des Kantianers Ernst Markus ins redife Licht ge-
seßf, nafiirlidi nidit, ohne die giftigsten Pfeile gegen
den akademisdicn Obskurantismus der Herren Euken,
Dessoir, Sdreler usw. herzhaftest abzusdiießen. Man
kennt Mynonas Lachgift. Und von dem ist dieses
barocke Werk reidilidi durditränkf; man fürchte also
nicht langweilige Sdimökerseiten.
Die wahre Bedeutung des Ganzen aufzuzeigen war hier
die Absidit, nidif das zu wiederholen, was audi der
oberflächliche Leser selber findet, das Fleisdi der Frudif
mit dem allein fruditbaren Samenkorn verwediselnd.
U. RUKSER
NEUE SCHWABENBUCHER. In Schwaben, wo
nicht in dem Mafe, wie in Nord- und Westdeutsch-
land, große Städte mit gewaltigen Industrien zu finden
sind, wo das Leben nodi eine gemädrlichere Gangart
einschlägt, hat der Expressionismus, der in seinen
Verzerrungen ein typisches Großsfadtgewädis ist, nodi
wenig Boden gewinnen können. Wahrhafte Ausdrucks-
kunst, nicht also das, was heute mandrer Kaffeehaus-
literat darunter versteht, hat in Siiddeutsdiland stets
ihre besondere Pflegestätte gefunden. Auch in der
Gegenwart sind in Württemberg Dichter am Werk,
die still, in sidi gekehrt sdiaffen, deren Bücher des-
halb nicht soldie Auflageziffern erleben, wie die
„Schöpfungen" mancher Modeliferafen, deren Wirkung
aber auf weife Kreise, die sich durchaus nicht auf
den Süden unsres Vaterlandes besdiränken, nidif unter-
schöbt werden darf. Was die schwäbischen Didifer
besonders auszeichnef, ist ihre seelisdie Gesundheit.
Kraftvoll und den feinsten Regungen im Menschen
und in Wald und Feld willig Ohr und Auge öffnend,
so stehen diese Didifer und Didiferinnen vor uns.
Heimatkunsf im besten Sinne des Wortes wird von
ihnen geboten, das aber ist keine Kunst, deren Horizont
mit dem dörflidien Kirdifurm absdiließt, sondern ein
Sdiaffen, das wohl seine edelsten Wurzeln in der
heimaflidicn Sdiolie hat, das aber Werte zum Lidite
ruft, die auf jeden wirken müssen, der nidif haltlos,
ziellos im Strom des Alltags dahinfreibt. Hans
H e i n r i di E h r 1 e r ist viellcidif die bedeutsamste
Dichtererscheinung im heutigen Sdiwaben. Lange hat
er gesdiwiegen, nun erscheinen seine »Gedidife« (bei
Strecker & Sdiröder in Stuttgart). Wundersame innere
Reife, eine tätige Abgeklärtheit spridit aus jedem
Verse des Dichters, der diese Worte an die Erde richtet:
Ich kam von dir.
Ich bin in dir.
Ich werde wieder dein.
Nur eine Weile darf ich sein
ein Tropfen, der die Welf
schimmernd hält.
Unter »Der Tag der Liebe« aber lesen wir jene Verse,
denen man, was Sdilidifhcif und Innigkeit anbefrifft,
weniges in neuerer Lyrik zur Seife stellen kann:
Und unsre Hüffe wird voll Frieden sein.
Und unser Weg wird viel durdi Blumen gehn.
Ob mit dem Fuß, ob mit dem Herz wir gehn,
wir merken's nicht. So leidit wird es uns sein.
Einmal kommt dann wohl audi der Abendschein.
Da holt, wer uns geführt, hinein . . .
Ehrler läßt im gleidien Verlage mit Hermann Missen-
harfer, dem Herausgeber der bedeutsamen Zeitschrift
»Der schwäbische Bund«, zusammen »Das neue
schwäbische Liederbuch« erscheinen, worin man
mit inniger Freude, neben Anerkannten wie Hermann
Hesse, Ludwig Finddi, Flaischlen, Isolde Kurz, Anna
Schieber, Auguste Supper und Wilhelm Schüssen,
eine ganze Reihe von neuen Namen findet, die das
heutige dichtende Schwaben, das still am Werke ist,
dem oft allzu geschäftigen und großsprecherischen
Berlin gegenübersfellf. Eines der stärksten Talente
unter den Jungen, die in Württemberg didifen, ist
Hans Franke, der Verfasser des erfolgreidi
uraufgeführten Bühnenwerkes »Opfer«, dessen erstes
Gedidifbudi »Meine Welf« bei Walter Seifert in Heil-
bronn a. N. ersdiienen ist. In größerem Maße als
bei Ehrler etwa spiegelt sidi in Frankes Gedichten das
Anfliß unserer Zeit. Ein an Hölderlin geschulter Pan-
theismus ist die Religion dieses Dichters. Sein »Ge-
fühl der Welt« mag hier als Probe aus dem sehr
beachtenswerten Budie folgen:
„Idi fühle midi in jedem Abendfrieden
und jedem Morgen, der aus Wiesen steigt.
Lind fühle midi in schweren Meereswellen,
wie jedem Baume, der im Wind sidi neigt.
Mit diesem Winde flieg idi um die Welt
und lebe groß und halte alles Sein!
Und fühle midi mit jedem Atemzuge
wie dieser Sonne ewig klarster Sdiein.
Idi fühle midi im Leudifen des Gestirnes:
ist das so fern, daß ich ihm nicht gehörte?
Ich fühle midi im Sang des Gipfelsturmes:
ist der so hodi, daß er midi nicht betörte?
Und wenn idi lädile: lädielt nidit die Weite?
Lind wenn idi staune: staunet nicht der Hain ?
Man muß mit Sternen fühlen und mit Stürmen,
um so, wie idi, beglückt ein Mensch zu sein!“
52S
Paul Schmids »Brüder« (Strecker & Schröder,
Stuttgart) führt den Untertitel »Eine Dichtung wider
seßf, nafiirlidi nidit, ohne die giftigsten Pfeile gegen
den akademisdicn Obskurantismus der Herren Euken,
Dessoir, Sdreler usw. herzhaftest abzusdiießen. Man
kennt Mynonas Lachgift. Und von dem ist dieses
barocke Werk reidilidi durditränkf; man fürchte also
nicht langweilige Sdimökerseiten.
Die wahre Bedeutung des Ganzen aufzuzeigen war hier
die Absidit, nidif das zu wiederholen, was audi der
oberflächliche Leser selber findet, das Fleisdi der Frudif
mit dem allein fruditbaren Samenkorn verwediselnd.
U. RUKSER
NEUE SCHWABENBUCHER. In Schwaben, wo
nicht in dem Mafe, wie in Nord- und Westdeutsch-
land, große Städte mit gewaltigen Industrien zu finden
sind, wo das Leben nodi eine gemädrlichere Gangart
einschlägt, hat der Expressionismus, der in seinen
Verzerrungen ein typisches Großsfadtgewädis ist, nodi
wenig Boden gewinnen können. Wahrhafte Ausdrucks-
kunst, nicht also das, was heute mandrer Kaffeehaus-
literat darunter versteht, hat in Siiddeutsdiland stets
ihre besondere Pflegestätte gefunden. Auch in der
Gegenwart sind in Württemberg Dichter am Werk,
die still, in sidi gekehrt sdiaffen, deren Bücher des-
halb nicht soldie Auflageziffern erleben, wie die
„Schöpfungen" mancher Modeliferafen, deren Wirkung
aber auf weife Kreise, die sich durchaus nicht auf
den Süden unsres Vaterlandes besdiränken, nidif unter-
schöbt werden darf. Was die schwäbischen Didifer
besonders auszeichnef, ist ihre seelisdie Gesundheit.
Kraftvoll und den feinsten Regungen im Menschen
und in Wald und Feld willig Ohr und Auge öffnend,
so stehen diese Didifer und Didiferinnen vor uns.
Heimatkunsf im besten Sinne des Wortes wird von
ihnen geboten, das aber ist keine Kunst, deren Horizont
mit dem dörflidien Kirdifurm absdiließt, sondern ein
Sdiaffen, das wohl seine edelsten Wurzeln in der
heimaflidicn Sdiolie hat, das aber Werte zum Lidite
ruft, die auf jeden wirken müssen, der nidif haltlos,
ziellos im Strom des Alltags dahinfreibt. Hans
H e i n r i di E h r 1 e r ist viellcidif die bedeutsamste
Dichtererscheinung im heutigen Sdiwaben. Lange hat
er gesdiwiegen, nun erscheinen seine »Gedidife« (bei
Strecker & Sdiröder in Stuttgart). Wundersame innere
Reife, eine tätige Abgeklärtheit spridit aus jedem
Verse des Dichters, der diese Worte an die Erde richtet:
Ich kam von dir.
Ich bin in dir.
Ich werde wieder dein.
Nur eine Weile darf ich sein
ein Tropfen, der die Welf
schimmernd hält.
Unter »Der Tag der Liebe« aber lesen wir jene Verse,
denen man, was Sdilidifhcif und Innigkeit anbefrifft,
weniges in neuerer Lyrik zur Seife stellen kann:
Und unsre Hüffe wird voll Frieden sein.
Und unser Weg wird viel durdi Blumen gehn.
Ob mit dem Fuß, ob mit dem Herz wir gehn,
wir merken's nicht. So leidit wird es uns sein.
Einmal kommt dann wohl audi der Abendschein.
Da holt, wer uns geführt, hinein . . .
Ehrler läßt im gleidien Verlage mit Hermann Missen-
harfer, dem Herausgeber der bedeutsamen Zeitschrift
»Der schwäbische Bund«, zusammen »Das neue
schwäbische Liederbuch« erscheinen, worin man
mit inniger Freude, neben Anerkannten wie Hermann
Hesse, Ludwig Finddi, Flaischlen, Isolde Kurz, Anna
Schieber, Auguste Supper und Wilhelm Schüssen,
eine ganze Reihe von neuen Namen findet, die das
heutige dichtende Schwaben, das still am Werke ist,
dem oft allzu geschäftigen und großsprecherischen
Berlin gegenübersfellf. Eines der stärksten Talente
unter den Jungen, die in Württemberg didifen, ist
Hans Franke, der Verfasser des erfolgreidi
uraufgeführten Bühnenwerkes »Opfer«, dessen erstes
Gedidifbudi »Meine Welf« bei Walter Seifert in Heil-
bronn a. N. ersdiienen ist. In größerem Maße als
bei Ehrler etwa spiegelt sidi in Frankes Gedichten das
Anfliß unserer Zeit. Ein an Hölderlin geschulter Pan-
theismus ist die Religion dieses Dichters. Sein »Ge-
fühl der Welt« mag hier als Probe aus dem sehr
beachtenswerten Budie folgen:
„Idi fühle midi in jedem Abendfrieden
und jedem Morgen, der aus Wiesen steigt.
Lind fühle midi in schweren Meereswellen,
wie jedem Baume, der im Wind sidi neigt.
Mit diesem Winde flieg idi um die Welt
und lebe groß und halte alles Sein!
Und fühle midi mit jedem Atemzuge
wie dieser Sonne ewig klarster Sdiein.
Idi fühle midi im Leudifen des Gestirnes:
ist das so fern, daß ich ihm nicht gehörte?
Ich fühle midi im Sang des Gipfelsturmes:
ist der so hodi, daß er midi nicht betörte?
Und wenn idi lädile: lädielt nidit die Weite?
Lind wenn idi staune: staunet nicht der Hain ?
Man muß mit Sternen fühlen und mit Stürmen,
um so, wie idi, beglückt ein Mensch zu sein!“
52S
Paul Schmids »Brüder« (Strecker & Schröder,
Stuttgart) führt den Untertitel »Eine Dichtung wider