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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — 1.1907

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Heft VI (Juni 1907)
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Kolb, Gustav: Der neue Lehrplan für Zeichenunterricht an den württ. Volksschulen, [2]
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Für einfache Schulverhältnisse
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https://doi.org/10.11588/diglit.31624#0089

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69

7. Der Lehrplan ist in den meisten Schulen nur dann durchführbar, wenn es
gelingt, die Stoffauswahl und - anordnung so zu treffen, dass ein geringer
Lehrmittelaufwand genügt. (Von diesem Gesichtspunkt aus ist die dem Lehrplan
vorangestellte Stoffauswahl nicht immer durchführbar.)
8. Ueberhaupt sind die einfachsten und natürlichsten Hilfsmittel, deren
sich der Unterricht bedient, die zweckmässigsten. Als Zeichenobjekte sind grund-
sätzlich auszuschliessen alle Nachahmungen von Naturgegenständen, wie sie zur-
zeit von verschiedenen Lehrmittelhandlungen empfohlen werden.
9. Die Anforderungen an den Zeichenunterricht der Volksschule können
nur b escheidene sein, was insbesondere in der Uebergangszeit zu berücksichtigen ist.
10. Bei der Prüfung sind die Arbeiten nach ihrem erziehlichen, nicht nach
ihrem Ausstellungswert zu beurteilen. Die Beurteilung soll daher nicht nach einer
Sammlung von Arbeiten, sondern auf Grund eingehender Prüfung des Unterrichts
stattfinden.
11. Der Visitator sollte seine Aufgabe vor allem darin sehen, den Lehrern
Anregung zu geben, um sie in den richtigen Geist des Unterrichts einzuführen.

Für einfache Schulverhältnisse.::)

Die Kaffetasse. Wie wenig bewusst man in der Regel selbst Gegenstände, die man
tagtäglich vor Augen hat, ansieht, das nehmen wir wahr, wenn beispielsweise die Aufgabe
an uns herantritt, die Tasse, aus der wir täglich Kaffee trinken, aus dem Gedächtnis zu
zeichnen. Wenn ich die Kaffeetasse im Unterricht behandle, stelle ich als Vorbereitung

in der Stunde vorher
die Aufgabe: „Zeich-
net mir einmal aus
dem Kopf die Tasse,
aus der Ihr morgens
Euren Kaffee trin-
ket!“ Die Schüler
werden auf diese
Weise veranlasst, ihre
Kaffeetasse genau zu
betrachten und sich
die charakteristischen
Merkmale herauszu-
suchen. Jeder Schüler
bringtnun seine Tasse
in die Schule mit.
Darnach wird ge-

Abbildung 4.



zeichnet. Die Kaffeetasse wird also als Klassenaufgabe behandelt. Der Weg, wie die Tasse
am leichtesten zu zeichnen ist, muss vom Lehrer gezeigt und an der Wandtafel vorgezeichnet
werden. (Siehe Abbildung 4, Nebenfigur ) Zuerst zeichnet man ein Rechteck, das die äussersten
Punkte der Tasse in Höhe und Breite enthält. Der Henkel bleibt zunächst unberücksichtigt.
Hierauf bestimmt man die Breite der oberen Ellipse, zieht die untere Tangente derselben
und zeichnet die Ellipse. Nun kommen die beiden Seitenlinien, deren Lage mittelst
der Senkrechten leicht festzustellen ist. Der sichtbare Teil der unteren Ellipse ist hinsicht-
lich seiner Abweichung von der Wagrechten rechts und links am besten dadurch zu kon-

*) Einem vielfach geäusserten Wunsche entsprechend werden wir von jetzt ab in jedem
Heft unter dieser Aufschrift ein einfaches Beispiel aus der Schulpraxis bringen und hoffen damit
vielen Lehrern, besonders solchen an Volksschulen, eine praktische Handreichung zu bieten.
Die Schriftleitung.
 
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