Entwicklungsmechanik.
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Oder: „Durch, das Licht wird das Bromsilber in ein brom-
ärmeres Product, z. B. in Bromür, übergeführt. Dieses Bromür
wird vom Entwickler zu Metall reducirt.“
Beide Beantwortungen schliessen sich gegenseitig aus.
Es ist nicht möglich, dass beide richtig seien.
Durch fortgesetzte Belichtung einer Trockenplatte können
wir niemals ein so kräftiges Bild erhalten, wie durch Ent-
wicklung. Es ist sogar höchst unwahrscheinlich, dass Brom-
silber in der Form und Mischung, wie es sich in der Trocken-
platte befindet, durch das Licht zu Metall reducirt werden könne.
Die zweite Antwort, welche die Wirkung des Lichtes und
des Entwicklers als principiell verschieden voraussetzt, ent-
spricht den Thatsachen schon mehr.
Aber sobald man die anderen Reactionen des Silber-
bromürs berücksichtigt, muss man einsehen, dass diese Theorie
jedenfalls unvollständig sei.
Bringt man nämlich eine belichtete Trockenplatte, ohne
sie vorher entwickelt zu haben, in das Fixirbad, so lässt sich
auf dieser glasklaren Platte mit nascirendem Silber ein kräf-
tiges Bild entwickeln.1)
Auch aus andern Reactionen kann man mit ziemlicher Ge-
wissheit schliessen, dass das unterschwefligsaure Natron Silber-
bromür in Bromsilber und metallisches Silber zerlege.
Ag2 Br = Ag Br Ag.
Das Fixirnatron müsste also die Hälfte derjenigen Arbeit
zu leisten vermögen, welche die Entwickler verrichten, da diese
nach der oben angedeuteten Theorie den Zerfall
Ag2Br = 2Ag + Br
bewirken.
Eine von diesen Theorien kann nicht richtig sein. Denn
dass das kräftig entwickelte Negativ nur doppelt so viel me-
tallisches Silber enthalte als dasjenige, welches nur fixirt wurde,
wird Niemand zu behaupten wagen.2)
Der Entwickler reducirt das belichtete Bromsilber in der
normal exponirten Platte. Dies ist zweifellos richtig. Ebenso
richtig ist es auch, dass er das Bromsilber einer solchen Platte
nicht reducirt, welche gar nicht vom Lichte getroffen worden ist.
Damit ist es aber noch nicht ausgeschlossen, dass in der
belichteten Platte äusser dem belichteten auch unbelichtetes
Bromsilber reducirt wurde.
Die merkwürdigen Structurverhältnisse in der photo-
graphischen Schicht — welche übrigens auch beim Studium
1) Phot. Archiv 1893, p. 67.
2) „Zur Theorie d. chem. Entwicklung.“ Phot. Archiv 1894, pag. 81.
14*
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Oder: „Durch, das Licht wird das Bromsilber in ein brom-
ärmeres Product, z. B. in Bromür, übergeführt. Dieses Bromür
wird vom Entwickler zu Metall reducirt.“
Beide Beantwortungen schliessen sich gegenseitig aus.
Es ist nicht möglich, dass beide richtig seien.
Durch fortgesetzte Belichtung einer Trockenplatte können
wir niemals ein so kräftiges Bild erhalten, wie durch Ent-
wicklung. Es ist sogar höchst unwahrscheinlich, dass Brom-
silber in der Form und Mischung, wie es sich in der Trocken-
platte befindet, durch das Licht zu Metall reducirt werden könne.
Die zweite Antwort, welche die Wirkung des Lichtes und
des Entwicklers als principiell verschieden voraussetzt, ent-
spricht den Thatsachen schon mehr.
Aber sobald man die anderen Reactionen des Silber-
bromürs berücksichtigt, muss man einsehen, dass diese Theorie
jedenfalls unvollständig sei.
Bringt man nämlich eine belichtete Trockenplatte, ohne
sie vorher entwickelt zu haben, in das Fixirbad, so lässt sich
auf dieser glasklaren Platte mit nascirendem Silber ein kräf-
tiges Bild entwickeln.1)
Auch aus andern Reactionen kann man mit ziemlicher Ge-
wissheit schliessen, dass das unterschwefligsaure Natron Silber-
bromür in Bromsilber und metallisches Silber zerlege.
Ag2 Br = Ag Br Ag.
Das Fixirnatron müsste also die Hälfte derjenigen Arbeit
zu leisten vermögen, welche die Entwickler verrichten, da diese
nach der oben angedeuteten Theorie den Zerfall
Ag2Br = 2Ag + Br
bewirken.
Eine von diesen Theorien kann nicht richtig sein. Denn
dass das kräftig entwickelte Negativ nur doppelt so viel me-
tallisches Silber enthalte als dasjenige, welches nur fixirt wurde,
wird Niemand zu behaupten wagen.2)
Der Entwickler reducirt das belichtete Bromsilber in der
normal exponirten Platte. Dies ist zweifellos richtig. Ebenso
richtig ist es auch, dass er das Bromsilber einer solchen Platte
nicht reducirt, welche gar nicht vom Lichte getroffen worden ist.
Damit ist es aber noch nicht ausgeschlossen, dass in der
belichteten Platte äusser dem belichteten auch unbelichtetes
Bromsilber reducirt wurde.
Die merkwürdigen Structurverhältnisse in der photo-
graphischen Schicht — welche übrigens auch beim Studium
1) Phot. Archiv 1893, p. 67.
2) „Zur Theorie d. chem. Entwicklung.“ Phot. Archiv 1894, pag. 81.
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