„Brauchst mich nicht daran erinnern, daf ich mit genauer Not dem Galgen ent-
rann," knurrte wie eine Dogge Jonsom „William, sei nobel und rühr an das Harte
meines Lebens nicht!" sdrrie er drohend.
William lächelte milch „Ich habe nicht daran rühren wollen — verzeih!
Du weifet nicht, wie allgemein hin jdjt so mein Denken geht....
Ganz allgemein hin . ..
Denn kenn idr nicht die Schmerzen der Menschen? ihr Freunde."
Sie schwiegen.
„Also," — er kam ins Schelten, — „mu§ so dummer Zwist zwischen uns sein?
Aber laljt uns von Erfreulicherem reden .. ."
„Dann" sagte Drayton — „wie schön es in London war, des Abends am Ende der
Stücke und beim Wein . . ."
„Manchmal schön," sagte Shakespeare. „Um über die Welt hinzufliegen, als ein
holdseliger Cherub. Aber hinterher, zumal am Morgen, waren wir doch nur Kerle,
mit Bärten und stinkend, die eine Nacht versoffen hatten."
„Immerhin — ein Traum und Sinnbild," sagte Jonson.
„Das ist auch meine Meinung," sagte Drayton.
Und sehte das Glas auf den Tisch. Shakespeare tat einen Zug und — seijte auch
sein Glas.
In der Dämmerung mulyte der Hausbursche aufs neue zu Thomas Ouiney springen
und ein paar neue Flaschen holen.
Bei der siebenten Flasche fing Jonson an zu fluchen. Und sein Geist versank in
das Schwarze.
„Spuck aufs Leben!" schrie er zu Shakespeare hinüber. „Es ist roh und unverständig
und belästigt nur die, welche was sind."
„Siehst du, — ich weif; es," sagte Shakespeare, „auch die größte Gelehrsamkeit hält
nicht ab, zu dieser Erkenntnis zu kommen, die keine edle ist und den Menschen
nicht besser macht, nur der Welt und den Menschen fremder."
„Höhnst du auf meine Gelehrsamkeit?" schrie Jonson.
„Nein," sagte Shakespeare.
„Mir schien es doch so. Hüte dich. Freilich du — vielleidrt ist auch dir der Neid
nicht fremd. Dein Griechisdr und Latein . .."
„Lafs den Dreck!" sagte Shakespeare. „Unser Schmerz lag anderswo ..."
„Wo dann?"
„In einem Fehlenden. Aber nicht in dem, das ihr meint. Hab ich nicht Julia ge-
schaffen und Imogen ... Nun wohl, sie waren nidrt von dieser Welf."
„Sollst uns nicht lyrisch werden," sagte Drayton, der den Trunkenheitsgrad Jonsons
noch nicht erreicht hatte.
„Recht so, recht so," höhnte Jonson. „Weiber? Haffen wir doch —! Was soll man
noch wollen? Spuckt hin." Und er spuckte wirklich dahin.
„Schlieflidi kam es doch immer nur auf die Befriedigung des Geschlechts hinaus.
500
rann," knurrte wie eine Dogge Jonsom „William, sei nobel und rühr an das Harte
meines Lebens nicht!" sdrrie er drohend.
William lächelte milch „Ich habe nicht daran rühren wollen — verzeih!
Du weifet nicht, wie allgemein hin jdjt so mein Denken geht....
Ganz allgemein hin . ..
Denn kenn idr nicht die Schmerzen der Menschen? ihr Freunde."
Sie schwiegen.
„Also," — er kam ins Schelten, — „mu§ so dummer Zwist zwischen uns sein?
Aber laljt uns von Erfreulicherem reden .. ."
„Dann" sagte Drayton — „wie schön es in London war, des Abends am Ende der
Stücke und beim Wein . . ."
„Manchmal schön," sagte Shakespeare. „Um über die Welt hinzufliegen, als ein
holdseliger Cherub. Aber hinterher, zumal am Morgen, waren wir doch nur Kerle,
mit Bärten und stinkend, die eine Nacht versoffen hatten."
„Immerhin — ein Traum und Sinnbild," sagte Jonson.
„Das ist auch meine Meinung," sagte Drayton.
Und sehte das Glas auf den Tisch. Shakespeare tat einen Zug und — seijte auch
sein Glas.
In der Dämmerung mulyte der Hausbursche aufs neue zu Thomas Ouiney springen
und ein paar neue Flaschen holen.
Bei der siebenten Flasche fing Jonson an zu fluchen. Und sein Geist versank in
das Schwarze.
„Spuck aufs Leben!" schrie er zu Shakespeare hinüber. „Es ist roh und unverständig
und belästigt nur die, welche was sind."
„Siehst du, — ich weif; es," sagte Shakespeare, „auch die größte Gelehrsamkeit hält
nicht ab, zu dieser Erkenntnis zu kommen, die keine edle ist und den Menschen
nicht besser macht, nur der Welt und den Menschen fremder."
„Höhnst du auf meine Gelehrsamkeit?" schrie Jonson.
„Nein," sagte Shakespeare.
„Mir schien es doch so. Hüte dich. Freilich du — vielleidrt ist auch dir der Neid
nicht fremd. Dein Griechisdr und Latein . .."
„Lafs den Dreck!" sagte Shakespeare. „Unser Schmerz lag anderswo ..."
„Wo dann?"
„In einem Fehlenden. Aber nicht in dem, das ihr meint. Hab ich nicht Julia ge-
schaffen und Imogen ... Nun wohl, sie waren nidrt von dieser Welf."
„Sollst uns nicht lyrisch werden," sagte Drayton, der den Trunkenheitsgrad Jonsons
noch nicht erreicht hatte.
„Recht so, recht so," höhnte Jonson. „Weiber? Haffen wir doch —! Was soll man
noch wollen? Spuckt hin." Und er spuckte wirklich dahin.
„Schlieflidi kam es doch immer nur auf die Befriedigung des Geschlechts hinaus.
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