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DarstellunN sind, im Gefühl für Gleichgewicht und
Spomnung, für rechtes Verhältnis von Figur und
Raum, für die formalen Werte der KomposMon und
Aufmachung (Sauberkeit, Delikatesse, Geschmach),
des Dortrags und der Technik u, a.
Die Gabe des gesteigerken Farbschaf-
fensist erkennbar am fühlenden Verständnis für die
Sprache der Farben, für den Eigenrvert im «inzelnen
und dem klanghaften Zusammenwirken mehrerer, für
den Reiz der Valeurs und das Spiel von Hell und
Dunkel.
Die Gabe der Formbehe rrschung tritt
in Erscheinung in dem Vermögen, die Dinge
„richtig", im Sinne einer nalurgetreuen Wiedergabe,
einer Erscheinungs- und Formgemäfcheit, wiederzu-
geben. Dabei ist es gleichgültig, ob dies äuf dem
Wege des Vorstellunbszeichnens oder des Natur-
studiums geschiehk. Frühzeitige Ueberwindung des
schematischen Formbildes und beachtliche Fähigkeit.
räumlichen und plastischen Darstellens sind weitere
Erkennungszeichen dieser Begabungsrichtung. Sie
überrascht durch den Reichtum ües Formenschatzes
und die Klarheit der Vorstellungsbilder und ihrer
Wiedergabe.
Für die Aufgabe der zensurmäßigen Be-
wertung ergibt sich folgende Lösung:
Die drei genannten Möglichkeiten der Offenbarung
künstlerischer Kräfte können im Idealfalle gemein-
sam und in bedeukender Stärke im Zndividuum auf-
treten. Ihm gebtchrt der höchste Preis. Völlige Un-
fähigkeit auf allen drei Gebielen stellt üen Grenzfall
in der entgegengesetzten Richtung dar. Hier kann
nur das Prädikat „ganz ungenügend" erteilt werden.
Znnerhalb dieser Grenzpunkke lassen sich unschwer
die verschiedenen Kombinationen und graduellen
Unterschiede zur Leistungsreihe anorbnen.
Das größte Problem, das zu lösen unbedingt unsere
Aufgade bleibt, bilden die Unfähigsten üer Unfähigen.
Hier gilt es, alles zu versuchen, um das Dunkel zu
erhellen. Welche Ueberraschungen sie bereiten können,
soll folgendes Erlebnis zeigen.,.
lln einer Klasse stellte ich zur Uebung im bildhasten
Vorstellen das Thema „Sonntag". lleder hatte
dazu ein Bild auszudenken und in kurzen, anschau-
lichen Worten niederzufchreiben. Es set nun eine
Darstellung von etnem 12—13jährigen Schüler
wiedergegeben, der in seinen zeichnerischen, ma-
lerischen und ornamental-rhythmijchen Arbeiten im-
mer höchst Ungenügendes -leisteke. Durch Sperrdruck
sind die plastjschen und malerischen Werke des ge-
dachten Bildes besonders hervorgehoben. Die Nieder-
schrift lautete:
Sonntag im Dorf. Zuerst würde ich eine Dorf-
kirche malen, mit. großen bunten Fenstern
und etnem hohen Turm: Durch dle Turmfenster
guckt üer Glockenstuhl mtt den großen Glocken her-
vor. Auf die Spitze des Daches kommt ein glän-
zender Wettechahn. Die Kirchentür stehk offen
und man kann einen. Blick in die Kirche werfen.
Davor ist ein s a nü igie r Weo, der durch -en Fried-
hof führt. Bunte Blumen kommen auf die Grä-
ber, dazu noch viele Kreuze. Nun kommen die Kirch-
gänger üaran. Eine alke Frau ist der Kirche am
nächsten. Sie hat em langes schwarzes
Kleid an und auf deM Kopf krägt sie ein Häubchen.
Das Gesangbuch, was sie in der Hand hat, ist
schwarz, in der Mitte ist noch ein grotzes gol-
denes Kreuz. Hinter der Frau kommt gerade
ein Bauer, auch er muß-einen schwarjen An-
zug bekommen, damit er würdevoll aussieht.
Auf dem Kopf hat er einen Zylrnüerhut. Hlnter
dem Bauer sieht man dann bloß noch die 1lm -
risse anderer Kirchgänger. Im Hintergru.nd
sind vielleicht ein paar Bauernhäuser zu sehen, die
rechkbuntund festlich gemalt werden können.
Zahrelang war ich der bestimmlen Meinung, ein
völliges Versagen im Zeichenunterricht sei in der
fundamentalen Verschiedenheit der geistig-seelischen
Struktur der Menschen begründet, sei das un-
trügliche Merkmal der rein abstraktey, begrifflich
veranlagten Naturen. Dieser Glaube erhielt nun
etnen derben Stotz. Denn hier zeigte flch, daß es
Menschen gibt, die gleichfails Kraft und Gnade zu
bildhafter Gestaltung enibehren müffen, obwohl sie
innerlich „voller Ftgur" sind.
Oder triffk den Lehrer die Schuld?
Tagespreffe und Kunsterziehrmg
Von Benno Petersen, Lübeck
(Vergleiche dnzu die Abbildungen)
Erfreulicherweise stellen sich die neuzeitlichen Kul-
tureinrichkungen, wie Rundfunk und Kino in den
Dienst unserer Arbeit.
Viele Sendestationen haben es sich zur Aufgabe
gemachk, pädagogisch zu wirken, d. h. sie nehmen in
das Verzeichnis ihrer Darbietungen außer wiffen-
schastlichen Borttägen auch solche über Kunst auf,
fördern das Berskändnis für Bildkunst, Kunslgewerbe
und Musik, richten Baskelstun-den ein, weisen auf
kulturelle Kunffoeranstaltungen, auf Museumsschähe
und Sammlungen hin — auch hört man gelegentlich
geschmackbildende Vorträge. — Der Rundfunk könnke
ein nocy wichtigerer Faktor für die Kunsterziehung
der Hörer bedeuten, wenn von Fachkollegen durch
unermMiche Mitarbeit, iüurch Anjräge bei dey
Sendestationen und sonsttger Propaganda versuchk
wivd, diese auch für uns nichk gering zu schätzende
Einrichtung in noch weiterem Ilmfange auszunutzen.
Die filmischen Darbietungen befriedigen auf dem
Gebiet der künstlerischen Erziehung in ihren Leistun-
gen noch nichk. Zmmerhin können einige wenige Filme
wertvolles Bildungsguk im Sinne unserer Arbeit ver-
mitteln. 3ch erinnere nur an den für Fachmann und
Laien so anregenüen Film „Schaffenüe HLnde".
Die Entwicklung des Filmwesens (Bildfunk!) wird
es mik sich bringen, dah wir es keineswegs versäu-
men dürfen, uns rechtzeikig und nachhalttger als
bisher mit den Vermittl.rn künstlerischer Bildung zu
DarstellunN sind, im Gefühl für Gleichgewicht und
Spomnung, für rechtes Verhältnis von Figur und
Raum, für die formalen Werte der KomposMon und
Aufmachung (Sauberkeit, Delikatesse, Geschmach),
des Dortrags und der Technik u, a.
Die Gabe des gesteigerken Farbschaf-
fensist erkennbar am fühlenden Verständnis für die
Sprache der Farben, für den Eigenrvert im «inzelnen
und dem klanghaften Zusammenwirken mehrerer, für
den Reiz der Valeurs und das Spiel von Hell und
Dunkel.
Die Gabe der Formbehe rrschung tritt
in Erscheinung in dem Vermögen, die Dinge
„richtig", im Sinne einer nalurgetreuen Wiedergabe,
einer Erscheinungs- und Formgemäfcheit, wiederzu-
geben. Dabei ist es gleichgültig, ob dies äuf dem
Wege des Vorstellunbszeichnens oder des Natur-
studiums geschiehk. Frühzeitige Ueberwindung des
schematischen Formbildes und beachtliche Fähigkeit.
räumlichen und plastischen Darstellens sind weitere
Erkennungszeichen dieser Begabungsrichtung. Sie
überrascht durch den Reichtum ües Formenschatzes
und die Klarheit der Vorstellungsbilder und ihrer
Wiedergabe.
Für die Aufgabe der zensurmäßigen Be-
wertung ergibt sich folgende Lösung:
Die drei genannten Möglichkeiten der Offenbarung
künstlerischer Kräfte können im Idealfalle gemein-
sam und in bedeukender Stärke im Zndividuum auf-
treten. Ihm gebtchrt der höchste Preis. Völlige Un-
fähigkeit auf allen drei Gebielen stellt üen Grenzfall
in der entgegengesetzten Richtung dar. Hier kann
nur das Prädikat „ganz ungenügend" erteilt werden.
Znnerhalb dieser Grenzpunkke lassen sich unschwer
die verschiedenen Kombinationen und graduellen
Unterschiede zur Leistungsreihe anorbnen.
Das größte Problem, das zu lösen unbedingt unsere
Aufgade bleibt, bilden die Unfähigsten üer Unfähigen.
Hier gilt es, alles zu versuchen, um das Dunkel zu
erhellen. Welche Ueberraschungen sie bereiten können,
soll folgendes Erlebnis zeigen.,.
lln einer Klasse stellte ich zur Uebung im bildhasten
Vorstellen das Thema „Sonntag". lleder hatte
dazu ein Bild auszudenken und in kurzen, anschau-
lichen Worten niederzufchreiben. Es set nun eine
Darstellung von etnem 12—13jährigen Schüler
wiedergegeben, der in seinen zeichnerischen, ma-
lerischen und ornamental-rhythmijchen Arbeiten im-
mer höchst Ungenügendes -leisteke. Durch Sperrdruck
sind die plastjschen und malerischen Werke des ge-
dachten Bildes besonders hervorgehoben. Die Nieder-
schrift lautete:
Sonntag im Dorf. Zuerst würde ich eine Dorf-
kirche malen, mit. großen bunten Fenstern
und etnem hohen Turm: Durch dle Turmfenster
guckt üer Glockenstuhl mtt den großen Glocken her-
vor. Auf die Spitze des Daches kommt ein glän-
zender Wettechahn. Die Kirchentür stehk offen
und man kann einen. Blick in die Kirche werfen.
Davor ist ein s a nü igie r Weo, der durch -en Fried-
hof führt. Bunte Blumen kommen auf die Grä-
ber, dazu noch viele Kreuze. Nun kommen die Kirch-
gänger üaran. Eine alke Frau ist der Kirche am
nächsten. Sie hat em langes schwarzes
Kleid an und auf deM Kopf krägt sie ein Häubchen.
Das Gesangbuch, was sie in der Hand hat, ist
schwarz, in der Mitte ist noch ein grotzes gol-
denes Kreuz. Hinter der Frau kommt gerade
ein Bauer, auch er muß-einen schwarjen An-
zug bekommen, damit er würdevoll aussieht.
Auf dem Kopf hat er einen Zylrnüerhut. Hlnter
dem Bauer sieht man dann bloß noch die 1lm -
risse anderer Kirchgänger. Im Hintergru.nd
sind vielleicht ein paar Bauernhäuser zu sehen, die
rechkbuntund festlich gemalt werden können.
Zahrelang war ich der bestimmlen Meinung, ein
völliges Versagen im Zeichenunterricht sei in der
fundamentalen Verschiedenheit der geistig-seelischen
Struktur der Menschen begründet, sei das un-
trügliche Merkmal der rein abstraktey, begrifflich
veranlagten Naturen. Dieser Glaube erhielt nun
etnen derben Stotz. Denn hier zeigte flch, daß es
Menschen gibt, die gleichfails Kraft und Gnade zu
bildhafter Gestaltung enibehren müffen, obwohl sie
innerlich „voller Ftgur" sind.
Oder triffk den Lehrer die Schuld?
Tagespreffe und Kunsterziehrmg
Von Benno Petersen, Lübeck
(Vergleiche dnzu die Abbildungen)
Erfreulicherweise stellen sich die neuzeitlichen Kul-
tureinrichkungen, wie Rundfunk und Kino in den
Dienst unserer Arbeit.
Viele Sendestationen haben es sich zur Aufgabe
gemachk, pädagogisch zu wirken, d. h. sie nehmen in
das Verzeichnis ihrer Darbietungen außer wiffen-
schastlichen Borttägen auch solche über Kunst auf,
fördern das Berskändnis für Bildkunst, Kunslgewerbe
und Musik, richten Baskelstun-den ein, weisen auf
kulturelle Kunffoeranstaltungen, auf Museumsschähe
und Sammlungen hin — auch hört man gelegentlich
geschmackbildende Vorträge. — Der Rundfunk könnke
ein nocy wichtigerer Faktor für die Kunsterziehung
der Hörer bedeuten, wenn von Fachkollegen durch
unermMiche Mitarbeit, iüurch Anjräge bei dey
Sendestationen und sonsttger Propaganda versuchk
wivd, diese auch für uns nichk gering zu schätzende
Einrichtung in noch weiterem Ilmfange auszunutzen.
Die filmischen Darbietungen befriedigen auf dem
Gebiet der künstlerischen Erziehung in ihren Leistun-
gen noch nichk. Zmmerhin können einige wenige Filme
wertvolles Bildungsguk im Sinne unserer Arbeit ver-
mitteln. 3ch erinnere nur an den für Fachmann und
Laien so anregenüen Film „Schaffenüe HLnde".
Die Entwicklung des Filmwesens (Bildfunk!) wird
es mik sich bringen, dah wir es keineswegs versäu-
men dürfen, uns rechtzeikig und nachhalttger als
bisher mit den Vermittl.rn künstlerischer Bildung zu