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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 9.1929

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Heft 4 (April 1929)
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Kolb, Gustav: [Rezension von: Thetter, Friedrich, Künstlerisches Gestalten des Kindes]
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Zu den Abbildungen / Umschau / Buchbesprechungen / Schreibe in Angelegenheit
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https://doi.org/10.11588/diglit.27999#0099

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Schulverhältuisse, nlso fiir Klasjeu ini! mehr cils 30,
hiS zu 45 Schüleru empfiehlt.

IedeufallS lehueii wir die empfaiigeue Anreguiig
uicht ab, souderii fühleu uuS verpflichtet, sie durch
eigeue Iliiterrichtsversuche nachzuprüfen.

Die Broschüre hat uoch eiueu zweiteu Teil, der
sich mit deiu Wortgestalteu befaszt: „W i e die Ge-
d i ch t e der acht - bis u e u u j a h r i g e u Kin -
der eutstaude u" vou Frauz Wuuderer. 3ch
gestehe, dasz mich dieser Beitrag uicht weuiger freute,
wie Thetters Abhaudluug. Die Gedichte, die Wort-
gestaltuugeu diejer ^iuder siud auch uichk weniger
köstlich als die gezeigteu bilduerischeu Gestaltuugen.
Befiuüet sich aber Frauz Wuuderer nicht iu eiuem
Gegeusatz zu Prof. Thetter, weuu er Grimmsche
Marcheu, Kiuderreime, Bollissprllche, kleine Ge-
dichte vou Ilhlaud, Goethe, Llaudius, Morgensteru
vvrträgt uud sagt: „Mahr uud recht aufgeuommene
Kuustmerke veredelu das meuschllche Gemüt, harmo-
uisiereu Leu gauzeu Meuscheu..., das Märchen ist
das Kuiistmerk fllr das Kiud", weuu er also das
kiudliche Gestalteu durch geeiguetes sprachliches Kul-
turgut auregt, besruchtet? Diese Frage darf nicht
iiberseheu werdeu. Sobald nian sie ius Auge faszt,
steigt auch aljobald die audere Frage auf: Wird
üiescS deu Schüleru im Gesamtuuterricht vermittelte
Kuiturgut uicht nuch auf üas bilduerische Gestalten
eiuivirkeu?, das hecht, werden im Bildgestalten nicht
uubewuszt, uuwlllkürlich die im übrigen Anterricht
geweckteu Borstelluugeu aufsteigeu uud auf das Ge-
stalleu eiuwirkeu?

Die uugestörte, harmouische Seele ist eiu Gauzes,
iu sich GeschlosseueS, eiue iuuere Liuheit. Aud keiu
wirklichcr seelischer Lebeusvorgaug, keiue geweckte
Krnst, keiue Borstelluug kauu verloreu gehen. Was
ii,S Aubewuszte versiukt, vermag zu gegebeuer Zeit

iu ähulicher Weise, iu lebeuSvoller Berbiudung mik
andereu Seeleninhaiteu wieder emporzusteigen.

So wäre es also eine Täuschuug, weuu Prof. Th.
anuähme, die Anregungen iu dem von ihm darge-
legteu Unterrjcht im bildnerischen Gestalteu giugeu
alleiu oder vornehmlich vou deu Werkstoffeu aus.
3st es uicht vielmehr so: DaS Betrachteu der Werk-
ltoffe gibk deu Kiudern nur deu Anstosz, dasz auS
der geheimnisvollen Bruuneustube der Seele die viel-
fach genährten Quellen aufsteigen und mit dem Au-
reiz, der von deu vorliegenöeu Werkstoffeu ausgeht,
geheimnisvvll zusammenschliejzeu?

Dasz eiu recht gehaudhabter Uuterricht etwa iu
der Muttersprache segensreich auf den Iluterricht im
bildnerischeu Gestalten eiuwirken kanu — uatürlich
auch umgekehrt der Anterricht im Bildgestalteu auf
daS Wortgestalteu —, das darf uicht überseheu
werden.

AuS dieseu kurzeu Aumerkuugeu ist zu erseheu,
wie auregeud uud fruchtbar Prof. Thetters Äro-
schüre ist. Sie gehört zum Wertvollsten, was für
uuser Arbeitsgeblet in deu letzteu Zahreu erschieu
uud verdieut uusere wärmste Lmpfehluug. Sie isl
auch in der Ausstattuug mustergültig.

Der Wiener Sezession gebührt aber der Dank
dafllr, datz sie sich dieser Seile des Erziehungswesens
so warm und tatkräftig auuimmt. Wenu ernste riu-
geude Kllnstler das eigeutriebige bilduerische Gestal-
teu unserer Schlller erust uehmeu — uud der Wieuer
Borgaug wiederholt sich zur Zeit da uud dort iu
Deutschlaud —, so ist daS eiu bedeutsameS Zeicheu
dafür, dasz sich die neueu Anterrichtsbestrebuugeu,
die von Schulmäiiueru uud Behördeu luauchmal uicht
verstaudeu und bekämpst wurdeu uud werdeu, auszer-
halb der Schule machtvoll durchseheu.

Zu den Abbildungen

Uiisereiu heutigeu Heft ist eiu Neudruck der Zeich-
»u»g „zu dem Aussatz über die Krisis der Pubertät
vou Schäfer-Simmeru, Fraukfurt" beigefllgt. Der
Druck iu Hest 3 ist (ohue Schuld der Druckerei) uu-
befrieüigeud auSgefallen. Wir köuiieu uus uun durch
Beispie! uud Gegeubeispiel davou llberzeugeu, datz
feiuer abgestuste Zeichuuugeu nicht aus unser Tezt-
papier gedruckt werdeu köuuen. Die Sparmajzuahmeu
habeu Gr'cuzeu. — Dauu briugeu wir uoch Wieder-
gabeu zweier Schülerarbeiteu, (Kakteeu aus >der
Boustelluug gezeichuet), der Oberrealschule Ludwigs-
burg, au der uuser Amtsgeuosse Rudolf Wiuter
mit grotzem Erfolg wirkt. Ausere Leser seheu, das;
wir hier keiue Abbilder der Natur vor uns haben,
obwohl diese Formgebilde ben Eiudruck ldes Gewach-
seuseius erweckeu. Die freischasfende Phautasie hat
sich der Eriuueruugeu au 'Zialurformen bemächtig!
uud ueue Gebilde hervorgebracht, die hohen orna-
meutaleu Lleiz besitzeu. Solches Gestalteu ist aber
uicht eiu „Kombiuiercu" vou Eriunsruugeu, als waS
mau iu der Schulpspchologie die Phautasietätigkeit
immer uoch bezeichuet, soiideru eiu Wachstumspro-
zetz, der sich iu der iuuereu Llatur auf geheimnis-
volle Weise vollzieht: das wächst und blüht aus dem
Aubewusiteu, aus dei» Seeleugruud heraus.

Mau beachte dauu auch hier deu Gegeusatz vou
Text und Bilddruck. Die Bilder im Tezt erkläreu
sich aus dem dazu gehörigen Aufsatz uuseres Amks-
genossen B. Peiersen. G. K.

Laiengedanken zur Zeichenausstetlung in der /
Rheinhalle ^).

Ich habe auch eiumal Zeicheuuuterricht gehabt.
Aber üas ist schon lange her. 3n Sezta zeichneten wir
gerade Linien, in Quinta kreisförmige Gebilde, in
Quarta ein Kastanienblatt, in Tertia übten die, die es
uoch nicht konnkeu, weiter am Kastanieublatt, die
Fortgeschrittenen versuchteu sich an eiuer Akauthus-
ranke nach Gipsvorlage, sogar mit Schatkeu! Die
Promineuten wurden in die Geheimnisse des „Baum-
schlags" eingeweiht. Davon gab es zwei Arten, eine
sllr Laub- und eine für Nadelbäume. 2n der Sekunda
kam das geometrische Zeichnen, aber das war schou

* Wir bringe» diese» Mniiah eines Pliolologe» »IS Beweis.
d»ii sich das Derstündnts !»r »»iere Vestrebnnge» in de» Kreise»
der wtiienschasllichen Lehrer doch allmählich Bahn brichl. Mit
nianchem ). B. mil der Anschannng des Bersast'ers iiber Knnstbc-
trachtnng sind wir nichl ganz einig. Die Schris».
 
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