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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — 1.1907

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Heft IX (September 1907)
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Kolb, Gustav: Der 1. Verbandstag des Verbands süddeutscher Zeichenlehrervereine
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https://doi.org/10.11588/diglit.31624#0114

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schönsten Hoffnungen für eine gute Weiterentwicklung des Verbandes berechtigen.
Hauptsächlich war es unser badischer Bruderverein, der zu dem Gelingen dieses
Werkes das meiste beigetragen hat. Als wir Württemberger vorigen Herbst das
erstemal in den Kreis der badischen Kollegen eintraten, da empfanden wir sofort
eine Herzens- und Geistesverwandtschaft. Die warmen Wellen der Kollegialität
und der Freundschaft, die uns da entgegenschlugen, haben unsere Herzen im Sturm
erobert. Und wir empfanden, dass ein Zusammenschluss nicht künstlich gemacht
und erzwungen werden müsste, sondern auf Wahlverwandtschaft beruhe. Diese
herzliche Kollegialität, die den festesten Kitt unserer Vereinigung bildet, haben
wir auch gestern und heute wieder so angenehm empfunden. Sie haben uns alle
Stunden so angenehm verschönt. Der badische Bruderverein ist es auch, der seit-
dem an der geistigen Arbeit im Verband den grössten Anteil hat. Ihm gehört
unser Verbandsvorsitzender Herr Kollege Erhardt an, der heute wieder seine grossen
Fähigkeiten bei der gewandten und taktvollen Leitung — ich hebe das letztere
ausdrücklich hervor — aufs glänzendste erwiesen hat. Ihm gehört auch der erste
Redner des Tages an, Kollege Bender. Sein heutiger Vortrag war eine Muster-
leistung und wir Zeichenlehrer dürfen alle stolz sein auf diese geistige Arbeit eines
Kollegen. Darum, meine werten Kollegen, die Sie zum heutigen Tage von Osten
und von Westen gekommen sind, ich bitte Sie, lassen Sie uns den badischen
Kollegen unsern herzlichen Dank abstatten und mit ihnen anstossen auf ferneres
einmütiges Zusammenarbeiten im Verband! Herr Erhardt erwiderte hierauf und
widmete sein Glas dem ferneren Blühen, Wachsen und Gedeihen des Verbandes.
Nach dem Mittagessen wurde gemeinschaftlich die Landeszeichenausstellung
besucht und unter Führung der badischen Kollegen eingehend besichtigt.
Abends vereinigte sodann ein Bankett im Gartensaal des „Tannhäuser“ eine
grosse Teilnehmerzahl. Kollege Schuhmacher eröffnete die Geselligkeit mit einer
humoristischen Ansprache. Seinen Bemühungen ist es auch zu danken, dass der
Abend einen so harmonischen, schönen Verlauf nahm. Eine kleine Künstler-
gesellschaft bot herrliche musikalische Genüsse. Besonders das holde Töchterlein
des Kollegen Schuhmacher, Fräulein Hildegard Schuhmacher, Konzertsängerin,
sang gar wunderbare Weisen, ihre Stimme klang weich und voll wie eine Orgel
und sie soll, wie ich vernommen habe , nicht nur die Ohren , sondern auch die
Augen und Herzen der anwesenden Junggesellen bezaubert haben, sodass einer der
allerhartgesottensten ihr einen Blumenstrauss überreichte.
Wir wollen darüber aber die andern Künstler nicht vergessen, die uns mit
ihren Darbietungen erfreuten. Es waren die Herren Musiklehrer W. Jung (Violine),
F. Zureich und A. Bier (Klavierbegleitung), F. Gärtner, Konzertsänger. Auch
ihnen allen sowie dem unermüdlichen Rezitator Herrn Held, der uns ungezählte
humoristische Gedichte vortrug, sei an dieser Stelle unser herzlichster Dank gesagt.
Auch mancher improvisierte Vortrag aus der Mitte der Gäste trug zur Unterhaltung
bei, besonderen Beifall fanden die Schwaben mit ihren schwäbischen Volksliedern.
Der Höhepunkt war nun erreicht, als Geheimrat Dr. Wagner, der mit Hofrat
Specht ebenfalls zum Bankett erschienen war, nach dem Vortrag des Liedes „Jetzt
gang i ans Brünnele“ mit jugendlicher Begeisterung aufsprang und sprach: „Wes
das Herz voll ist, des gehet der Mund über. Sie wissen nicht, wie tief mir diese
soeben verklungenen Töne zu Herzen gehen. Sie klingen mir wie Heimatklänge,
wie Glockentöne aus ferner Jugendzeit. Ich habe nämlich einen grossen Teil
meiner Jugendzeit in der schwäbischen Stadt Gmünd verlebt und niemals kann ich
die schönen schwäbischen Lieder, die ich damals so oft gehört, vergessen. Ich
habe sie auch schon lange nicht mehr so schön und echt vernommen wie heute
abend. Diesen hohen Genuss haben uns die württembergischen Zeichenlehrer be-
reitet. Meine Damen und Herrn, tun Sie mir den Gefallen und stossen Sie mit
mir an auf das Wohl der lieben Württemberger.“ Das hat uns Schwaben gar
sonderlich behagt und wir sind, ob solchen Lobes froh, an diesem Abend etwas
spät — sehr spät ins Bett gestiegen.
Am andern Tag unternahmen die wenigen Kollegen, die noch in Karlsruhe
 
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