l37
2im»N' wiedcrholen sich in der Aatur dieselhe» Vor-
aängei Die Sonne gcht auf und unler, der Minter
wechsolt mit Lein Soimner, beiin Gehen und Laufen
loicderholen wir dieselben Vewesiunffen, die cianze
Llatur, das c;anze Weltaii, isl rhythmisch. Es kann
gar nicht anders sein, ais datz diese Einpränunjien
in nns das natüriiche Gefühl für Vhyihmus hervor-
brincien, das fich in aiieiii, was Alenschenhand ye-
staitet, ausspricht. Oder wir erieben ieden Aujien-
biick die Wirknnn der Schwerkrast. Wir sehen, dafi
etwas im Gieichüewichl stehen mufi, wenn es nicht
saiien soii, unser Körpcr selbst ist nach dein Gieich-
H'ewicht oriianisiert. Soiile sich uns da »ich'l ein Ge-
sühi sür das Gieichjiewicht der 'Zslassen einpräüen
unü in aiicin unserem Schaffen unbewusit mit-
sprechen? l!n eincr Fiächenausteiiunn, in einem Bitd-
aufban und in unmhiigen nndern Fäiien gelnngt es
mir Anwendung. Das sind nwei Veispiele fttr vieie.
Mer aber dicse Kunslgesesie formuiieren woiite,
würde der Kunst keine» vesseren Dienst erweisen ais
Meister Veckmesser. Der biidhnft Gestallende brauch!
diese Gesesje nichl zu wissen, noch weniger zu ierncn:
genug, dasi cr sie in sich trägt u»d ihrer Wirkung
foigt. Doch der Kunstercheher, dieser merkwürdige
Mensch, der können und wissen musz, soii sie in seln
TageSbewlisjtscin aiifnehmen und bewusit anwenden.
Das gehört sicheriich zum Gebiet seiner Erziehungs-
kunst, und so iäsjl sich mit einiger Einschräiikung
wohl sagen, dasj auch Kunst sich lehre» lasse. Gcwisj
ist nicht aiies lehrbar, aber wenn behauptet wird,
K u n st sei überhaup 'l n i ch t iehrba r, n u r
das ünndwerk iasse s i ch lehren, so ist
dicser Standpunkt viel zu eng und in seiner wurzel-
hastcn Ausprägung faisch. Wer das behauptet, be-
weist damit, dasj er das Wesen unseres Kunstunter-
richts nicht verstchi. Schöpferische Kräfte freimachcn,
wie unser GestailungSuirlerricht wili, heißt nicht nur
Eriebnisse auswerten, sondern auch die inneren
Kiinskgeseiie in den Geslaitungsvorgnng mit ein-
spinnen. Wer bei dem Wort „lehren" nur an aite
„ivissenjchaftiiche" Lehrweisen denkt, weis; nichlS von
dem, waü iehren im Sinne von „biiden" heisjt. Wir
haben grosje Achtung vor dem Landwerk, eS ist ein
nolwendiger Vestandteil des bildhafken Gestaitens,
abcr wenn sich der Kunstuntcrrichk darauf beschränken
woiitc, wäre er arm und verdienke seinen Aamen
iiaiiiii.
Es gibt iittchleriie Alcnschen, die aus dem Worl
„crtcben", wenn eS sich auf künstierische Dinge be-
.jieht, nichk viei machen können. Das sind die gan.i
absirakten Aakuren und die aiisschiiesziichen Nnljiich-
keitsmenschen. Auch ist die Erlebnisfähigkcil nur
immcr in dem seelischen Machtgebiet besonders stark.
Die Sage, das, Pylhagoras den Götkern eine Zeka-
iombc gcopferl habe, ais er seinen berühmken Lehr-
sat, faiid, mag dafür aiS Wnhrzeichen geltsn. —
Künstier wie aiie Schafsende» sind besonders eriebniS-
reich, weii eben dns Eriebnis die Ilrzelie des Schaf-
fens ist und diescs umgekehrt wieder Queiie des Er-
iebens wlrd.
Für die K u n st b e t r a ch t u n g und daS Empsin-
ücii künstierischer Werke ist daS Erlebnis Vedingung.
Line Saite tönt nur dann mit, wenn sie auf die
kiingende eingestimmt ist, und ei» gestaltekes Erleb-
nis ses,t nur solche Seeien in Schwingungen, die durch
gieiche odec ähnliche Erlebnisse innerlich damit ver-
bunden sind. Das sind bekannte Dinge, aber wir
müisen immer wieder darauf hinweise», wenn von
phiioiogischer Kunstbetrachtung die Aede ist. Es hat
gar keinen Sinn, den Kindern eine glatte
Likhographie des Kaisers Friedrich
v o r z u z e i g e n u n d ihr Werturteil zu er-
f r a g e n, und es ist reichiich »aiv, sich darüber zu
wundern, das, sie ein Selbstbüdnis Äembrandls »icht
hochschäsjen. Ebenso wäre cs voiikommen verfehil,
den Kindern, die mit diesen Bildern noch kein
Schaffenseriebnis verbinden köniien, das Ilnkllnst-
ierische in dem einen und das Künsklerische im
andern „kiarmachen" zu wolien. Es ist nichts anderes
üenkbar, alS das, Kunstwerke erlebt seln müssen,
weiin sich ein wahces Werturteii, das auf bioiogischer
Grundlage ruhk und nicht eingeiernt ist, biiden soll.
Und grrade die technische Sprache in ihnen mus; der
Wertsesiende erlebt haben, wenn er urteilen soii,
weii sie e>n wesentiichcr Bestandteil der Form und
der Gestaltung ist. — Freiüch gibt es auch Fäiie, in
üenen dcr Kunstiehrer bei der Betrachtung eines
Kunstwerks die aus dem Leben geflossenen Eriebnisse
„heraussteilt", um das Weck dem Berständnis näher
zu bringen. llndessen ist es auch hier wieder nur
üas Eriebnis, das die Seeie zum Mitschwlngen bringt,
nicht eine blosze Erkiärung.
Wir sehen, das; sich bei dcr Lluswertung des Er-
iebnisses immerhin manches darbietet, das sich im
Gebiete der Kunst „lehren" iäszk. Ma» braucht wirk-
üch »icht an dns wie ein Ariom verkündeke Wort zu
giauben, das, nicht üie Kunst, sonüern nur das Hand-
werk lehrbar sei, seibst wenn diese scheinbare Grund-
wahrheit unker der Ankündigung steht, dasj sie zu
dem „Bleibenden" in künstierischen Lehrfragen ge-
höre. Was ist bieibend? Haben die grosjen Gelehrten,
die wir verehren, immer etwas Bleibendes gesagt?
Aiies ist ewigeS Fiiesjen. Seibst in der rhythmischen
Wiederkehr des scbeinbar Gieichen wiederholt sich
nieniais das Aite. Ilnd darum hat Ben Akiba un-
recht, den Karl Gus,kow sngen läs,t, es sei schon alles
dagewesen. Nichts kehrk wieder, wie es war, und
iiichks ist bieibend. Dafür sorgk der in allem Lebenden
wirkende Pian der Entwickiung, dessen Quelle im
eivig fortdauernden aber niemals gleichbleibenden
Eriebcn iiegt.
Zur Lage. Brldungsaufgaben, Verbandsaufgaben
Bon Gevrg Stiehler, Leipzig.
ünserc B i i d u n g s a u f g n b e n suchen die a m t-
iichcn L! i ch k l i n i e n in den Ländern zu um-
rcisicn. Wir könnten uns begnügen, die amtiichen
'.'iichtünicn sür dic aiigemeinbiidenden Schulen der
Ländcr hicr auszusühren. Der Zeichen- und Kunst-
iehrer erfährt aus ihnen die von der Behörde ihm
gesteiike Aufgabe. ^ ,
Diese Aufgabe enthält ein Bieifaches: Gestalten
mit künstleri sch en Mitteln im Zeichnen.
Formen, Basteln, W e r k s ch a f f e n! Dar -
2im»N' wiedcrholen sich in der Aatur dieselhe» Vor-
aängei Die Sonne gcht auf und unler, der Minter
wechsolt mit Lein Soimner, beiin Gehen und Laufen
loicderholen wir dieselben Vewesiunffen, die cianze
Llatur, das c;anze Weltaii, isl rhythmisch. Es kann
gar nicht anders sein, ais datz diese Einpränunjien
in nns das natüriiche Gefühl für Vhyihmus hervor-
brincien, das fich in aiieiii, was Alenschenhand ye-
staitet, ausspricht. Oder wir erieben ieden Aujien-
biick die Wirknnn der Schwerkrast. Wir sehen, dafi
etwas im Gieichüewichl stehen mufi, wenn es nicht
saiien soii, unser Körpcr selbst ist nach dein Gieich-
H'ewicht oriianisiert. Soiile sich uns da »ich'l ein Ge-
sühi sür das Gieichjiewicht der 'Zslassen einpräüen
unü in aiicin unserem Schaffen unbewusit mit-
sprechen? l!n eincr Fiächenausteiiunn, in einem Bitd-
aufban und in unmhiigen nndern Fäiien gelnngt es
mir Anwendung. Das sind nwei Veispiele fttr vieie.
Mer aber dicse Kunslgesesie formuiieren woiite,
würde der Kunst keine» vesseren Dienst erweisen ais
Meister Veckmesser. Der biidhnft Gestallende brauch!
diese Gesesje nichl zu wissen, noch weniger zu ierncn:
genug, dasi cr sie in sich trägt u»d ihrer Wirkung
foigt. Doch der Kunstercheher, dieser merkwürdige
Mensch, der können und wissen musz, soii sie in seln
TageSbewlisjtscin aiifnehmen und bewusit anwenden.
Das gehört sicheriich zum Gebiet seiner Erziehungs-
kunst, und so iäsjl sich mit einiger Einschräiikung
wohl sagen, dasj auch Kunst sich lehre» lasse. Gcwisj
ist nicht aiies lehrbar, aber wenn behauptet wird,
K u n st sei überhaup 'l n i ch t iehrba r, n u r
das ünndwerk iasse s i ch lehren, so ist
dicser Standpunkt viel zu eng und in seiner wurzel-
hastcn Ausprägung faisch. Wer das behauptet, be-
weist damit, dasj er das Wesen unseres Kunstunter-
richts nicht verstchi. Schöpferische Kräfte freimachcn,
wie unser GestailungSuirlerricht wili, heißt nicht nur
Eriebnisse auswerten, sondern auch die inneren
Kiinskgeseiie in den Geslaitungsvorgnng mit ein-
spinnen. Wer bei dem Wort „lehren" nur an aite
„ivissenjchaftiiche" Lehrweisen denkt, weis; nichlS von
dem, waü iehren im Sinne von „biiden" heisjt. Wir
haben grosje Achtung vor dem Landwerk, eS ist ein
nolwendiger Vestandteil des bildhafken Gestaitens,
abcr wenn sich der Kunstuntcrrichk darauf beschränken
woiitc, wäre er arm und verdienke seinen Aamen
iiaiiiii.
Es gibt iittchleriie Alcnschen, die aus dem Worl
„crtcben", wenn eS sich auf künstierische Dinge be-
.jieht, nichk viei machen können. Das sind die gan.i
absirakten Aakuren und die aiisschiiesziichen Nnljiich-
keitsmenschen. Auch ist die Erlebnisfähigkcil nur
immcr in dem seelischen Machtgebiet besonders stark.
Die Sage, das, Pylhagoras den Götkern eine Zeka-
iombc gcopferl habe, ais er seinen berühmken Lehr-
sat, faiid, mag dafür aiS Wnhrzeichen geltsn. —
Künstier wie aiie Schafsende» sind besonders eriebniS-
reich, weii eben dns Eriebnis die Ilrzelie des Schaf-
fens ist und diescs umgekehrt wieder Queiie des Er-
iebens wlrd.
Für die K u n st b e t r a ch t u n g und daS Empsin-
ücii künstierischer Werke ist daS Erlebnis Vedingung.
Line Saite tönt nur dann mit, wenn sie auf die
kiingende eingestimmt ist, und ei» gestaltekes Erleb-
nis ses,t nur solche Seeien in Schwingungen, die durch
gieiche odec ähnliche Erlebnisse innerlich damit ver-
bunden sind. Das sind bekannte Dinge, aber wir
müisen immer wieder darauf hinweise», wenn von
phiioiogischer Kunstbetrachtung die Aede ist. Es hat
gar keinen Sinn, den Kindern eine glatte
Likhographie des Kaisers Friedrich
v o r z u z e i g e n u n d ihr Werturteil zu er-
f r a g e n, und es ist reichiich »aiv, sich darüber zu
wundern, das, sie ein Selbstbüdnis Äembrandls »icht
hochschäsjen. Ebenso wäre cs voiikommen verfehil,
den Kindern, die mit diesen Bildern noch kein
Schaffenseriebnis verbinden köniien, das Ilnkllnst-
ierische in dem einen und das Künsklerische im
andern „kiarmachen" zu wolien. Es ist nichts anderes
üenkbar, alS das, Kunstwerke erlebt seln müssen,
weiin sich ein wahces Werturteii, das auf bioiogischer
Grundlage ruhk und nicht eingeiernt ist, biiden soll.
Und grrade die technische Sprache in ihnen mus; der
Wertsesiende erlebt haben, wenn er urteilen soii,
weii sie e>n wesentiichcr Bestandteil der Form und
der Gestaltung ist. — Freiüch gibt es auch Fäiie, in
üenen dcr Kunstiehrer bei der Betrachtung eines
Kunstwerks die aus dem Leben geflossenen Eriebnisse
„heraussteilt", um das Weck dem Berständnis näher
zu bringen. llndessen ist es auch hier wieder nur
üas Eriebnis, das die Seeie zum Mitschwlngen bringt,
nicht eine blosze Erkiärung.
Wir sehen, das; sich bei dcr Lluswertung des Er-
iebnisses immerhin manches darbietet, das sich im
Gebiete der Kunst „lehren" iäszk. Ma» braucht wirk-
üch »icht an dns wie ein Ariom verkündeke Wort zu
giauben, das, nicht üie Kunst, sonüern nur das Hand-
werk lehrbar sei, seibst wenn diese scheinbare Grund-
wahrheit unker der Ankündigung steht, dasj sie zu
dem „Bleibenden" in künstierischen Lehrfragen ge-
höre. Was ist bieibend? Haben die grosjen Gelehrten,
die wir verehren, immer etwas Bleibendes gesagt?
Aiies ist ewigeS Fiiesjen. Seibst in der rhythmischen
Wiederkehr des scbeinbar Gieichen wiederholt sich
nieniais das Aite. Ilnd darum hat Ben Akiba un-
recht, den Karl Gus,kow sngen läs,t, es sei schon alles
dagewesen. Nichts kehrk wieder, wie es war, und
iiichks ist bieibend. Dafür sorgk der in allem Lebenden
wirkende Pian der Entwickiung, dessen Quelle im
eivig fortdauernden aber niemals gleichbleibenden
Eriebcn iiegt.
Zur Lage. Brldungsaufgaben, Verbandsaufgaben
Bon Gevrg Stiehler, Leipzig.
ünserc B i i d u n g s a u f g n b e n suchen die a m t-
iichcn L! i ch k l i n i e n in den Ländern zu um-
rcisicn. Wir könnten uns begnügen, die amtiichen
'.'iichtünicn sür dic aiigemeinbiidenden Schulen der
Ländcr hicr auszusühren. Der Zeichen- und Kunst-
iehrer erfährt aus ihnen die von der Behörde ihm
gesteiike Aufgabe. ^ ,
Diese Aufgabe enthält ein Bieifaches: Gestalten
mit künstleri sch en Mitteln im Zeichnen.
Formen, Basteln, W e r k s ch a f f e n! Dar -