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Feuer: Monatsschrift für Kunst und künstlerische Kultur — 2.1920/​1921

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Müller-Wulckow, Walter: August Babberger
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https://doi.org/10.11588/diglit.41961#0641

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sich selbst ihres Irrtums überführt durch Zuerkennung eines Preises an die
von Babberger dennoch beigesteuerten Entwürfe. Auch die von Boehle
nicht ausgeführten Aufträge zur Ausmalung der Römerhallen blieben dem
dafür prädestinierten Nachfolger vorenthalten. So bedauerlich diese ver*
säumte Gelegenheit ist, war es vielleicht für Babbergers Entwicklung von
Nutzen, daß er nicht vorzeitig unter das Joch des Kompromisses mit viel*
köpfigen Kommissionen gebeugt und allzufrüh in das Kreuzfeuer öffent?
licher Diskussion gestellt worden ist. So schied er von Frankfurt, ohne der
Stadt mehr zu verdanken, als was er auch anderwärts sich hätte erringen
können, die innerlich gereifte Persönlichkeit, an die im vergangenen Jahre
der Ruf an die Karlsruher Akademie erging. Als Lehrer ist er damit in seine
Eleimat zurückgekehrt, von wo er als Lernender ausgegangen war. Früher
und dadurch vielversprechender als beiThoma schließt sich hiermit der erste
Kreislauf seines Lebens, und er vermag nun die Mit* und Nachwelt in
doppelter Weise zu beschenken, durch seine Lehre und seine Werke.
2. Werk und Stil
Das Stoffgebiet in Babbergers Werken zeugt von jener folgerichtigen Be*
Schränkung, zu deren Notwendigkeit sich meist nur der Kraftvolle ver*
stehen kann: Die Landschaft und der Mensch, beide aber in so abstrakter
Fassung, daß hier nicht einmal Goethes Wort mehr gilt, den Stoff sehe jeder*
mann vor sich. Der Monumentalmaler krankt in dieser Beziehung an der
Not der Zeit, daß nämlich das Volk allgemein gültige Themata, denen
er seinerseits nichts als den typischen Ausdruck oder die individuelle Steige*
rung zu geben hätte, kaum mehr — oder noch nicht wieder kennt. Künstler,
die wie Babberger den Mangel an dichterisch ausgereiftem, im Volksbewußt*
sein verwurzeltem Stoff durch allgemeinmenschlichen Gehalt auch bei ab*
strakter Fassung zu ersetzen vermögen, verzichten selbst auf biblische oder
historische Themata. Sie nehmen die Gefahr in Kauf, ins Lyrische der Emp*
fmdungsinterpretation abgedrängt oder aber überhaupt nicht gegenständlich
verstanden zu werden. Dennoch ist ein solcher Verzicht auf Zugeständnisse an
zeitbedingte Unzulänglichkeiten im Hinblick auf die Nachwelt Weitblicken*
der. Steht uns doch auch von den monumentalen Schöpfungen der Vergangen*
heit das Geistige und Allgemeinmenschliche näher als das an das Thema Ge*
bundene. Jenes bleibt, auch wenn das Verhältnis zu diesem sich wandelt.
Es heißt den eben erst von breiteren Volksschichten mühsam erworbenen
Sehgewohnheiten des Impressionismus entgegen arbeiten, wenn ein Künstler
versucht, der Landschaft die von der Augenblicksstimmung unabhängige
oder diese doch verallgemeinernde Fassung zu geben. Babberger tut dies am
tauglichsten Objekt, dem Hochgebirge, das in seiner Struktur festgefügt von
göttlicher Architektur zeugt, dessen Wesen daher impressionistischer Malerei

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