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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — 1.1907

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Heft IV (April 1907)
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Trunk, Rudolf: Die Ausbildung des Zeichenlehrers, [1]
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Reuff, Wilhelm: Winterfreuden im Zeichenunterricht
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https://doi.org/10.11588/diglit.31624#0057

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ein dreijähriges Studium unbedingt notwendig. Des weiteren wurde die Drage
erwogen, ob Akademie, technische Hochschule oder Kunstgewerbeschule die richtige
Ausbildungsstätte sei, oder ob es besser sei, nach dem Beispiel von Ungarn und
Holland besondere Fachschulen für Zeichenlehrer zu schaffen. Oesterreich, Ungarn,
Bayern, Württemberg, wo der Zeichenunterricht sich einer hohen Wertschätzung
erfreut, schreiben ein vierjähriges Studium vor (Württemberg aus besonderen Gründen,
wie weiter unten dargelegt wird) an einer Kunstschule, Akademie oder technischen
Hochschule. Darstellende Geometrie und Bauformenlehre würden nach den Vor-
schlägen an einer technischen Hochschule, Freihandzeichnen, Malen, Kunstgeschichte
und ornamentale Formenlehre an einer Kunstgewerbeschule belegt werden, aber
alle diese Studien müssten ergänzt werden an einer Zentralschule, in welcher der
Schwerpunkt auf Methodik und
Unterrichtspraxis zu legen wäre.
Sollte sich aber der Wunsch nach
einer derartigen Ausbildungsweise
nicht verwirklichen lassen, so
sollte den bestehenden Akade¬
mien ein Seminar angegliedert
werden. (Schluss folgt.)

Winterfreuden
im Zeichenunterricht.
Die herrlichen Herbstfärbungen,
welche Lehrer und Schüler bei wech¬
selnder Beleuchtung des Herbst¬
himmels mit immer neuem Ent¬
zücken von Bergeshöhe geniessen
durften: sie waren längst den Stür¬
men zum Opfer gefallen.
Müde schien das dämmerige
Nordlicht durch die Scheiben des
Zeichensaals, in welchem wir lebens¬
frohe Blätterfärbungen — Ausbeute
des Herbstausfluges —- zu üben und verstehen lernen suchten. Ein leichtes Hellerwerden
und Herniederfallen der ersten Flocken. Wohltuend für Auge und Gemüt war das Weiss
nach dem ewigen Grau der letzten Tage und daher von allen mit Freuden begrüsst. Aus
dieser Empfindung heraus wird die Idee zur Ausführung einer Winterlandschaft gegeben
und eifervoll ausgeführt. Obgleich wir den Stundenplan l/2 Stunde verlängerten, schieden
die Schüler im Bewusstsein — ein schönes Bild geschaffen zu haben — nach amerikanischer
Methode in deutscher Zeit und Art.
Der Winter war in diesem Jahre waschecht; er lieferte ungeheure Mengen Modellier-
material. Die Freude, welche es Schülern und Lehrern bereitet, wenn nach wochenlangem
Eingesperrtsein ausserhalb des Lehrganges ein Nachmittag mit Modellieren im feuchten
Schnee ausgefüllt wird, muss man selbst erlebt haben, um mitempfinden zu können. Wir
hatten den geeignetsten Punkt für ein Denkmal festgestellt. Das Postament wurde aus
Schneerollen errichtet und auf diesem die Schillerbüste vom Lehrer vormodelliert; sie wurde
schon wegen der Popularität im Jubeljahr von den Schülern erkannt. Die Bürger aber,
welche vorbeigingen, freuten sich ob des ersten Denkmals im Landstädtchen — ,,s’ ischt no
schad, dass he wurd, des ischt grad wie Marmor“ — solche und andere Schmeicheleien be-
kam man zu hören. Auf Bergeshöhe haben wir Beethoven verherrlicht und nachher gemein-
schaftlich eine Siegesallee in unübertrefflicher militärischer Aufstellung erstehen lassen. Die

Abbildung 4.
 
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