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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 9.1929

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Heft 11 (November 1929)
DOI Artikel:
Bender, Walter: Das Ziel des Ornament-Unterrichts
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Umschau / Sprechsaal / Buchbesprechungen / Schreibe in Angelegenheit
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https://doi.org/10.11588/diglit.27999#0316

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304


Das Ziel des Ornament-Anterrichts

Von Walter B e n d e r - Pforzheim.

Besteht es lediglich darin, die Schüler soweit zu
bringe», dasz sie zuguterletzt Schachteln anstreichen
oder Hefte und Stundenpläne mit netten Bandorna-
menten verzieren können?' Keinesfalls! Das Ziel ist
weit höher zu stecken! Die Schüler sollen Berständnis
lür guke Flächenfüllung, d. h. Berständnis für gute
Berkeilung von Maszen und Linien bekommen: auch
soll der gute Farbsinn, den ja die meisten Kinder von
vornherein mikbringen, welter enkwickelt und geför-
dert werden. Man hört neuerdings oft den Kampf-
ruf: „Weg mit dem Ornament! Wir befinden unS im
Zeitalter der neuen Sachlichkeit, der zweckmäszigen
Wohnkultur, der Wohnmcischiiie!" Wir brauchen
keine bemusterten Tapeten mehr, wir brauchen keine
bemalten Truhen, geschnitzken Möbel: wir verzichten
auf „Perser" und ähnliche Teppiche, ornamentale
Borhänge, verzierte Bilderrahmen! Weg mit dem
Plunder!" Das ist alles gut und recht, nur müszke
bewiesen werden, dasz mit der neueii Wohnkulkur das
Ornciment verschwunden ist.

Ich behaupte: Bein! Wenn wir als Ornament vor
allem die revolutionäre Zickzacklinie meinen, so
müszte man mit „lla" antworten, aber in der Zickzack-
linie isk noch lange nicht das ganze Ornanient inbe-

grifsen. Schauen wir uns doch die Crzeugnisse der
neuen Wohnkultur an! 2st nicht der Ausrisz der
Gebäude, z. B. die Faslade, eine Flächenfüllung siir
sich: mutz nicht jeder Ärchitekt durch Fllllung einer
Fläche mit Rechtecken — lymmetrisch oder unsymine-
trisch — eine ornamentale Grundaufgabe lösen? llsl
dec moderne Architekt mcht'auch im Innenraum vor
dieselbe Aufgabe gestellt? W nicht auch die Ber-
teilung der Wandflächen, Väulen, die Äeberschnei-
dung der Flächenmassen mit Körpern (—eingebauten ,
Alöbeln—) eine ornamental perspektivische Kompo-
sition? (3ch denke gerade an das bekannke Lorbusier-
haus der Äeiszenhofsiedlung in Stuttgart!) Mutz nicht
jeder Archikekt beim Möbelentwurf aus gute Ber-
hältnisse und llntervalle sehen? Man kann sogar
behaupken, dasz erlt seit neuester Zeit das Ornament
in seiner Grundbeoeutung erfaszt wurde!

Früher nahm nian kaum Aücksicht darauf, ob
Beleuchtungskörper oder Heizkörper zum Raum
bzw. zur Fläche paszken: ebensowenig achteke man
darauf, oo der Bodenteppich eine gute Teilung
des Fuszbodens ergab oder die Gröjzenverhältnisse der
Einzelmöbel unker sich gut waren.

Die Veschäftigung mit dem Ornament soll vor
allem unser Auge für die Schönheik guker Verteilung
von Massen und Linien und für guke Farbzusammeii-
stellung empfänglich machen. 2n dcr Schule werden
wir deshalb nicht zu starke Konzelsjonen an die Mode
zu macheii brauchen. Wenn heute auch das Aechteck
und damit die Bertikale und Horizontale bei der
Flächenfüllung „modern" ist, so darf deshalb noch
lange nicht die Kreisform und die gebrochene Linie
in Mißkredit kommen!

- Linienornamenke, Aeihungen, Bandornamente, Ein-
zelfyrmen und hauptsächlich Flächenfüllungeii — lctz-
tere auch mit Hilfe von Flächenteilungen — werden
in der Schule immer noch eine Aolle spielen: aber
die Änwendung wie Ausschmückiing von Heften,
Stundenplänen, Kalendern, Schachteln, Lampenschir-
meii, Entwurf von Decken, Mandbehängen, Sticke-
reien darf nichk Endziel sein, sondern dienk auch nur
als Miktel zuni Zwecke der Erreichung des Endzieles.
Und dieses Ziel vesteht, wie schon gesagt, in der Be-
herrschung der guten Berkeilung von Maszen und
Linien unö damit im Berständnis für sie. Dazu kommt
die Beherrschung guter Farbzusammenstellung. —

Lebendiger als das geometrische Ornanienk ist das
Ornamenk aus Vlumeii, Tieren, Bögeln und Figuren.
Man kann die Veobachtung machen, daiz die Kinder
dieses dem geometcischen vorziehen, weil gerade hier
die Phankasie einen weiten Spielraum hat.

Bergessen wir llbrigens nicht, daß das Berständnis
für ornamenkale Füliung die Grundlage jeder Kom-
position bedeutet!

Amschau

Welkkongresz für Erneuerung der Erziehuug in
, Helsingör 1Ü2S.

12»-^ L^t^Von K. Hils.

Die Hauptthemen, welche auf dem Kougrejz zur
Sprache kamen, waren: Die neue Psychologie und

der Lehrplan, die Frage der Lehrerbildung und die
Anpassung des Lehrplans an die neue Zeit.

Frau Dr. Aotteu betonte die ursprüngliche For-
deruug der neuen Pädagogik „vom Kinde aus". Sie
verlangk vou der neuen Erziehung, dasz sie sich mehr
dem Gefühl des Kindes zuwenden soll. Nicht mehr
der alles zersetzende llnkellekt, der ordnende Berstand
 
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