Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — 1.1907

DOI Heft:
Heft X (Oktober 1907)
DOI Artikel:
Kolb, Gustav: Die badische Landeszeichenausstellung in Karlsruhe
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.31624#0128

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
108

Aus diesen und aus anderen Anzeichen entnehme ich zweierlei: 1. Dass die
äusseren Unterrichtsergebnisse sehr hoch, vielleicht allzuhoch gewertet
werden. (Die Erfahrung lehrt aber, dass diese mit den wirklichen Leistungen nicht
nur nicht identisch sind, sondern diesen sogar entgegengesetzt sein können.) 2. Dass
es den Lehrern in mancher Hinsicht an der genügenden Bewegungsfreiheit
zu fehlen scheint.
Dem tüchtigen Lehrer muss aber weitgehende Freiheit gewährt werden, denn
nur dann kann er seine ganze Kraft entfalten. Die Weiterentwicklung eines Faches
beruht ja gerade darin, dass man die Fähigen und Strebsamen neue, eigene Wege
ausprobieren lässt.
Neuen Methoden begegnete man in der Ausstellung eigentlich selten. Ich
wunderte mich, dass man in einem Lande, das so viele tüchtige Lehrkräfte besitzt,
zur Lösung einiger der bedeutsamsten aktuellen Fragen wenig oder gar nichts bei-
trägt. Um nur zwei Punkte zu nennen, die gegenwärtig die Zeichenlehrerschaft
lebhaft beschäftigen. Das ist einmal das Problem: Auf welche Weise lässt sich das
Formen und Modellieren zur Ausbildung des plastischen Sinns in unseren allge-

Abbildung 4.


meinbildenden Schulen einführen? Dann die Frage: Wie lässt sich das Zeichnen
im Freien für sämtliche Klassen durchführen?
Versuche im Formen und Modellieren sah ich nirgends, ich schliesse daraus,
dass solche nicht gepflegt werden. Das Zeichnen im Freien behält man für die
Oberklassen vor und auch da häufig nur für den fakultiven Unterricht oder für
einzelne besonders begabte Schüler.
Meinem Standpunkt läuft es ferner zuwider, eine Disziplin wie die Einführung
in die Perspektive mittelst geometrischer Körper verbindlich zu machen. Das
geht schon gegen das Recht der freien Forschung , das auch dem Zeichenlehrer
besonders in Zeiten des Umschwungs gewährt werden muss. Die Erfahrung hat
gelehrt, dass es in diesem Punkt nicht nur einen gangbaren Weg gibt. Gegen
eine verständige massvolle Benützung der geometrischen Körper soll gewiss nichts
eingewendet werden. So extrem und fanatisch sind wir nicht. Benütze sie darum
derjenige immerhin, der ohne sie nicht auskommt. Andererseits haben aber her-
vorragende Fachleute durch praktische Arbeit nachgewiesen , dass sie sehr wohl
entbehrlich sind.
Die Ausstellung zeigte ferner, dass die systematisch aufgebauten Lehr-
gänge in den badischen Schulen durchweg eine den Unterricht bestimmende Bolle
 
Annotationen