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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 54.1938-1939

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Christoffel, Ulrich: Barock und Gegenwart: zu den Figuren von Eugen Mayer-Fassold
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https://doi.org/10.11588/diglit.16487#0292

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schieden und selbständig.
Die Neigung, die Umriß-
linie der Gestalten sicht-
bar in eine Ebene einzu-
zeichnen, führte in der
Kleinfigur eines sitzenden
Mädchens mit Blumen zu
einer bewußten Stilisie-
rung des Rumpfes und der
Armhaltung, ohne daß
gegen die Natur und Na-
türlichkeit der Bewegung
verstoßen würde.
Aber Eugen Majrer-Fas-
sold hat sich immer auch
um das Bildnis und die
reinplastische Gestaltung
der Figur bemüht, die ihm
neben den Aufträgen die
Erfrischung an der selb-
ständigen eigenen Arbeit
gewähren. Die Figur eines
ruhig dastehenden Mäd-
chens in entspannter Hal-
tung, leichtem Schritt, ge-
raden Schultern, herab-
hängenden Armen läßt die
innere Form gereift aus
dem Körper hervortreten,
und man begreift vor die-
sem Bild, daß sich die Sym-
pathie des Künstlers ganz
besonders der griechischen
und hellenistischen Bild-
nerei zuwendet. Im Helle-
nismus findet er auch die
ideale Verschmelzung von
Plastik und Architektur
auf Grund einer harmoni-
schen Gleichwertigkeit von
tektonischer und plasti-
scher Form, während heute
der plastische Schmuck der
Gebäude meist erst nach-
träglich nach der Spanne
der vorhandenen Baumit-
tel als Zutat angebracht

Schmuckform wandelt sich zum Naturausdruck. Auch werde. Da sehnt sich der Bildhauer im Gedränge der
in den schlanken Figuren einer Flora, der ein Putto Tagesarbeit oft nach Italien und Griechenland, wo
das Füllhorn trägt, oder einer Diana mit dem Bogen er sich in einer noch unbekannten Umwelt und im
in der Linken und einer ruhenden Hündin zu den Umgang mit den besten Berken der Antike künstle-
Füßen ist die Natur nicht nur durch die plastische risch vervollkommnen möchte, um in den dekorati-
Einfühlung in das Modellmäßige der Körper er- ven Arbeiten, zu denen ihn seine Geschicklichkeit
weckt, sondern in dem weitern Sinn, daß das Reich bestimmt, noch mehr zu leisten. Aber wie die Antike
der Blumen und die Jagd, sozusagen die freie Land- bereichert auch die Natur seine künstlerische Erfah-
schaft stimmungsmäßig in das schäferliche Genre rung, und seine Bildnisköpfe zeigen eine schöne Ein-
einbezogen sind. Manche Eigenschaften der unter- fühlung in das Lebende und Geschöpfliche eines Ant-
haltsamen Kleinplastik sind mit den Anforderungen litzes. Mit der Linie und Rundung der Formen, mit
der Gartenfiguren unbefangen zu guter Wirkung der Zeichnung der Züge erfaßt er auch im Bildnis
verbunden. Die plastischen Hauptmotive der Hai- das innere Natursein der Gestalt, und wie seine Er-
tung. der Beinstellung und der "Wendung des Kopfes findungen von Wind, Wellen und Wolken umspielt
sind in beiden Figuren ähnlich, und eine tänzerische erscheinen, so weitet er das Dekorative und Schmük-
Biegsamkeit belebt die Körper, aber in der Gesamt- kende der Zweckarbeit überall zur Fühlung der Na-
belt sind die Bilder der Flora und der Diana ver- tur und des Lebens.

Eugen Mayer-Fassold. Büste Fräulein B.

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