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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 6.1895

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Seydlitz, R. von: Der Japanische Stil für die Innen-Dekoration
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Zimmermann, Ernst: Das venezianische Kunstgewerbe der Gegenwart, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6759#0134

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Leite fl8.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

Juni-Heft.

heute hier nur vier Abbildungen von der Mannigfaltigkeit zeugen,
in welcher das japanische (Ornament sich anwenden läßt. Mit
Ausnahme der öfter verwendeten Buddhastatuette in der „heiligen
Nische", wiederholt sich auch übrigens in keinem Zimmer etwas,
auch dies war theils Bedingung, theils freie Laune. Zuerst ward
eine „Koje", also ein Halbzimmer, ausgeführt und auf Aus-
stellungen gesandt, wo
es als des Verfassers
,japanische Visitenkarte*
überall da abgegeben
und gern ausgenommen
ward, wo Verständniß
dafür billiger Weise er-
wartet werden konnte.

Abbildung Nr. zeigt
dies mittlerweile den
Weg alles japanischen
gegangene Probestück.

Das Zimmer war so
konstruirt, daß es sich
leicht einem jeden Ge-
laß einpassen ließ. Von
Möbeln wurde vor der
Hand bei den Ausstel-
lungen abgesehen, da-
gegen auch die Dekora-
tion der Fensterflächen
mit hineinbezogen. Das
Ganze war ein Gestell
aus lackirtem Holz mit
bemalten Füllungen aus
Atlas und Holz. Die Thür, aus einer einzigen Holzplatte be-
stehend, zeigt eine größere Darstellung in einer Art Reliefarbeit
mit Metallmalerei (Bronzefarben), eine Arbeit, deren Material
der Verfasser zu jener Zeit selbst erfand, und welches sich leicht
gießen, formen, ja auch mit dem Pinsel auftragen ließ (nebenbei
gesagt, ein köstliches Material für Rokoko-(Ornamentik!). Der
Plafond mußte einigermaßen jene gebälkreichen japanischen Tempel-

bauten in Erinnerung bringen, konnte aber wegen der auf Aus-
stellungen oft sehr ungenügenden Höhe des verfügbaren Raumes
nur andeutungsweise entwickelt werden. Besser ging dies schon
bei dem Zimmer auf Beilage II, an welches sich gegen das
Fenster zu noch ein Erker mit geschwungenem Dach anschloß.
Auch hier war alles auf einem lackirten Gerüst angebracht mit

Füllungen auf Leide und
Holz. Ein schwarzer
Lockel mit Lackmalerei
schloßsich unten ringsum
der Wand an, die durch
Thüren, Spiegel und
Nische belebt war. Zu
den oberen Friesen wur-
den aquarellistischeLand-
schaften japanischer Art
und, in Abwechselung
damit, wieder Reliefma-
lerei angewandt. Aus
dieser Reliefarbeit ist
auch der um eine schwarz-
lackirte Läule sich win-
dende goldene Drache.

Waren diese beiden
Zimmer nun sehr farbig
und glänzend, so wirkte
das dritte (Abbildung
Nr. sich), ein Rauch-
zimmer in einer elegan-
ten Junggesellenwoh-
nung, mehr durch den
Reiz seiner dunklen Töne. Die Wände, abgesehen von Lockel
und Fries, waren hier durchweg dunkel pfauenblau und bräunlich
gelb (altgold) überzogen, und auf diesem Atlas wieder in Bronze
und Reliefmalerei die Ornamente angebracht. Hier waren nun
Nlöbel, deren Bezug, Goldstickerei aus Lchwarz, sich gut dem
Ganzen einfügte, herzustellen, wie auch der Teppich (Smyrna-
Handarbeit in japanischem Muster) und der (in der Abbildung

Abbildung Nr. ;-zz. Rauchzimmer im japanischen Stil, von R. v. Seydlitz.

Das venezianische

jmstgewerbh dev E^enwart.

von Ernst Zimmermann. (Fortsetzung von Seite St.)

rsprünglich erstreckte sich die Thätigkeit Lalviati's aus-
schließlich auf die Wiedergabe alter Techniken und
Formen. Wer diese Dinge heute in Venedig finden
will, muß sich zu den Fabriken zweiten und dritten Ranges begeben.
Bei Lalviati versucht man sich seit Jahren, im Streben jegliche
Konkurrenz zu überflügeln, in Weiterbildungen, in originellen
Neuerungen, die jene alten Techniken übertreffen sollen. Man
verwendet jetzt fast ausschließlich nur noch farbiges, in lichten
Tönen gehaltenes Glas mit obligater Goldstaubbestreuung, rothes,
gelbes, blaues, vor Allem jedoch grünes oder auch ein Gemisch
derselben, wodurch sich die schon von Alters her der venezianischen
Glasmasse anhaftende Unreinheit aufs Leichteste verdecken läßt,
und bedient sich zur Herstellung künstlerischer Hohlgläser noch
immer ausschließlich der Technik des Blasens und Kneifens. In
der Ausgestaltung derselben sucht man — und das ist recht
erfreulich — wie am Anfänge einen nationalen, so jetzt einen
lokalen Ton anzuschlagen. Das Meer mit seinen schillernden
Farben, mit seinen seltsamen Bewohnern, die unsere Einbildungs-
kraft sich gerne noch fantastischer und grotesker, als sie der Wirk-
lichkeit entsprechen, vorstellt, hat die gesammte Ausbildung der
modernsten Phase der venezianischen Glasindustrie beeinflußt. Man

entnimmt ihm die Muscheln, die Fische, die Drachen, das Leepferd,
letzteres nieist freilich als eine Kreuzung von Pferd und Seepferd,
raubt ihnen oftmals nur einzelne karakteristische Bestandtheile,
wie Flossen, Schwänze, stilisirt alles mehr oder weniger und läßt
es dann zu Trägern der Gefäße, zu Gefäßformen selber oder
zum künstlerischen Beiwerk werden, das sich um die Gefäße
windet, an ihre Wandungen klammert oder den Henkel hergibt,
indem man ihnen zugleich durch ungemein geschicktes Einbrennen
von Farbentönen und Goldstaub jenen den Vorbildern in der
Natur eigenen Schiller zu verleihen sucht. Daneben finden sich
dann noch häufig als Motive Einzelgebilde von Wasserpflanzen
benutzt und, gewiß auch hier schon unter dem Einfluß der japa-
nischen Kunst, die Ente und der bisher in der europäischen Kunst
nicht salonfähige Frosch. Erstaunlich ist hierbei, bis zu welcher
Geschicklichkeit und, was beim Glasblasen meistens dasselbe ist,
Geschwindigkeit es in dieser Kunst der Italiener bringt, und man
muß sich wohl oder übel eingestehen, daß er uns, wie in anderen
Techniken, so auch in dieser im Durchschnitt bei Weitem überlegen ist.

Indessen muß bemerkt werden, daß gerade diese unendliche
Geschicklichkeit des italienischen Arbeiters die große Verführung
in sich barg, diese auf Kosten der Schönheit allzusehr ausnutzen,
und daß man hier dieser Verführung z. Th. auch in der That
unterlegen ist; denn einerseits wird durch die Häufung der Motive
und die allzu komplizirte Verwendung der Kneiftechnik die Durch-
sichtigkeit des Glases, somit seine edelste Eigenschaft beeinträchtigt
und auch manchem großen Stücke eine gar zu schwerfällige Ge-
 
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