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Eine kleine Arbeitsgemeinschaft fand sich hin und
wieder an freien Nachinittagen zusammen und übte
das Stück ein.
Auch die BAHne wurde von einer Gruppe gebaut.
Meine Persönlichkeit stand auch hier nur ratend da-
neben. Durch eine kleine Aufführung war uns eine
Summe in die Hand gegeben worden, die uns half,
die Auslagen für die Skoffe, Wollen usw. zu be-
streiten; leider reichte sie nicht zu dem Bühnenbau
aus. So mußte nun ein Tafelrahmen herhalten: er
wurde mik alten Decken verkleidet, eine Kulisse da-
zugemalt und auch diese Schwierigkeit war über-
wunden. Die in den väkerlichen Geschäften ausge-
hängten Plakate riefen eine Menge kleiner Zu-
schauer zusammen, die all die Mühe mit einer rüh-
renden Teilnahme und viel Beifall lohnten.
Wie unsere Buntstickereien entstehen
Bon Helene D o p f e r. (Bgl. dazu die Abbildungen.)
llch gehe wie iinmer von dem Gedanken aus, daß
jedes Ding in der Ilmgebung des Kindes ihm ein
Erlebnis sein soll. Es soll gewissermaßen durch ein
Mertgefllhl mik den Dingen seiner Welt verbunden
sein. Es ist sinnlos, Kinder mit Sachen zu beschäfkigen,
mik welchen sie keine Berbindung haben, die später
als sogenannte schöne Arbeiten in der Schublade
ruhen. llch wähle daher Gegenstände, die das Kind
täglich braucht, die zu ihm gehören, Seine Näh-
tasche, Nadelbuch, Nähstein, sein Heft, seine Bücher,
seine Schürze, sein Kleid, seine Puppe — sie sollen
ihm alle verkraute Kameraden sein.
Wie beginnen wir unsere Arbeit? Ein Spaziergang:
die Kinder sehen Wiese Bäume, Blumengarten. Ich
erzähle ein Märchen. Es ist eigentlich wenig, was
die reiche Phantasie des Kindes zum Schaffen reizt.
Es entsteht eine farbige Zeichnung mit dem Pinsel.
Diese wird übertragen, nichk mechanisch sondern
frei. Das Kind soll auch da wieder seine Fahigkeit
für Raumeinteilung auswirken. Nun beginnt die
eigentliche Ausführung. Zunächsk werden farbige
Fäden ausgesucht. Die Kleinen haben schon zu Hause
mit der Nadel hantiert. Nun sollen sie ihre kind-
lichen Stiche ordnen zu Flächen, zu Linien. Die Kin-
der haben Bersuchsfleckchen und probieren nun so
lange bis sie die Stiche finden, die- nun jeweils zu
ihrer Zeichnung passen. Auf diese Weise erlernen
und erfinden die Kinder aus sich und voneinander
verschiedenartige Möglichkeiten der Ausführung. Der
Lehrer ist nur da als Gärkner.
Bei den grötzeren Mädchen werden auch vor einer
Arbeit planmätzig vielerlei Sticharten geübt, aus al-
ten werkvollen Arbeiten gesucht, Stiche zusammen-
geseht und neue erfunden. Durch diese Melgestaltig-
keit der Stiche wird der Reiz und der Ausdruck der
Arbeit erhöht. Ein anderes mal werden farbige Stoff-
reste zum Aufnähen verwendek. Durch den Malerial-
unterschied gehl dem-Kind wieder eine ganz neue
Welt auf von der Schönheik der Farb- und Forinen.
sprache in Stoff und Garn.
3ch sehe darauf, datz auch die einfachsten Arbeiten
mit der grötzten Sorgfalt ausgeführt werden. Sie sol-
len so haltbar sein, daß das Kind sie täglich benützen
kann.
Tierfiguren aus Stoff
Klassenarbeit an der ö. Klasse sO III) einer Mädchenoberrealschule von Luise Siege neger
Bergl. dazu die Abbildung.
War es nichk eine Pracht um die reichen Schau-
fensker der Spielwarenläden vor Weihnachten?
Puppen, die mit allem ausgestakket waren, was
verwöhnte Kinder sich wünschen können! Eisenbahnen
und Maschinen mit allen Wundern der Technik!
And nicht zu vergessen die Pferde, die Elefanten,
die Kühe, die Kamele, die Tiervölker der ganzen
Erde, denen es von der Nasenspihe bis zum Schwanz
an nichks fehlte, was sie ihren lebendigen Kamera-
den ähnlich machen konnte. — Haben es die Kinder
nichk guk, die so vollkommenes Spielzeug besihen?
Ia! And doch ist ein Geheimnis um die alten Spiel-
sachen, die sich bis in die Zeit der technischen Ber-
vollkommnung herübergerektet haben! Warum sind fie
denn schöner, troh allem, trohdem die Puppen die
Augen nicht bewegen und nicht schreien können,
trohdem sie nur Holzköpfchen haben und aufgemalte
roie Wänglein und Sägmehlkörperchen und sehen
einem kleinen Kind gar nichk rechk ähnlich? Ilnd die
Pferdchen sind aus Holz geschniht und ziemlich
plump und haben keine schönen Glasaugen. 3a, was
ist das denn, das sie einem so lieb macht, daß sie
lebendiger werden als alle Porzellangesichtchen und
Glasaugenpferde mit echtem Fell? Das ist's.
datz man keine Maschine dahinter spürt, sondern
eine liebevolle Arbeit der Hand, die einem jeden
einzelnen Ding wieder sein besonderes Leben hinein-
gestaltet. Es ist ja nicht möglich jene liebenswürdige
Zeit wieder heraufzuholen von vor 100 3ahren, wo
die Dinge etwas von einer Seele eingehaucht be-
kamen, von dem der sie geskaltete. Aber es könnte
einen eine Betrübnis überkommen, daß die Dinge,
die einen umgeben nicht mehr den freundlichen
Geist des Handwerks haben und daß die Leute aus
Achkung vor der Arbeik der Maschine den Mut
verlieren, selber etwas zu gestalten und datz es
scheint, als gäbe es nicht mehr viel von der un-
bekümmerten Gestaltungskraft im Bolk.
So muß man suchen, wo die verschüttet-en Quel-
len noch fließen und findet sie bei den Kindern. Drr
L-Hrer im bildhaften Gestalten hofft, datz seine Ar-
beit helfen wird, diese Ströme warmen Lebens
hivüberzuretten in die Welk der Erwachsenen.
Die Kinder, die jeht in die Schule gehen und nicht
weiterstudieren, die Mädchen vor allem, die werden
so viel von dem vergessen, was sie mit Mühe in ihre
Köpfe pressen, aber es wäre schön, wenn sie sich
später daran erinnerten, was sie in der Schule ge-
Eine kleine Arbeitsgemeinschaft fand sich hin und
wieder an freien Nachinittagen zusammen und übte
das Stück ein.
Auch die BAHne wurde von einer Gruppe gebaut.
Meine Persönlichkeit stand auch hier nur ratend da-
neben. Durch eine kleine Aufführung war uns eine
Summe in die Hand gegeben worden, die uns half,
die Auslagen für die Skoffe, Wollen usw. zu be-
streiten; leider reichte sie nicht zu dem Bühnenbau
aus. So mußte nun ein Tafelrahmen herhalten: er
wurde mik alten Decken verkleidet, eine Kulisse da-
zugemalt und auch diese Schwierigkeit war über-
wunden. Die in den väkerlichen Geschäften ausge-
hängten Plakate riefen eine Menge kleiner Zu-
schauer zusammen, die all die Mühe mit einer rüh-
renden Teilnahme und viel Beifall lohnten.
Wie unsere Buntstickereien entstehen
Bon Helene D o p f e r. (Bgl. dazu die Abbildungen.)
llch gehe wie iinmer von dem Gedanken aus, daß
jedes Ding in der Ilmgebung des Kindes ihm ein
Erlebnis sein soll. Es soll gewissermaßen durch ein
Mertgefllhl mik den Dingen seiner Welt verbunden
sein. Es ist sinnlos, Kinder mit Sachen zu beschäfkigen,
mik welchen sie keine Berbindung haben, die später
als sogenannte schöne Arbeiten in der Schublade
ruhen. llch wähle daher Gegenstände, die das Kind
täglich braucht, die zu ihm gehören, Seine Näh-
tasche, Nadelbuch, Nähstein, sein Heft, seine Bücher,
seine Schürze, sein Kleid, seine Puppe — sie sollen
ihm alle verkraute Kameraden sein.
Wie beginnen wir unsere Arbeit? Ein Spaziergang:
die Kinder sehen Wiese Bäume, Blumengarten. Ich
erzähle ein Märchen. Es ist eigentlich wenig, was
die reiche Phantasie des Kindes zum Schaffen reizt.
Es entsteht eine farbige Zeichnung mit dem Pinsel.
Diese wird übertragen, nichk mechanisch sondern
frei. Das Kind soll auch da wieder seine Fahigkeit
für Raumeinteilung auswirken. Nun beginnt die
eigentliche Ausführung. Zunächsk werden farbige
Fäden ausgesucht. Die Kleinen haben schon zu Hause
mit der Nadel hantiert. Nun sollen sie ihre kind-
lichen Stiche ordnen zu Flächen, zu Linien. Die Kin-
der haben Bersuchsfleckchen und probieren nun so
lange bis sie die Stiche finden, die- nun jeweils zu
ihrer Zeichnung passen. Auf diese Weise erlernen
und erfinden die Kinder aus sich und voneinander
verschiedenartige Möglichkeiten der Ausführung. Der
Lehrer ist nur da als Gärkner.
Bei den grötzeren Mädchen werden auch vor einer
Arbeit planmätzig vielerlei Sticharten geübt, aus al-
ten werkvollen Arbeiten gesucht, Stiche zusammen-
geseht und neue erfunden. Durch diese Melgestaltig-
keit der Stiche wird der Reiz und der Ausdruck der
Arbeit erhöht. Ein anderes mal werden farbige Stoff-
reste zum Aufnähen verwendek. Durch den Malerial-
unterschied gehl dem-Kind wieder eine ganz neue
Welt auf von der Schönheik der Farb- und Forinen.
sprache in Stoff und Garn.
3ch sehe darauf, datz auch die einfachsten Arbeiten
mit der grötzten Sorgfalt ausgeführt werden. Sie sol-
len so haltbar sein, daß das Kind sie täglich benützen
kann.
Tierfiguren aus Stoff
Klassenarbeit an der ö. Klasse sO III) einer Mädchenoberrealschule von Luise Siege neger
Bergl. dazu die Abbildung.
War es nichk eine Pracht um die reichen Schau-
fensker der Spielwarenläden vor Weihnachten?
Puppen, die mit allem ausgestakket waren, was
verwöhnte Kinder sich wünschen können! Eisenbahnen
und Maschinen mit allen Wundern der Technik!
And nicht zu vergessen die Pferde, die Elefanten,
die Kühe, die Kamele, die Tiervölker der ganzen
Erde, denen es von der Nasenspihe bis zum Schwanz
an nichks fehlte, was sie ihren lebendigen Kamera-
den ähnlich machen konnte. — Haben es die Kinder
nichk guk, die so vollkommenes Spielzeug besihen?
Ia! And doch ist ein Geheimnis um die alten Spiel-
sachen, die sich bis in die Zeit der technischen Ber-
vollkommnung herübergerektet haben! Warum sind fie
denn schöner, troh allem, trohdem die Puppen die
Augen nicht bewegen und nicht schreien können,
trohdem sie nur Holzköpfchen haben und aufgemalte
roie Wänglein und Sägmehlkörperchen und sehen
einem kleinen Kind gar nichk rechk ähnlich? Ilnd die
Pferdchen sind aus Holz geschniht und ziemlich
plump und haben keine schönen Glasaugen. 3a, was
ist das denn, das sie einem so lieb macht, daß sie
lebendiger werden als alle Porzellangesichtchen und
Glasaugenpferde mit echtem Fell? Das ist's.
datz man keine Maschine dahinter spürt, sondern
eine liebevolle Arbeit der Hand, die einem jeden
einzelnen Ding wieder sein besonderes Leben hinein-
gestaltet. Es ist ja nicht möglich jene liebenswürdige
Zeit wieder heraufzuholen von vor 100 3ahren, wo
die Dinge etwas von einer Seele eingehaucht be-
kamen, von dem der sie geskaltete. Aber es könnte
einen eine Betrübnis überkommen, daß die Dinge,
die einen umgeben nicht mehr den freundlichen
Geist des Handwerks haben und daß die Leute aus
Achkung vor der Arbeik der Maschine den Mut
verlieren, selber etwas zu gestalten und datz es
scheint, als gäbe es nicht mehr viel von der un-
bekümmerten Gestaltungskraft im Bolk.
So muß man suchen, wo die verschüttet-en Quel-
len noch fließen und findet sie bei den Kindern. Drr
L-Hrer im bildhaften Gestalten hofft, datz seine Ar-
beit helfen wird, diese Ströme warmen Lebens
hivüberzuretten in die Welk der Erwachsenen.
Die Kinder, die jeht in die Schule gehen und nicht
weiterstudieren, die Mädchen vor allem, die werden
so viel von dem vergessen, was sie mit Mühe in ihre
Köpfe pressen, aber es wäre schön, wenn sie sich
später daran erinnerten, was sie in der Schule ge-