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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — 1.1907

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Heft IV (April 1907)
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Verschiedenes
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Trunk, R.: Verbandssache!
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https://doi.org/10.11588/diglit.31624#0062

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hinaus, und nur selten erzielte man eine, sagen wir, virtuose Auffassung und Behandlung
der gestellten Aufgabe.
Dieser Missstand wurde dann vor einer Reihe von Jahren durch die neuen Lehrpläne
gänzlich abgestellt. Die Reform des Zeichenunterrichtes besteht in ihren äusseren Zielen,
um es kurz auszudrücken, in der Hinkehr zur Natur. Diese dient als Vorlage, wo sie nur
zu brauchen ist. Wird im Zeichensaale gearbeitet, so sind künstlerisch ausgestopfte Tiere,
Blumen, Blätter, Pflanzen und andere Erzeugnisse der Natur die lebenswahren Modelle, nach
denen gezeichnet wird. Am liebsten aber führt man die Schüler hinaus in die freie Natur,
auf die Strassen und Plätze. Dort lernen sie richtig sehen und wählen sich ihre Vorlagen
nach ihrem eigenen Geschmack und arbeiten mit der Lust, die stets mit selbstgewähltem
Schaffen verbunden ist, und mit Aufbietung individueller Kräfte. Als höchstes Ziel der Dar-
stellung dient der Mensch selbst. So soll der Zeichenunterricht zum Besuch der Kunsthoch-
schule vorbereiten, wie die wissenschaftlichen Fächer zum Studium auf den Universitäten
und Technischen Hochschulen befähigen.
Was die innere Seite der Reform betrifft, so gilt es, die freie, psychologische Entwicklung
der naiven Auffassung des Kindes zur künstlerischen des Malers heranzubilden. Darum beginnt
man jetzt mit der Erziehung des Vorstellungsvermögens, man geht also von der geistigen
Seite aus, und die technische Geschicklichkeit übt sich nebenher. Man unterscheidet auch
nicht mehr Zeichnen und Malen, sondern pflegt von vornherein die Ausbildung des Farben-
sinnes und gewinnt dadurch ein vorzügliches Mittel zu vielseitiger Betätigung. Sie sehen,
meine Herren, dass eine solche Behandlung des Zeichenunterrichts in geschickter Hand ge-
eignet ist, alle Kräfte des Geistes und der Seele, Schärfe der Sinne, Urteil
des Verstandes, Gestaltungskraft der Phantasie auszulösen und in ganz
hervorragender Weise zur harmonischen Ausbildung unserer Jugend
beizutragen.
Zu dieser Erkenntnis soll unsere Ausstellung, die mit vielen Opfern an Zeit von den
Zeichenlehrern der höheren Knabenschulen zusammengestellt worden ist, auch verhelfen.
Hoffentlich werden sich alle Besucher überzeugen, dass heute der Zeichenunterricht im
Gesamtorganismus der höheren Schulen ein wichtiges Fach ist, dass er tüchtige, vielseitige,
künstlerisch gebildete Lehrer voraussetzt, und dass die grossen finanziellen Opfer, die jähr-
lich bereitwillig von der Stadt gebracht werden, nicht vergeblich oder zu kleinen Zwecken
auf gewandt werden.
Mit diesem Wunsche eröffne ich die Ausstellung. Mögen sich alle Hoffnungen erfüllen,
welche die Veranstalter an sie knüpfen!“
Wir bringen obigen Artikel aus „Deutsche Blätter für Zeichen- und Kunst-
unterricht“ vollständig zum Abdruck, weil die Rede des Herrn Realgymnasialdirektors
D r. Michaelis von seltenem Verständnis für den Zeichenunterricht zeugt. Wenn alle
Schulvorsteher unserem Fach und unserer Arbeit dieselbe Wertschätzung entgegenbringen
würden, so wären wir unseren Zielen um ein beträchtliches näher gerückt. D. R.

Verbandssache!
„Zur Vorbereitung des III. internationalen Kongresses zur Förderung des Zeichen-
unterrichts zu London 1908, gestatten sich die Unterzeichneten Ihnen folgende Vorschläge
zu unterbreiten:
1) Damit die für London geplante Ausstellung von Zeichnungen etc. ein klares Bild
vom gegenwärtigen Stand des Zeichenunterrichts innerhalb des Deutschen Reiches
biete, ergänzt sich das vom Berner Kongress gewählte Komite mit je einem Delegierten der
grossen Zeichenlehrerverbände, und zwar
des Vereins deutscher Zeichenlehrer,
des Vereins preussischer, für höhere Schulen geprüfter Zeichenlehrer,
des Vereins sächsischer Zeichenlehrer,
des Verbands süddeutscher Zeichenlehrervereine.
2) Der erweiterte Ausschuss tritt in Berlin Eude April zu einer Besprechung zusammen.
Gegenstände dieser Besprechung sind: a) Empfang. Einteilung der geschäftlichen Leitung
 
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