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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — 1.1907

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Heft XII (Dezember 1907)
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Kolb, Gustav: Bemerkungen zu der "Entgegnung" von G. Landenberger in Heft XI.
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Binal, Karl: Beziehungen zwischen Kunsterziehung und fremdsprachlichem Unterricht
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https://doi.org/10.11588/diglit.31624#0151

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zugesandt. Ich entsprach diesem Ansuchen. Damit tat ich weiter nichts als meine
Pflicht. Ich konnte das Werk doch nicht gegen meine Ueberzeugung loben! Unsere
Leser, besonders die Nichtfachleute, haben ein Recht auf eine gewissenhafte
Beratung durch das Organ. Meine prinzipielle Stellungnahme war aber so gehalten,
dass jeder Leser daraus entnehmen musste, dass ich Kollege L. in keiner Weise
nahetreten wollte. Verschiedene Leser haben sogar an dem Lob, das ich ihm
spendete, Anstoss genommen. Sie hätten die Kritik etwas schärfer gewünscht.
Nichtsdestoweniger sandte mir Herr L. sofort eine Entgegnung und einen Brief, der
von Beleidigungen strotzte. Unser Verbandsvorstand, dem ich die Angelegenheit
unterbreitete, entschied, dass die Entgegnung nicht aufgenommen werden soll. (Dass
ich eine zweite, allerdings zahmer gehaltenere, trotzdem und zwar zunächst ohne
jegliche Bemerkung meinerseits aufnahm, daraus mag Kollege L. ersehen, dass ich
vor seinen Enthüllungen keine Furcht hatte, wie er in einem seiner Briefe — ein
Beweis seiner Verblendung — annahm.)
Kollege L. hat offenbar nicht bedacht, dass derjenige, der sich mit einer
Publikation an die Oeffentlichkeit wagt, auch der öffentlichen Kritik gewärtig sein
muss. Wie viele Entgegnungen muss er aber vom Stapel lassen, um gegen alle die
tadelnden Beurteilungen, die über sein Werk erschienen sind und jedenfalls noch
erscheinen werden, vorzugehen ! Tatsächlich ist meine Besprechung seines Werkes
die weitaus günstigste, die meines Wissens erschienen ist. Die Zeitschrift des
Vereins deutscher Zeichenlehrer ,,Schauen und Schaffen“ schliesst ihre Besprechung
mit folgenden Worten: „So der Verfasser im Schlusswort einer Arbeit, die wir
nur als leichtfertig bezeichnen können (vgl. Heft 17, 1907).
Wahrlich, Kollege L. hätte weise gehandelt, sein Werk nicht unter einem
Signet — dem Ei des Kolumbus — erscheinen zu lassen, das den Spott seiner
,,Zeitgenossen“ herausfordern musste. G. Kolb.

Beziehungen zwischen Kunsterziehung und fremdsprachlichem
Unterricht.
Wenn die Erziehung eine vollständige, eine gute sein soll, so darf sie sich
vor allen Dingen nicht eine einseitige Verstandes- und Gedächtniskultur zu eigen
machen, auch Gefühl und Gewissen verlangen eine liebevolle Pflege und Verfeinerung.
In Pädagogen- und Künstlerkreisen ist man von der Wichtigkeit einer solchen Er-
ziehung überzeugt, doch sind die praktischen Erfolge noch nicht bedeutend, weil
eben trotz alledem viel zu wenig dafür getan wird. Wie viele Fälle gibt es, in
welchen das feine Gefühl richtiger urteilt als der kalte, nüchterne Verstand, der
seine logischen Schlüsse auf feste Normen, die in dem von Verhältnissen, Schwan-
kungen und Unvollkommenheiten übersättigten menschlichen Leben nur selten oder
gar nicht vorhanden sind. Lässt nicht das Gesetz auch den ausführenden Organen
freien Spielraum, um so auch dem Gefühl gerecht zu werden? Dass eine ausschliess-
liche Verstandeskultur die Ausbildung der Gefühlskultur nicht nach sich zieht,
zeigen am besten die praktischen Erfahrungen, das Leben. Hören wir nicht tag-
täglich klagen über die zunehmende Gefühlsroheit der Menschen? Bitter not tut,
hier Abhilfe zu schaffen.
Die Wege zur Abstellung dieses Uebelstandes können verschieden sein. Vor
allem wird die Jugenderziehung, die Schule solche Disziplinen mehr betonen müssen,
die mächtig an das Gefühl appellieren. Da ist es vor allen Dingen die Kunst-
erziehung. Nicht genug kann hier betont werden: nicht Künstler wollen wir er-
ziehen, sondern Menschen, die fühlen können, bei denen eine harmonische Paarung
von Verstand und Gefühl vorhanden ist. Die Kunst ist in diesem Falle die Er-
zieherin, sie ist Mittel zum Zweck. Sie unterstützt aber auch den Verstand, indem
sie ihm richtige Vorstellungen gibt, sie stärkt die Vorstellungskraft, sie verlangt
eine genaue Beobachtung und intime Beschäftigung mit den Gegenständen nach
Form, Farbe, Anordnung, Verhältnisse, alles wird Leben, auch dem unscheinbarsten
Gegenstand wird eine schöne Seite abgewonnen, so dass wir ibn mit Aufmerksamkeit
 
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