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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — 1.1907

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Heft IX (September 1907)
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Kolb, Gustav: Der 1. Verbandstag des Verbands süddeutscher Zeichenlehrervereine
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Kolb, Gustav: Der Kunstunterricht auf unseren niederen Seminaren und Gymnasien
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https://doi.org/10.11588/diglit.31624#0115

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waren, Ausflüge in clen badischen Schwarzwald und auf die Ausstellung nach
Mannheim. Sie alle kamen hochbefriedigt zurück. Schreiber dieses Berichts ging
aber in das Museum der bildenden Künste, wo ihn der unsterbliche Feuerbach
und die modernen Karlsruher Künstler, vor allem Hans Thoma, sehr erquickt
haben und zuguterletzt nochmals in die Zeichenausstellung, die er nun, wie unser
Bericht darüber zeigt, mit der kritischen Lupe aufs genaueste untersuchte.
Und nun zum Schluss rufen wir Euch badischen Kollegen nochmals zu: Habt
Dank für all Eure Freundschaft und Mühe! Will’s Gott, wollen wir’s Euch heim-
zahlen beim nächsten Verbandstag im schönen Stuttgart im Frühjahr , wenn die

ersten Knospen springen


und der Goldregen in den
Gärten blüht! G. K.

Abbildung 3.

Der Kunstunterricht

auf unseren niederen

Seminarien

und Gymnasien.

Unter dieser Aufschrift
schreibt Professor Dr. Konrad
v. L an ge-Tübingen in der
Schwäbischen Kronik No. 275
einen Aufsatz, der für uns
Zeichenlehrer hochinteressant
ist. Der Verfasser nimmt als
„ V ertreter derKunstgeschichte
an der Landesuniversität“ das
Wort und tritt dafür ein, dass
ein Unterricht, der die Schüler
in das Verständnis der
Kunst einführen soll, „im
Lehr- und Stundenplan der
oberen Seminarien als ein
selbständiges Fach Heimat¬
recht erhält“. Dieser Unter-
richt soll aber nicht in eigent¬
licher Kunstgeschichte, wie
sie gewöhnlich verstanden
wird, bestehen, sondern er
soll vor allem durch „prak¬
tische Kunst u n ter Wei¬
sung“,.Kunst an sch auung“
vermitteln und so auf den
kunsthistorischen Unterricht
der Universität vorbereiten.
..Dem Schüler soll nicht ein
gewisses Quantum kunsthisto¬
rischen Wissens beigebracht
werden, das für sich allein ja
doch tot wäre, sondern er
soll vor allem künstlerisch sehen und fühl en lernen. Ausserdem soll er so viel Uebung
in der künstlerischen Technik erwerben, dass er ein Kunstwerk wirklich als Kunstwerk auf-
fassen, d. h. das künstlerische Problem, um das es sich handelt, verstehen und in
seiner Schwierigkeit würdigen kann. Ob er weiss, wann Raffael geboren und gestorben ist,
wann die grossen rheinischen Dome gebaut sind, wie die wichtigsten niederländischen Maler
heissen, das ist wirklich ziemlich gleichgültig. Er kann das später aus Büchern oder in den
Gemäldegalerien lernen oder, wenn er will, auch in den Vorlesungen erfahren. Aber den
Unterschied eines Pfeilers und einer Säule, eines Holzschnitts und eines Kupferstichs, eines
Oel- und eines Freskobildes sollte er schon als Schüler kennen, das sollte er eben auf die
Universität mitbringen, während der Dozent jetzt tatsächlich in allen diesen Dingen ab ovo
anfangen muss, wenn er darauf rechnen will, verstanden zu werden. Vor allen Dingen sollte
er eine gewisse Kultur des Auges und ein starkes Bedürfnis nach künstlerischer Anregung
mitbringen, da er ohne das niemals in das Wesen der Sache eindringen wird. Das eigent-
liche Gefühl für das Schöne kann der Dozent auf der Universität unmöglich lehren. Das
 
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