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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — 1.1907

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Heft VI (Juni 1907)
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Kolb, Gustav: Der neue Lehrplan für Zeichenunterricht an den württ. Volksschulen, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.31624#0088

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des Landes sind und dass für diese Posten nur besonders hervorragende, künstlerisch
und pädagogisch vollwertig ausgebildete Fachleute in Betracht kommen sollten.
Wie ich höre, beabsichtigt die Oberschulbehörde für die im Amt befindlichen
Lehrer Zeichenkurse abzuhalten und der freiwilligen zeichnerischen Aus-
bildung der Lehrer jegliche Unterstützung zu gewähren. Eine grosse Anzahl
von Lehrern hat sich schon bisher mit den neuen Wegen vertraut gemacht und
kann somit anderen wieder zu Wegeleitern werden.
Nach meinen Beobachtungen erscheint es mir notwendig, zu betonen, dass
Zeichenkurse nur solchen Lehrern übertragen werden sollten, die die Gewähr dafür
bieten, dass sie in den Geist des Lehrplans einzuführen vermögen und die aus
ihrer Unterrichtspraxis heraus Anregung geben können.
Das kann für mich allerdings keine Frage sein, dass das Tempo bei Durch-
führung des neuen Lehrplans ein langsames sein muss und sein wird, dass
man besonders in den ersten Jahren keine grossen Erfolge erwarten darf. Ich
möchte auch hier darauf hinweisen, dass die Anforderungen, die man an den
Zeichenunterricht der Volksschule stellt, überhaupt bescheiden sein müssen. Ins-
besondere müsste der Visitator es verstehen, seinen Lehrern Anregung zu geben.
Er müsste gerade in der Uebergangszeit seine Haupttätigkeit dieser positiven Seite
zuwenden und in der Kritik masshalten.
Und nun möchte ich zum Schluss dieser kurzen Ausführungen die Bitte an Sie
richten: Stellen Sie sich in den Dienst dieser schönen Lehraufgabe, setzen Sie Ihre
ganze Kraft ein zur Durchführung des neuen Lehrplans, Sie werden sich dann reichlich
belohnt fühlen durch Ihre Erfolge und werden aus den leuchtenden Augen Ihrer Schüler
jeden Tag die Botschaft vernehmen, dass Ihre Mühen goldene Früchte gezeitigt haben.
Leitsätze.
1. Der neue Lehrplan für Zeichnen an den Volksschulen, der das Zeichnen
als Pflichtfach festsetzt, bedeutet einen grossen, vielleicht den grössten Fortschritt,
den wir auf diesem Gebiet in Württemberg in den letzten Jahrzehnten gemacht
haben. Der Lehrplan ist durchaus auf moderner Grundlage aufgebaut und ermöglicht
eine Durchführung des Unterrichts im Sinne der Zeichenunterrichtsreform.
2. Besondere Vorzüge des Lehrplans sind, dass er die Verbindung des Zeich-
nens mit den übrigen Lehrfächern anstrebt und das Zeichnen in den Dienst der
allgemeinen Geistesbildung stellt, sowie dass er den Lehrer nicht durch ins ein-
zelne gehende Bestimmungen bindet, sondern ihm volle Bewegungsfreiheit gewährt.
3. Der Durchführung des Lehrplans in' der Praxis stehen verschiedene Hin-
dernisse entgegen. Bis diese überwunden sind, muss die Durchführung in lang-
samem Tempo geschehen.
4. Es ist eine Organisation zwecks Weiterbildung der Lehrer zu schäften,
wodurch die zeichnerische Befähigung der Lehrer, wie sie der Lehrplan voraussetzt,
in Bälde erreicht wird.
5. Besonderer Nachdruck ist zu legen auf die Teilung von Klassen mit allzu
grosser Schülerzahl, die vom Lehrplan vorgeschrieben und für einen Erfolg im
Zeichnen unerlässlich ist.
6. Zeichenkurse sollten nur von solchen Lehrern erteilt werden, die die
genügende künstlerische Ausbildung besitzen und in der Lage sind, aus ihrer l nter-
richtspraxis heraus Anregung zu geben.
 
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