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Feuer: Monatsschrift für Kunst und künstlerische Kultur — 2.1920/​1921

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Hübner, Friedrich Markus: Die holländische "Styl"gruppe
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https://doi.org/10.11588/diglit.41961#0295

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leidenschaftlichen Eifer und mit einer Wortbeherrschung, die ihn neben die ersten
französischen und russischen Theoretiker des neuen Kunsiwollens stellt, hat dieser
Künstler in mehreren Büchern und zahllosen Zeitungsaufsäßen die grobe geistige


THEO VAN DOESBURG
»MÄDCHEN IM ATELIER«
Expressionistisches Gemälde

THEO VAN DOESBURG
MÄDCHEN IM ATELIER«
Erster Zustand der Formauflösung


Erdteilsrevolution nicht nur von ungefähr vorgeahnt, sondern hat sie mit seiner
Person durchgelebt, ihr Notwendigkeit, Logik, Befruchtung abgerungen. In Holland
höhnt ihn der Unverstand der Zeitgenossen vielfach als einsamen, verirrten Außen-
seiter und durchwandelt in den wider ihn geführten Zeitungsfehden alle Stufen vom
Gemeinen bis zum Lächerlichen. Das nicht zum wenigsten Hervorhebende an
van Doesburg ist aber gerade die weit über Holland hinausgreifende, für gesamt-
europäische Ideenumwälzungen zutreffende Verbindlichkeit und das Stellvertreter-
martyrium seiner Erkenntnisgänge.
EürvanDoesburg hat dieAbkehr von der optischenGutgläubigkeit der naturalistischen
Könner und der bloßen LArt pour LArt-Anbeter alles andere als launische Beweg-
gründe; bis in die beiläufigste Äußerung gibt sie sich als eine tiefe, das ganze Wesen
aufwühlende Erschütterung kund, deren Nachhall im Ablauf der Jahre sich nicht
abgeschwächt hat. Das entscheidende Erwachen hat sich hierbei im gleichen Augen-
blicke nach der doppelten Richtung vollzogen, die Grundfesten des Malers wie des
Menschen umstürzend. Sdron die frühest veröffentlidite literarische Arbeit, eine
Dialogdichtungmit dem vielsagendenTitel »Empörung«! 1913)treibt den Revolutions-
gedanken auf typische Weise zugleich in die Kunst wie ins Leben. Gibt sich der
hier ins Gespräch geführte Vertreter des Impressionismus mit dem zufrieden, was
er sieht, — „Idr habe allein meinen Augen Verantwortung abzulegen. Das Gesicht
ist der Mittler zwischen meinem tiefsten Wesen, meiner Seele und der Welt“ — so

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