Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 28.1930
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https://doi.org/10.11588/diglit.7609#0335
DOI issue:
Heft 8
DOI article:Purrmann, Hans: Malereien der Kinder
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MALEREIEN DER KINDER
VON
HANS PURRMANN
H. DE TOULOUSE-LAUTREC, MALEREI DES 15 JÄHRIGEN
TT7~ie oft wird man überrascht und gefesselt von
* " Malereien begnadeter Kinder! Durch ihren
Charme und ihre Originalität erwecken sie zu-
weilen weit mehr Gefallen als Arbeiten ausgereifter,
sich der Kunst widmender Menschen, da diese nur
zu leicht gewerbsmäßiger Entartung unterliegen.
Ja, man verfällt oft in so große Bewunderung der
Kleinen, daß die Menge schon geneigt ist, alle
neu gewonnenen Schönheiten und Ausdrucksformen
moderner Malerei mit diesen Kinderproduktionen
zu verwechseln. In diesem Irrtum geht man oft
sehr weit. Man sollte aber bedenken, daß Kinder-
malereien wohl höchst reizvoll und interessant sein
können, für die Kunst jedoch nicht allzuviel Be-
deutung haben. Denn im Grunde genommen durch-
schneiden Kinder den gordischen Knoten statt ihn
zu lösen — eine Aufgabe, die ein Leben in Ge-
duld und Hingebung erfordert. Das Stück der
Schnur, das in ihren zierlichen Händen bleibt, ist
meist nur allzu kurz.
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VON
HANS PURRMANN
H. DE TOULOUSE-LAUTREC, MALEREI DES 15 JÄHRIGEN
TT7~ie oft wird man überrascht und gefesselt von
* " Malereien begnadeter Kinder! Durch ihren
Charme und ihre Originalität erwecken sie zu-
weilen weit mehr Gefallen als Arbeiten ausgereifter,
sich der Kunst widmender Menschen, da diese nur
zu leicht gewerbsmäßiger Entartung unterliegen.
Ja, man verfällt oft in so große Bewunderung der
Kleinen, daß die Menge schon geneigt ist, alle
neu gewonnenen Schönheiten und Ausdrucksformen
moderner Malerei mit diesen Kinderproduktionen
zu verwechseln. In diesem Irrtum geht man oft
sehr weit. Man sollte aber bedenken, daß Kinder-
malereien wohl höchst reizvoll und interessant sein
können, für die Kunst jedoch nicht allzuviel Be-
deutung haben. Denn im Grunde genommen durch-
schneiden Kinder den gordischen Knoten statt ihn
zu lösen — eine Aufgabe, die ein Leben in Ge-
duld und Hingebung erfordert. Das Stück der
Schnur, das in ihren zierlichen Händen bleibt, ist
meist nur allzu kurz.
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