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Feuer: Monatsschrift für Kunst und künstlerische Kultur — 2.1920/​1921

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Lübbecke, Fred: Das neue Museum in Wiesbaden
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https://doi.org/10.11588/diglit.41961#0422

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OFENKACHEL DES 16.
JAHRHUNDERTS AUS
HOLZHAUSEN A. D. H.

Rossel, Oberst von Cohausen, der 1894 nach 33 jähriger
Tätigkeit starb, nach ihm Dr. Ritterling Großes geleistet.
Was in der früheren Aufstellung fast wie zufällig zusam-
mengetragenes Gerümpel wirkte, ordnet sich jeßt zu einer
wundervollen Entwicklungsschau. Sie ermangelt leider —
bis auf Ausnahmen — der ganz großen Kunstwerke. Die
fielen dem Kunsthandel oder den Museen mit reicheren Mit-
teln zu (Berlin, Paris, Budapest, Frankfurt, Darmstadt und
Mainz). An mittleren Kunst- und Kulturerzeugnissen ist die
Reihe fast lückenlos, wenn auch nicht überall gleichstark.
Die Aufstellung erstreckt sich über drei Stockwerke; ihr In-
halt kann nur angedeutet werden. Die beigefügten Abbil-
dungen sind gleichsam nur Begleitakkorde. Im Erdgeschoß
empfängt Rom übermächtig den Wanderer, Seltsames Ge-
fühl: über die nämlichen Straßen, durch die jeßt das moderne
Leben der Weltkurstadt flutet, zogen einst die Legionen. Jahrhunderte lang.
Hier hatten sie ihre festen Lager, hier beteten sie zu ihren Göttern, hier betteten
sie sich zum lebten Schlaf. Alles das künden im Lapidarium lapidarisch die zahl-
reichen Steine und Denkmale, die Jupitersäule, das herrliche Mithrasrelief — gleich
im neu wiedererrichteten Mithreum am Eingang. Vor dessen großem Altar-
stein lag das bohlenbedeckte Grab, in das nackt der Täufling stieg, um bedeckt
mit dem Blute des über ihm geschlachteten Stieres entsühnt in die Gemeinschaft
des Mithrasmysteriums einzutreten. Hier schaut man in die innerste Zelle des
christlichen Erlösungsglaubens: Das Blut Christi macht uns rein von aller Sünde.
Vorbei am Grabstein des thrakischen Kavalleristen Dolanus, der hoch zu Rof^ über
seinen Feind hinwegseßt und nun schon über 1800
Jahre tot ist, vorbei an der Säule des durch die Luft
reitenden Jupiter-Wodan, in deren Darstellung sich
schon um 220 n. (Tr. germanische mit römischen Vor-
stellungen mischen, weiter Grabstein an Gedenk-
stein, hell und gut aufgestellt — zum romanischen
Taufstein aus Kloster Arnstein — darüber noch aus
fränkischer Zeit, ein Türsturz aus Geisenheim, dem
9. Jahrhundert entstammend, ein Kreuzigungsrelief,
in der kindlichen Art gehalten, wie es heute Paul Klee
zeichnen würde, — nebenan die beiden herrlichen
Grabsteine Diethers III. und Diethers IV. von Kaßen-
ellenbogen, gestorben 1276 und 1315, einst in der
Klarakirche zu Mainz, wundervoll den Stilwandel vom
BACKFORM ALIS HOLZ MIT Jüh~ zum Hochgotiken illustrierend - zwischen
DARSTELLUNG DES SUNDEN- ihnen ein seltenes Sühnekreuz aus dem Jahre 1581
FALLS für eine erschlagene Wiesbadener Bürgerin, Frau


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