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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — 1.1907

DOI Heft:
Heft I (Januar 1907)
DOI Artikel:
Bender, Ernst: Einiges über das "Blockieren"
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https://doi.org/10.11588/diglit.31624#0013

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bis ins kleinste Detail“ verstellt. Bei diesem ist die Aufmerksamkeit nur auf den
Verlauf der Umrisslinie gerichtet, die Zeichnung ist das Resultat einer Sinnestätig-
keit. Der Künstler aber setzt seine Linien hin als das Resultat einer geistigen
Tätigkeit, die das der betreffenden Form speziell Charakteristische, Wesentliche er-
kannt hat. Die bewusste Sinnestätigkeit, welche „selbst bei der kleinsten Linie
erstens die absolute Richtung, d. h. den Grad ihrer Abweichung von der Senk- und
Wagerechten, und zweitens ihre relative Grösse, die sich nach dem Verhältnis der
übrigen Strecken richtet, mit Bestimmtheit feststellt“, wird mit allem Fleiss nicht
das erreichen, was uns der Künstler mit wenigen Strichen gibt, — eine Form, die
Leben in sich hat.
Die Art des künstlerischen Schaffens muss aber vorbildlich sein für das, was
wir im Zeichenunterrichte lehren wollen. Lenbach sagt: „Die Zeichnung muss aus
wenigen, aber wesentlichen Linien herausgeboren werden.“ Ist damit die vielfach
übliche Anleitung, „Blocklinien entstehen durch Verbindung der auffallendsten
Aussenpunkte,“ in Einklang zu bringen? Nein, denn die Blocklinien sollen gleich
die sprechendsten Linien der Form geben; was gibt aber das Trapez Fig. 1 a
Wesentliches von der Schmetterlingsform?




Es ist eine abstrakte Figur, deren Ableitung aus dem Vorbild grössere
Anforderungen an den Schüler stellt als die einfache Darstellung dessen, was er
sieht. Dies gilt noch mehr von Fig. 2 a und 2 b.



T nd wenn schliesslich auch ein Schüler durch viel Uebung die umrahmende
geometrische Figur erfassen lernt, was hat er damit gewonnen? Eine Zwangsjacke,
in die er die Umrisse der betreffenden Form hineinzwängt. Die Umrisslinien müssen
aus der Form heraus gedacht, nicht in eine abstrakte Figur hineinkonstruiert werden.
Wenn solche Zeichnungen dann unverstanden und tot erscheinen, wen will das wundern?
Irreführend ist auch die Ansicht, dass die „blockierte Form“ nur aus geraden
Linien bestehen dürfe, „die sich zu einem Vieleck zusammenschliessen“. Gerade
 
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