Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — 1.1907

DOI Heft:
Heft VI (Juni 1907)
DOI Artikel:
Kolb, Gustav: Zu unseren Abbildungen
DOI Artikel:
Bericht über die General-Versammlung des Vereins württemb. Zeichenlehrer und des Vereins für Kunst- und Zeichenunterricht
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.31624#0091

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
71

statt aufzuwachsen. Der Vater nahm ihn auch stets mit, wenn es in den Sommerferien
aus der Grossstadt hinausging auf irgend einen schönen stillen Fleck des Schwaben-
landes. Während eines solchen Studienaufenthalts in den Ferien sind auch diese Zeich-
nungen entstanden. Die Studien zeigen alle eine durchaus künstlerische Auffassung.
Man sieht, der Zeichner versteht zu skizzieren: das Wesentliche und Charakteristische
mit den einfachsten Mitteln wiederzugeben. Das Original von Abbildung 1 ist mit
Bleistift auf ein schwach getöntes französisches Handpapier gezeichnet. Eine diskrete
Anwendung des Farbstifts erhöht die Wirkung. In der Luft sind die auf unserer
Abbildung dunkel angegebenen Linien mit einem zarten Blaustift gezogen. Bei
den Bäumen im Vordergrund sind einige ganz leichte grüne Töne an den Stellen
angegeben, wo sie an die Dächer angrenzen. Das reizende Motiv wird unsern
Lesern allen bekannt sein. Es ist dasselbe Kirchlein, das auf der schönen Künstler-
steinzeichnung von Walter Strich-Chapell „Mein Dorf“ über den Dächern emporragt.
Die Zeichnung ist während eines Sommerferienaufenthalts in Sersheim bei Vaihingen
entstanden. Abbildung 2 zeigt eine Brücke in Ulm. Wie die Bewegung des Wassers
mit wenigen farbigen Strichen angegeben ist, das hätten wir gerne in der ganzen
farbigen Wirkung gezeigt, wenn die guten farbigen Reproduktionen nicht gar so
teuer wären. Doch hoffen wir, nächstdem eine derartige Farbstiftzeichnung mit
allen ihren Feinheiten beilegen zu können. Abbildung 3 zeigt ein sehr bescheidenes
Motiv, einen von der Sonne beleuchteten Winkel zwischen den Häusern einer
Dorfstrasse. Eben diesen Gegensatz von Licht und Schatten wollte der Zeichner
zum Ausdruck bringen. Wenn ihm dies gelingen sollte, so musste er die Licht-
und Schattenpartien auseinander und unter sich geschlossen Zusammenhalten, darum
die sorgfältige ruhige Ausarbeitung der Schatten und die zarte Andeutung der
wenigen notwendigen Einzelheiten im Licht. Man sieht an der Zeichnung, dass
der Zeichner es verstehen muss, zur richtigen Zeit aufzuhören und dass man mit
dem Weglassen einer Linie oft mehr ausdrückt als wenn man sie angeben würde.
_ G. K.
Bericht über die General-Versammlung des Vereins württemb.
Zeichenlehrer und des Vereins für Kunst- und Zeichenunterricht.
(Schluss.)
Den 2. Punkt der Tagesordnung bildete die Behandlung des zeitgemässen Themas:
„Der neue Lehrplan für Zeichnen an der Volksschule und dessen Durch-
führung in der Praxis". Seminaroberlehrer Faut-Nagold gab wertvolle praktische
Winke an der Hand von Vorzeichnungen. Wir werden in dem nächsten Heft seine Aus-
führungen und Leitsätze zum Abdruck bringen.
Als zweiter Berichterstatter folgte Zeichenlehrer Kolb - Göppingen, dessen Ausfüh-
rungen und Leitsätze in der heutigen Nummer enthalten sind. Sämtliche Redner fanden
den Beifall und die auf gestellten Leitsätze die Zustimmung der Versammlung.
Beide Berichterstatter betonten, dass der neue Lehrplan einen grossen Fort-
schritt auf dem Gebiet des Zeichenunterrichts bedeute, da er alle wesentlichen
Forderungen der Reform in entschiedener Weise berücksichtige. Die
Bewegungsfreiheit, die der Lehrplan dem einzelnen Lehrer gewähre, sei besonders
anerkennenswert. Der Verein, der den obligatorischen Zeichenunterricht an der Volksschule
auf Grundlage der Reform schon seit Jahren angestrebt und diesen Wunsch in Eingaben an
die Behörden wiederholt zum Ausdruck gebracht habe, könne mit ungemischter Freude den
neuen Lehrplan begrüssen. Eingehende Würdigung und Erörterung fanden die Schwie-
rigkeiten, die einer Durchführung des Lehrplans im jetzigen Zeitpunkt noch entgegen-
stehen. Es wurde betont, dass es gänzlich verfehlt wäre, diese Schwierigkeiten zu über-
 
Annotationen