2
sich mehr und mehr als siegreich erwiesen. Sie be-
ruhen zunächft darin, die Evkenntnisse, die einfrühe-
res Geschlechi errungen, nichk preiszugeben, sondern
sie weiterzupflegen, sa weiterzubAden im Sinne des
<Wortes: „Mas du ererbt von deinen Vätern, er-
wirb es, um es zu besitzen". Wer so gesinnt ist, wird
nuf dem Erreichten nicht ausruhen, sondern ohne
Riiärsicht auf eigene Bequemlichkeik ein Suchender
bleiben. Dann wird er auch sein Auge nichk verschlie-
tzen für die Sendung, für die neue Aufgabe, die
unserem Geschlecht vorbehalten blieb.
Diese Aufgabe üarf im Wesentlichen heute als ge-
klärt gelten. Namentlich das ledte Iahr hat zur Klä-
rung EntschÄdendes beigetragen. Ohne Zweifel: Die
Nebel haben sich zerteilt, Ziel und Wege liegen nun
als Ganzes offen vor uns. Das neue Ziel liegt hoch
und es liegt abseits von makerialistischer Welkan-
schauung und mechanistischer Lebensdeutung auf der
Ebene neuerweckker Seelenkunde und Lebenslehre.
Ein Wort Goethes möge es beleuchken: „Der Mensch
kann nicht lange im bewutzten Zuskande verharren;
er mutz sich wieder ins Ilnbewußte stürzen; denn dar-
in lebt seine Wurzel". Ilnd noch ein Wort des er-
staunlich hellsichtigen Romantikers Carus möge hier
stehen: „Iedes echte Können erwächst aus dem Iln-
bewußten."
Bei diesem Ringen um einen neuen, iieferen und
lebensmächtigeren Sinn unserer Erziehungsaufgabe
handelt es sich also gewitz nicht um Erfindung neuer
Methödchen Linzelner. Was ouf diese Weise künsk-
lich in die Welk geseht wird, ist wert, datz es ebenso
rasch, wie es gekommen. isk, wieder vergeht — und es
wird auch vergehen!
Die durchgreifende Klärung dieser Fragen kann
vielmehr nur auf breiter Grundlage gescheyen. Dar-
um sind heute „in einer Zeik des sterbenden Eros",
wie Ludwig Kiages kürzlich sagte, Arbeiksgemein-
schaften, die sich in helfender Bruderliebe einer Sache
selbstlos hingeben, so wertvoll. Es gehört zum Erfreu-
ltchsten, was wir derzeit erleben dürfen, daß sich über-
all im deukschen Baterlande solche Gemeinschafien bil-
den. Möge sich unser Reichsverband als eine große
Arbeiksgemeinschaft fühlen, die die kleinen innerlich
verbindend zusammenschließt!
Mutz es uns nicht Alle mit freudigem Stolz er-
füllen, im Ringen um die neue Erziehung, wie uns in
lehker Zeit von Außenstehenden oft versichert wurde,
in vorderster Linie zu stehen!
Gerviß ifl es auch das fortwährende Erleben der
Schönheik und Grötze unseres Berufes und das selbst-
lose Hingeben an unsere Erziehungsaufgabe, u>as uns
seelisch frisch erhält und uns über manches Drückende
des täglichen Lebens hinweghilft.
Wir hätten kein Rechk, in diesem Sinne zu spre-
chen und immer wieder zu mahnen, wenn wir dar-
über der tatsächlichen materiellen Lage vergäßen,
die auf der Mehrheit unserer Amtsgenossen lastet.
Darum wird Kunfl und hugend, die bei ihrer
Gründung die Pflicht übernohm, eine „vornehme
Fachzeitschrifk" zu sein, neben üem Bemühen um
unsere Erziehungsaufgabe auch um die Befriedung
der dienstrechtlichen Berhältnisse der deutschen Zei-
chenlehrerschaft kämpfen müsien. Zumal, solange das
Besoldungsunrecht und die „Oualifikakionsschande"
am Herzen unserer preußifchen Amtsgenossen frißt,
können wir es uns nicht geskatten, uns vornehm hin-
wegzusehen über Zustände, die die Arbeitssreude ver-
nichken. 3n einer vergisteten Lufi vermag keine
Pflanze zu gedeihen, am wenigsten das Mrte Plänz-
chen Liebe und Hingabe an einen Beruf. Das mögen
dte Behörden bedenken, die die Pflicht und die
Macht haben, hier helfend einzugreifen. Unsere Amts-
genossen möchten wir aber bitken, uns durch sachliche
Aufsätze in diesem Kampfe zu unterftühen, wobei wir
jedoch die Bedingung stellen müsien, Unkerrichksfragen
und materielle Fragen reinlich klar zü trennen. .
Allen unseren lieben Amtsgenossen im -eutschen
Sprachgebiek möchken wir aber zum Beginn -es
Neuen llahres angesichts der Muklosigkeit und
Berbitkerung, üie viele von uns derzefi beherrscht,
das Wort des schwäbischen Dlchters zurufen: „Zn
Fährden und in Nöten zeigk erst der
Mann sich ech t!" '
G. Kolb.
Synoptik ^ L-^ ^
Von Walkher Behm, Berlin-Friedenau.
(Berglelche dazu die Kunstdruckbeilage Seike 1, 2 und 3H
Die im nachfolgenden Aufsah vorgetragenen Ge-
danken des Kollegen Behm, Berlin berühren eine
Richtung der künstlerischen Gestaltuny, die schon
deswegen interessieren mutz, weil hier ein neuer
Weg vorgezeichnek wird. Neuen Problemen ernstlich
nachzugehen, ist für den denkenden Kunsterzieher
ein Bedürfnis. Es ist der Drang zur Mahrheit, jenes
faustische Element, das vielen Kunsterziehern ange-
boren ist. Leben ist Bewegung, die Kunst als ein
wertvoller Teil dieses Lebens bleibt nur echt, das
heißt lebendig, wenn sie die lebendigen Ströme der
Zeit, den aus der Lebensentwicklung herausgebore-
nen Zeitgeist, in sich verarbeiket, um daraus den
Skilwillen der Zeit zu formen. Der Kunskerzieher
darf an diesen Stilwillen nicht überheblich vorbei-
gehen, wenn er nichk als störendes, fremdes Elemenk
in diesem Entwicklungsprozetz gebrandmarkk werüen
will. 3ch schreibe diese Gedanken mtt vollster Ueber-
legung, weil ich weitz, datz es auch in unseren Reihen
gleich wieder Leuke geben wird, die Farbenhören
und Formhören von vornherein als üble Mode^
angelegenheit mit sehr geringschätzender Handbewe-
gung abkun werden. Mik Pädagogen von solcher Ein-
stellung sich weiter über diese sehr inkeresiante An-
gelegenheit zu unterhalten, ist natürlich völlig zweck-
los. Mein Grundsatz ist, Schlafende in threm
ruhigen Schlaf nicht zu stören. Ich ivende mich also
mit meinem kurzen Dorwort nur an die Wachenden
unter den Kunsterziehern, an solche Leute, denen
ernste Auseinandersehung mik den Problemen eigene
sich mehr und mehr als siegreich erwiesen. Sie be-
ruhen zunächft darin, die Evkenntnisse, die einfrühe-
res Geschlechi errungen, nichk preiszugeben, sondern
sie weiterzupflegen, sa weiterzubAden im Sinne des
<Wortes: „Mas du ererbt von deinen Vätern, er-
wirb es, um es zu besitzen". Wer so gesinnt ist, wird
nuf dem Erreichten nicht ausruhen, sondern ohne
Riiärsicht auf eigene Bequemlichkeik ein Suchender
bleiben. Dann wird er auch sein Auge nichk verschlie-
tzen für die Sendung, für die neue Aufgabe, die
unserem Geschlecht vorbehalten blieb.
Diese Aufgabe üarf im Wesentlichen heute als ge-
klärt gelten. Namentlich das ledte Iahr hat zur Klä-
rung EntschÄdendes beigetragen. Ohne Zweifel: Die
Nebel haben sich zerteilt, Ziel und Wege liegen nun
als Ganzes offen vor uns. Das neue Ziel liegt hoch
und es liegt abseits von makerialistischer Welkan-
schauung und mechanistischer Lebensdeutung auf der
Ebene neuerweckker Seelenkunde und Lebenslehre.
Ein Wort Goethes möge es beleuchken: „Der Mensch
kann nicht lange im bewutzten Zuskande verharren;
er mutz sich wieder ins Ilnbewußte stürzen; denn dar-
in lebt seine Wurzel". Ilnd noch ein Wort des er-
staunlich hellsichtigen Romantikers Carus möge hier
stehen: „Iedes echte Können erwächst aus dem Iln-
bewußten."
Bei diesem Ringen um einen neuen, iieferen und
lebensmächtigeren Sinn unserer Erziehungsaufgabe
handelt es sich also gewitz nicht um Erfindung neuer
Methödchen Linzelner. Was ouf diese Weise künsk-
lich in die Welk geseht wird, ist wert, datz es ebenso
rasch, wie es gekommen. isk, wieder vergeht — und es
wird auch vergehen!
Die durchgreifende Klärung dieser Fragen kann
vielmehr nur auf breiter Grundlage gescheyen. Dar-
um sind heute „in einer Zeik des sterbenden Eros",
wie Ludwig Kiages kürzlich sagte, Arbeiksgemein-
schaften, die sich in helfender Bruderliebe einer Sache
selbstlos hingeben, so wertvoll. Es gehört zum Erfreu-
ltchsten, was wir derzeit erleben dürfen, daß sich über-
all im deukschen Baterlande solche Gemeinschafien bil-
den. Möge sich unser Reichsverband als eine große
Arbeiksgemeinschaft fühlen, die die kleinen innerlich
verbindend zusammenschließt!
Mutz es uns nicht Alle mit freudigem Stolz er-
füllen, im Ringen um die neue Erziehung, wie uns in
lehker Zeit von Außenstehenden oft versichert wurde,
in vorderster Linie zu stehen!
Gerviß ifl es auch das fortwährende Erleben der
Schönheik und Grötze unseres Berufes und das selbst-
lose Hingeben an unsere Erziehungsaufgabe, u>as uns
seelisch frisch erhält und uns über manches Drückende
des täglichen Lebens hinweghilft.
Wir hätten kein Rechk, in diesem Sinne zu spre-
chen und immer wieder zu mahnen, wenn wir dar-
über der tatsächlichen materiellen Lage vergäßen,
die auf der Mehrheit unserer Amtsgenossen lastet.
Darum wird Kunfl und hugend, die bei ihrer
Gründung die Pflicht übernohm, eine „vornehme
Fachzeitschrifk" zu sein, neben üem Bemühen um
unsere Erziehungsaufgabe auch um die Befriedung
der dienstrechtlichen Berhältnisse der deutschen Zei-
chenlehrerschaft kämpfen müsien. Zumal, solange das
Besoldungsunrecht und die „Oualifikakionsschande"
am Herzen unserer preußifchen Amtsgenossen frißt,
können wir es uns nicht geskatten, uns vornehm hin-
wegzusehen über Zustände, die die Arbeitssreude ver-
nichken. 3n einer vergisteten Lufi vermag keine
Pflanze zu gedeihen, am wenigsten das Mrte Plänz-
chen Liebe und Hingabe an einen Beruf. Das mögen
dte Behörden bedenken, die die Pflicht und die
Macht haben, hier helfend einzugreifen. Unsere Amts-
genossen möchten wir aber bitken, uns durch sachliche
Aufsätze in diesem Kampfe zu unterftühen, wobei wir
jedoch die Bedingung stellen müsien, Unkerrichksfragen
und materielle Fragen reinlich klar zü trennen. .
Allen unseren lieben Amtsgenossen im -eutschen
Sprachgebiek möchken wir aber zum Beginn -es
Neuen llahres angesichts der Muklosigkeit und
Berbitkerung, üie viele von uns derzefi beherrscht,
das Wort des schwäbischen Dlchters zurufen: „Zn
Fährden und in Nöten zeigk erst der
Mann sich ech t!" '
G. Kolb.
Synoptik ^ L-^ ^
Von Walkher Behm, Berlin-Friedenau.
(Berglelche dazu die Kunstdruckbeilage Seike 1, 2 und 3H
Die im nachfolgenden Aufsah vorgetragenen Ge-
danken des Kollegen Behm, Berlin berühren eine
Richtung der künstlerischen Gestaltuny, die schon
deswegen interessieren mutz, weil hier ein neuer
Weg vorgezeichnek wird. Neuen Problemen ernstlich
nachzugehen, ist für den denkenden Kunsterzieher
ein Bedürfnis. Es ist der Drang zur Mahrheit, jenes
faustische Element, das vielen Kunsterziehern ange-
boren ist. Leben ist Bewegung, die Kunst als ein
wertvoller Teil dieses Lebens bleibt nur echt, das
heißt lebendig, wenn sie die lebendigen Ströme der
Zeit, den aus der Lebensentwicklung herausgebore-
nen Zeitgeist, in sich verarbeiket, um daraus den
Skilwillen der Zeit zu formen. Der Kunskerzieher
darf an diesen Stilwillen nicht überheblich vorbei-
gehen, wenn er nichk als störendes, fremdes Elemenk
in diesem Entwicklungsprozetz gebrandmarkk werüen
will. 3ch schreibe diese Gedanken mtt vollster Ueber-
legung, weil ich weitz, datz es auch in unseren Reihen
gleich wieder Leuke geben wird, die Farbenhören
und Formhören von vornherein als üble Mode^
angelegenheit mit sehr geringschätzender Handbewe-
gung abkun werden. Mik Pädagogen von solcher Ein-
stellung sich weiter über diese sehr inkeresiante An-
gelegenheit zu unterhalten, ist natürlich völlig zweck-
los. Mein Grundsatz ist, Schlafende in threm
ruhigen Schlaf nicht zu stören. Ich ivende mich also
mit meinem kurzen Dorwort nur an die Wachenden
unter den Kunsterziehern, an solche Leute, denen
ernste Auseinandersehung mik den Problemen eigene