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Feuer: Monatsschrift für Kunst und künstlerische Kultur — 2.1920/​1921

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Baum, Julius: Stuttgart als Kunststadt
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https://doi.org/10.11588/diglit.41961#0565

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An der Kunstakademie hatte Graf Kalchreuth eine nicht minder wertvolle
Malschule begründet, der in den ersten Zeiten Brühlmann, Haller, Hofer,
Laage angehörten. Nach dem Ausscheiden Kalckreuths wurde diese Schule
von dem großen Anreger Hölzel übernommen, aus dessen Werkstatt Pelle*
grini, Eberz, Itten, Schlemmer und Baumeister hervorgingen. Was Fischer
für die Stuttgarter Baukunst geleistet hat, das dankt den Malern Kalckreuth
und Hölzel die Stuttgarter Malerei; sie haben der Stuttgarter Kunst Weltruf
verschafft. Die Pfullinger Hallen mit den großen Wandbildern der Hölzel*
schule sind das Denkmal der gemeinsamen Arbeit Fischers und Holzels in
Schwaben. Heute ist die Bahn frei; auf ihr gehen nicht nur Hölzelschüler,
wie Eberhard, sondern auch durchaus selbständige Persönlichkeiten, wie
Altherr, Graf, Albert Müller, Spiegel, weiter. Neben der neuen Kunst lebt
eine tüchtige alte Überlieferung. Es genügt, Buttersack, Haug, Landenberger,
Pleuer, Reiniger, Zügel zu nennen, um den Anteil der Schwaben am deut*
sehen Impressionismus kurz zu umschreiben.
Neben der Malerei tritt die Bildnerkunst zurück. Auf Veranlassung Fischers
wurden Habich und der ausgezeichnete Porträtist Ulfert Janssen nach Stutt*
gart berufen. Unter den Jüngeren werden Lörcher und Fehrle noch von sich
reden machen.
Der Versuch des Organisators Carlos Grethe, das Stuttgarter Kunstgewerbe
neu zu befruchten, führte zur Berufung Pankoks und damit zur Gewinnung
einer vielseitigen und ernsthaften Künstlerpersönlichkeit; eine neue, mit
reichsten Mitteln ausgestattete Kunstgewerbeschule wurde errichtet. Die
tüchtigsten Leistungen des Stuttgarter Kunstgewerbes weisen die jungen
Werkstätten von E. T. Bälz auf.
Die Kleinheit des geistigen Lebens der Stadt bewirkt starke Spannungen
und Gegensätze, unter denen nicht nur Personen, sondern auch Institute
leiden. Vor allem wurde die Galerie betroffen, unter der Leitung von Konrad
Lange eine der mustergültigen, heute eine der am meisten zurückgeblie*
benen in Deutschland. Redslob, dessen lebhaftes Temperament nirgends
schwieriger Widerhall finden konnte als in Schwaben, hätte bei längererWirk*
samkeit wohl erhebliche Wandlungen geschafft. Gut vertreten ist der Leibi*
kreis, leidlich auch durch die heimischen Künstler, durch Monet und Pissarro,
Liebermann, Slevogt und Uhde der Impressionismus. Ein merkwürdig früh
erworbener Serusier von 1891 war ein verheißungsvoller Auftakt für das Sam*
mein neuer Kunst; seither stagniert die Galerie. Man muß nicht einmal Mün*
chen zur Vergleichung heranziehen; es genügt ein Blick auf Mannheim, um
Versäumnisse erkennen zu lassen, die nicht wieder gut zu machen sind.
Alle Museen litten bisher schwer unter der Raumnot. Man beginnt nun, das
große Residenzschloß als Zentralmuseum einzurichten. Die wertvollen Be*
stände der Altertümersammlung, die altdeutschen der Galerie, das Kupfer*

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