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Feuer: Monatsschrift für Kunst und künstlerische Kultur — 2.1920/​1921

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Talhoff, Albert: Passion
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https://doi.org/10.11588/diglit.41961#0372

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„Ei wie?! ein Wink nur, sieh, von diesem Finger, und schon verbüßt war deine
Schuld ?A
Da schlug ihm eine Faust noch tiefer in die Stirn die Krone, während dem auf-
geschlagnen Munde es gerötet, mild entglitt:
„Dieser Gang allein ist aller Menschheit einzige Erlösung! Denn seht: dies Schau-
spiel, wahrlich, löscht ich mit einem Striche mir vom Aug, bliebs nicht zum Sinnbild
Euch und Euren Kindern aufgesparetA
Und überspült von einem grimmig angeprallten Haufen ward durch den Kot sein
Leib den Hügel hochgeschleift.
Und rauchend stieg die Sonne,
Und also hochgespannet ans Gehölz, von Ungeheuern, die wie Molche krochen
aus der Tiefe, hing der Gottmensch sterbend über dem Gewimmel, das, von Schäl-
sucht, Neid und falscher Gier gemästet, sich mit Hyänenaugen in seine Wunden
fra^.
Und so, die Neigung seines Hauptes feurig nachgezogen, vom Blut, das sickernd
aus den Dornen rann, lag der Mund, wie Grabgehügel über seinen qualdurch-
drungnen Worten:
„Seht: dies ist die leiste Wandlung hin zu Gott/' und während seitlich aus den
Höhlen sich die Augen auf zum Kreuze drehten:
„Und siehe: dies das Zeidien aller Kreatur A
Und vom Genick gebrochen, sank das Angesicht ihm falbend auf die Brust.
Doch während eingefinstert schon ins Dunkel, das Volk wegstiebend sich verfahlte,
die Felder welkten in geruhten Winden, ein Angstschrei durch die Lande stielj,
weithin vergehend an den Hängen:
Da fuhr aus steilgefürmter Schwärze ein abgeschmettert Donnerbeil, hinhassend
sich zur Sonne, die aus dröhnend, blihdurchschrcckter Höhe mit Lichtgeröll die
wabernd, schlundgehöhlten Schlünde spie, da| Finsternis, aus dumpfen Rache-
hörnern blasend, sich rächend in die Helle schrie, und bäumend, trotzend, Stürme
heulend, immer wilder auf zur mildversirahlfen Bläue stieg, indes das Licht aus
Himmelsbrunnen Feuerbäche gierend, immer tiefer in die Nacht sich brach, dal^
glühend schon im Widershein die Shründe röchelnd sih verbliesen, der Nebel
flammend hin im Brande shwand, und werbend, jubelnd, jauhzend Weltenorgeln
riefen, und jeht: in praller Grelle fiebernd, die Tiefe überwunden ward:
Allda wars: wo sih der Geist des Gottmenshen kreuzzersplitternd, lihtverklärt
in abgeshwiegne Geisterdröre hob: die singend, klingend, blühend, sprühend aus
Wald und Feld und Tal und Berg, der Gottheit ewige Botshaft sind.
Und überdies, von shmerzgekrümmten Shultern überbeugt, ward seine Hülle,
weghinab, ins Felsgebloh getragen.
Indes ein Vogel mit verzücktem Shnabel den Gottesfunken pflückte im Geäst.

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