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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — 1.1907

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Heft VI (Juni 1907)
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Bericht über die General-Versammlung des Vereins württemb. Zeichenlehrer und des Vereins für Kunst- und Zeichenunterricht
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Verschiedenes
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https://doi.org/10.11588/diglit.31624#0092

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sehen. Es gelte jetzt, ihnen durch gründliche praktische Arbeit zu begegnen. Dazu biete
der Verein eine wirksame Organisation und die Arbeit der nächsten Jahre werde vor allem
diesem Punkt gelten müssen. Mit Beifall wurde die Aufforderung begriisst, die Lehrer
möchten sich in allen schwierigen Lagen bezüglich des Zeichenunterrichts vertrauensvoll an
den Verein wenden.
Grosse Freude rief die Mitteilung hervor, dass Professor Dr. Konrad v. Länge-Tü-
bingen die Bereitwilligkeit ausgesprochen habe, dem Verein im nächsten Jahr einen Vortrag
zu halten. In der Diskussion, die leider wegen der vorgeschrittenen Zeit abgekürzt werden
musste, wurden noch verschiedene Punkte eingehend erörtert. So kamen die Fragen: „Soll
das Mädchenzeichnen besondere Ziele haben?“ „Kann Zeichnen neben der Wortsprache mit
Recht als ein selbständiges Ausdrucksmittel gelten?“ u. a. mehr in ihrem Für und Wider
zur Aussprache. In seinem Schlusswort konnte der Vorsitzende auf den schönen Verlauf
der Versammlung hinweisen und hervorheben, dass der Verein, der sich in der kurzen Zeit
seines Bestehens zu grosser Blüte entfaltete, den Lehrern und Behörden eine wertvolle Stütze
bei Durchführung des neuen Lehrplans bieten könne. — Dem Verein trat wieder eine grössere
Anzahl Mitglieder bei. Der Schriftführer.

Verschiedenes.
Der „Fall Muthesius“. In weiten Kreisen der Freunde deutscher Kunst und
deutschen Kunstgewerbes hat das Vorgehen des Fachverbandes für die wirtschaftlichen In-
teressen des Kunstgewerbes gegen Hermann Muthesius Befremden erregt. Der Verband hat
sich, wie gemeldet wurde, an den Handelsminister gewandt, mit der Bitte, der „Tätigkeit
des Herrn Geheimrats Muthesius Einhalt zu gebieten“ und gleichzeitig hat er eine Eingabe
an die Aeltesten der Kaufmannschaft von Berlin gerichtet, der Lehrtätigkeit des Herrn Mu-
thesius an der Berliner Handelshochschule ein Ende zu machen. Hermann Muthesius ist
einer der angesehensten und anerkanntesten Führer unserer modernen künstlerischen und
kunstkulturellen Bewegung. Es mag wohl sein, dass mancher Unternehmer durch die Ver.
jüngung und Läuterung unserer künstlerischen Vorstellungen und unseres Geschmacks wirt-
schaftlichen Schaden erleidet; soll aber lieber unser ganzes Volk den geistigen Schaden
tragen, der mit einem unsoliden und unehrlichen Kunstgewerbe notwendig verbunden ist?
Mit einem Worte: das Vorgehen jenes Verbandes bedeutet nicht mehr und nicht weniger,
als einen Versuch, den künstlerischen Fortschritt totzuschlagen ; und wenn der Verband einen
Dozenten von „grösserer Fachkenntnis und Objektivität“ als Muthesius verlangt, so wird die
einstimmige Antwort aller Kenner der Verhältnisse sein, dass Muthesius in seinem Lehramte
der rechte Mann am rechten Platze ist.
Darauf lief an den „Fachverband für die wirtschaftlichen Interessen des Kunstgewerbes“
folgende Antwort des Handelsministers ein: „Die Dozenten der Handelshochschulen Berlin
geniessen die akademische Lehrfreiheit in demselben Umfange, wie die Dozenten anderer’
deutscher Hochschulen. Dass im vorliegenden Falle ein Missbrauch dieser Lehrfreiheit
vorliege, haben wir nicht finden können. Nach § 2 der Ordnung der Handelshochschule
Berlin ist ihr Zweck, die für den kaufmännischen Beruf nötigen und nützlichen Wissen-
schaften durch Lehre und Forschung zu pflegen. Dieser Zweckbestimmung entspricht es,
wenn ein Dozent sich nicht nur damit beschäftigt, seinen Zuhörern die bisherigen Ueber-
lieferungen seines Fachs zu bieten, sondern wenn er sie auch im Wege der Forschung dazu
anleitet, in richtiger Art Kritik zu üben und an der Fortentwicklung des Bestehenden zu
arbeiten. Eine solche wissenschaftlich begründete Kritik der bisherigen Leistungen und die
Aufzeigung der Mittel zur Weiterentwicklung in neuen Bahnen ist für Handel und Industrie
nicht nur nicht schädlich, sondern in hohem Masse förderlich, ja notwendig. Dafür, dass
das in dem vorliegenden Falle in beleidigender Form geschehen sei, ist keinerlei Beweis
beigebracht worden. Ueber den Ton, welchen die Zuschrift gegenüber einem um das
deutsche Kunstgewerbe hochverdienten Manne anschlagen zu dürfen glaubt, können wir nur
unser tiefes Bedauern aussprechen.“
fUT“ Vorliegende Nummer enthält eine Kunstbeilage des Vereins Wiirtt. Zeichenlehrer
(von Zeichenlehrer Schmalzried, Ulm).

Druck von Decker & Hardt in Stuttgart.
 
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