellung
etwas Wesentlidies im Leben dieser Stadt, deren Kunst-
salons, Kunstverein und Museumsleitung alles und jedes
tun, um die Neue Kunst fernzuhalten und nicht bekannt
werden zu lassen. ECKART VON SYDOW.
BLEIBT DRESDEN KUNSTSTADT? Heute steht
neben der Fülle politischer, sozialer und wirtsdiaftlidier
Probleme, die uns beschäftigen, eine Reihe von Kultur-
fragen zur Debatte, die ihre Berechtigung nidit erst
zu erweisen brauchen. Geltung, Wert und Würde
der Kunst im öffentlichen Leben ist eine soldre Frage.
Aber es täuscht sidi wohl niemand darüber, — Kunst-
dinge, Museumsfragen usw. sind auch heute nodi
zum groben Teil Angelegenheiten, die im Rahmen
öffentlicher Verwaltungen den Charakter, wenn nicht •
überflüssiger, so dodi etwas peinlidier Auch-Angelegen-
heiten tragen, die man mit einem gewissen lädiclnden
Wohlwollen — man kann eben nicht gut anders —
Irgend einem Dezernenten überträgt, der sie bei einem

Wust von Hauptgeschäften, sagen wir Müllabfuhr.
Jagdscheine usw. (wie es wenigstens bis vor kurzem
noch in einer groben rheinisdien Stadt war) nebenher
miterledigt. Derart schlimm braudien die Dinge aller-
dings nidit notwendig zu sein, in unserm Fall sind
sie es bestimmt nicht; allerdings —!
CarlPuekfHd hat sidi in der Öffentlichkeit wiederholt
mit Dresdener Museumsfragen auseinandergesekt und
dabei das nahezu völlige Versagen der Galerieleitung
in den lekten Dezennien festgestellt. Kürzlidi legte er
in einer Broschüre (Bleibt Dresden Kunststadt?
Betrachtungen zur Galerie- und Akademiefrage. A. Tiff-
manns Verlag, Dresden) seine Argumente noch einmal
zusammenhängend und auf breiterer Basis vor. Ein
Wort über die Bercditigung dieser Kritik als solcher
erübrigt sidi — um so mehr, als hier Dinge vorge-
tragen werden, die allen, die Beziehungen zu den
Dresdener Kunstverhältnissen haben, bekannt sind und
kaum bestritten werden dürften.
Puekfeld kommt zu dem Schlub, dab neben dem
berufenen Leiter als der obersten Fachinstanz vor-
nehmlich das „System“ für eine Führung der Geschäfte
der Galerie verantwortlich zu machen sei, die sich den
Aufgaben, die an sie zu stellen waren, in keiner
Weise gewachsen gezeigt hat. Das System mit
allem, was drum und dran hängt! Hier ist die zwar
aukerkünstlerische, aber hochstehende Instanz, die
autoritär direkt oder indirekt ihr Kunstmeinen auf-
zwingt, in diesem Fall der ehemalige Hof, hier sind
die mabgebenden Stellen, die beratenden und mif-
bestinimenden Kommissionen, hier gibt es Stiftungs-
bestimmungen reicher Geber und im Hintergrund steht
endlich jene gefährlidie bürgerliche Sentimentalität,
die ihre Leibbilder aus den Familienblättern audi
in ihren Museen wiederfinden möchte. Und wo wäre
diese hochstehende Instanz in dieser oder jener Form,
die mabgebenden Stellen usw. usw. nidit? Es ist eine
Analyse lokaler Zustände, die Puekfeld gibt, aber die
Ergebnisse fragen so durchaus symptomatischen
Charakter, dab sie über Dresden und Sachsen
hinaus ihre Bedeutung haben. Gegen dieses System
gilt es sich durch Zusehen, es zu überwinden, es aus-
zuschalfen oder einzuwickeln; Männer wie Tschudi
und Hagelsfange haben das fertig gebradit. Aber
dazu niub einer mit dem Kunstschaffen der Zeit
in engster Fühlung stehen und gleichzeitig Organisator
groben Stils sein, der sein Werk als lebendigen
Organismus sieht und liebt; vor allen Dingen darf
er kein Beamter sein. Gewih. diese Forderung nach
dem aktiven Galerieleiter ist nicht neu; man weih
die Dinge ganz genau; aber es genügt nicht, dab

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