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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 28.1930

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Heft 4
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Scheffler, Karl: Berliner Ausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7609#0188

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ARNO NADEL, SELBSTBILDNIS. PASTELL ARNO NADEL, BILDNIS A. K. PASTELL

AUSGESTELLT IN DER KUNSTHANDLUNG VICTOR HARTBERG, BERLIN. MIT ERLAUBNIS DES VERLAGS FELIX STÖSSINGER, BERLIN

BERLINER AUSSTELLUNGEN

Eine Gedächtnisausstellung für Leopold Graf von Kalk-
reuth veranstaltete die Akademie. Diesen klug gewählten
Ausschnitt des Lebenswerks vor Augen zu haben, das war
wie die Erinnerung an viele Jahre deutschen Kunstlebens,
in denen die Bilder von Jahr zu Jahr erschienen. Man
konnte vor sich selber feststellen, daß sich das Urteil eigent-
lich nicht geändert hat. Kalckreuths Bilder sind nie mit
Erregung begrüßt worden, sondern mit stiller Achtung; er
hat nie überrascht, aber auch selten enttäuscht. Eine kritisch
sichtende und bedingende Achtung stellte sich auch jetzt
wieder ein. Am stärksten wirken die Märchenzeichnungen;
in ihnen ist das Beste enthalten, was Kalckreuth zu geben
hatte. Unter den Bildern sind die am eindrucksvollsten, in
denen starke menschliche Beziehungen mitsprechen: die
Familienbilder, die Bildnisse der alten Frau Zacharias usw.
Das Künstlerische geriet dort am besten, wo das Herz am
lautesten sprach.

Der Generation und auch ein wenig dem Temperament
Kalckreuths gehört Albert Lamm an, der in der kleinen
Galerie Weber ausstellte. Die Leser von „Kunst und Künst-
ler" kennen ihn als einen Mitarbeiter der letzten Jahre.
Wer alt genug ist, kennt Lamm als Kunstschriftsteller auch
schon aus den ersten Jahrgängen des „Atelier" vor mehr
als dreißig Jahren. Als Maler hat er sich in der Zwischen-
zeit in Berlin selten vorgestellt, da er in Süddeutschland
sehr einsam lebte. Jetzt wohnt er wieder — in einer der
Kunst feindlichen, schwierigen Stellung, aus der er von
maßgebender Stelle schnell befreit werden sollte — in

Berlin und benutzt die Gelegenheit, alte und auch einige
neue Arbeiten, zu denen er sich die Zeit abgerungen hat,
auszustellen. Der malerischen Haltung nach steht er Thoma
nahe. Seine Bilder, seine Graphiken verdienen die größte
Achtung, sie sind ehrlich und solid gearbeitet; und die neuen
Bilder zeigen, daß der leise altmodische deutsch-römische
Zug der früheren Arbeiten überwunden worden ist. Albert
Lamm wäre wahrscheinlich ein sehr guter Lehrer. Es be-
steht etwas wie eine Verpflichtung, seine kunstpädagogischen
Fähigkeiten zu nutzen.

Hedwig Ruetz, eine alte Bekannte aus der Zeit der neu
gegründeten Berliner Sezession, bekannt auch durch das
schöne Bildnis, das Liebermann nach ihr gemacht hat, stellte
in der Galerie J. Casper aus. Meistens Parklandschaften und
aquarellierte Blumenstücke. Die Blumen sind kräftig und
wirkungsvoll gemalt, die Landschaften lassen ein wenig an
Trübner denken und sind ebenfalls mit einer gewissen
Schlagkraft gegeben. Gute, auf solider Lehre beruhende
Frauenkunst, die, durch ihre Liebe zum Gegenstand, zum
Motiv, besticht.

Das „Kunstblatt" hatte im Reckendorfhaus eine Aus-
stellung junger, wenig bekannter Maler veranstaltet. Eine
hübsche Idee und recht gut durchgeführt. Natürlich kann
auch der Eifer Westheims nicht Armeen aus der Erde
stampfen und ein Kornfeld auf der flachen Hand wachsen
machen. (Darum hat er sich auch in der Selbstanzeige dieser
Ausstellung im „Kunstblatt" gegen mich unverantwortlich
benommen.) Einiges erregte Aufmerksamkeit: die etwas

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