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Feuer: Monatsschrift für Kunst und künstlerische Kultur — 2.1920/​1921

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Schmidt, Paul Ferdinand: Heinrich Campendonk
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https://doi.org/10.11588/diglit.41961#0505

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Wirklichkeit, in der Innigkeit der Herzenswandlung, die nichts von der vermessenen
Torheit der Menschenüberhebung wissen will und sich den Tieren, den Pflanzen
und Steinen mit der Liebesempfindung des gleichstehenden Bruders zuneigt; in


HEINRICH CAMPENDONK

der grenzenlos überströmenden Innigkeit des Einsseins aller Kreatur in der Liebe,
in dem demütigen Abhängigkeitsgefühl vor dem'Höheren, Unbekannten, nur Ge-
ahnten, das wir Gott nennen. Dieses Geheimnis der Auflösung aller Ichempfindung
in die Liebe ist von Campendonk in die überirdische Anmut der Farbe gekleidet,
einer Farbe, die ihren Sinn nicht vom Gegenstand, nicht vom Raum, auch nicht
von dem Spielenden einer Abstraktion erhält, sondern von der gläubigen Hingabe
an ein übergeordnetes, das nicht begriffen, sondern visionär erschaut wird. Darum
kam er nicht los vom Märdien mit Andeutung irdischer Formen: er glaubt an
höhere Wahrheit. Weil er uns Märdien zu künden hat von tiefem Kindessinn,
bleibt er diesseits der Erfahrung; seine Metaphysik ist religiös und darum an den
Schein der Wirklichkeit gebunden. Der Künstler der reinen Abstraktion ist ein
Metaphysiker der Form.

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