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offenbart, daß die freie Phankasie in gegenfkands-
losen Formungen weii selkener ist als ekwa die un-
verbundene oder nuancierke Nebeneinanderskellung
mehr oder minder reichhaltiger Farbenskalen.
Was hier dargestellk worden isk, ist nichks weiter
als das eigenarkige und durch seine Problemaiik zur
ausführlicheren Behandlung reizende Erlebnis eines
ausgedehnteren Studienaufenthaltes in Finnland.
Absichtlich unterlassen worden Ist dabei, auf alle noch
offenen und ungelösten Probleme des „Farben-
hörens" von Kindern einzugehen — z. B. das hier
ganz außeracht gelassene Thema von der vernunst-
gemäßen Auswertung nakürlicher Begabungen gegen-
über der Gefahr schulmäßiger Heranzüchkung eines
auch die Anbegabken erfassenden Bersuchslehr-
stoffes —, um nicht die nur beabstchkigke Darstellung
auch noch mit abschweifenden Nebenerörterungen zu
belasten.
Der Rauch unserer Fabriken
Bon Walker Lange- Göppingen.
Eine Besonderheit unserer Schule ist der „freie
Zeichensaal". So nennt sich jene Elnrichkung, bet der
an einem Nachmittag Schüler aus allen Klassen, die
gerne zeichnen, freiwillig dazu zusammenkommen.
Solche Stunden bieken naturgemätz mancherlei Er-
zählenswerkes.
Da beginnt der Lehrer ekwa folgendermaßen:
„Das lekste Mal haben wir Blumen gemalt, heuke
malen wir den Nauch." Den Neulingen unker den
Schülern kommt das sonderbar vor, doch bleiben sie
vorläufig bei der Stange. Bald erfahren ste ja auch,
wie das gemeink ist und erwarten sich ekwas davon.
Bereits ist der Lehrer dabei, auch einen Fabrik-
schornstein auf die Tafel zu zeichnen und sie sehen:
schwer ist das nicht, denn der Kamin enkstehk in der
einfachen Form eines sich nach oben verjüngenden
Stabes und ist damik schon fertig. Dann zeichnet der
Lehrer Strich auf Skrich weiter und erzählt dazu
Wort für Work, wie der Rauch zuerst als eine kom-
pakte, schwarze Masse aus dem Schornstein hervor-
sprudelt und sich dann, schräg emporsteigend, in graue
Wolken verwandelt, die sich allmählich verlieren.
So formk ihn der Wind zu steks neuen Gestalken.
Ofk drückk dieser die Rauchfahnen hernieder, daß
alles in Dunst gehüllt wird, ein andermal steigen die
Fahnen steil in die Aöhe. Kurz, jeden Tag ist es
anderS.
Isk der Lehrer mit seiner Rauchfahne ferkig ge-
worden, wischk er sie wieder weg und erzählt noch
ekwas: „Ein ganz kleines Kind zeigke mir einmal ein
Bild, das es gemalk hatte und das Fabriken mit
Rauchfahnen darstellte. Merkwürdig war, daß hier
die Schwärze des Rauches oben zusammenfloh und
den ganzen Himmel bedeckke. Als ich es darüber be-
fragke, gab es zur Ankwork: „Da ist es Abend. Wenn
die Kamine rauchen, dann wird es ganz Nachk." —
Skeckt in dieser Einsalt nichk ein gutes Stück Wahr-
heit? — Möchten wir nichk manchmal davonlaufen
aus unserer rauchigen, verqualmten Skadt? Wie
sehnen wir uns oft hinaus in eine sonnige Landschafk,
nach grünen Hügeln oder zu hohen Albwäldern hin-
auf! — Stehen wir einmal dork draußen und schauen
zurück, so können wlr die Skadt schon von sernher
an den Rauchfahnen erkennen. Ilnd dann lieben wir
sie wieder. Dort, wo diese Fahnen wehen, da wird
gearbeitek und daher kommk dem Städter sein Brok.
Das wissen wir und schon deshalb mutz es uns ge-
fallen. >
Solch eine rauchende Skadk zu malen, wird den
Schülern nun als Aufgabe gestellk. Sle haben bald
begriffen, worauf es dabei ankommt und — merk-
würdig: das Malen des Rauches machk ihnen sogar
Freude. Kein Wunder: Handarbeik liegk ihnen über-
haupk ünd gerade das Hinsetzen der nasien, schwar-
zen Farbe zum Kamin, dann das wolklge Welter-
malen in verdünnkeren, breikflächigen Tönen bis zum
Entstehen einer ganzen Rauchfahne, das ist ihnen
eine besondere Lust. So arbeiken fle, ebensowenig
„studiert" wie der Arbeiter, aber auch durchaus nicht
immer dumm. Sie stellen Kamin an Kamin, Fabrik
an Fabrik und können stch nicht genug lun beim
Erfinden ihrer rauchenden Skadk. Kommen fle nach-
her wieder hinaus ins Freie, so sehen fle den Rauch
der Kamine mik ganz anderen Augen an. Sie er-
kennen da Schönheiken, die mancher andere über-
haupt nichk sieht, und ihre scheinbar zwecklose Arbeit
in der Schule hak Sinn und Geist geschärft, so daß
sie späker auch die Anforderungen des praktischen
Lebens leichter bewälkigen können.
Die Zeit 1917 bis 1928
Bon Dr. Carl v. Lorck.*
Die Wandlung In der Kunst enkspricht einer Um-
wälzung in unserer Lebens- und Weltanschouung.
Das 19. lüahrhundert, desten Grundlagen in der Auf-
klärung und der Renalssance geschasfen wurden, wird
* Aus der nenen Ausgabe des Werkes- Fritz Buraer. „Ein-
führung in die inoderns Kunst". <Akad. Reriagsgesellschaft Alt-
denrion. Wlldpark-Potsdam). Man vergleiche damit die Aus-
führungen von Lenz im Februarhest.
mit seinen wlstenschaftlichen, künstlerischen, welt-
anschaulichen, sozialen und polikischen Ueberzeugungen
abgelöst...
Das Merkmal, desten Wesenserforschung und Deu-
tung es ermöglichk, dlese Mende zu erkennen und
damik unserem Zeitalker bis in die letzken Tiefen
seiner Welkanschauung zu folgen, lst die Perspek-
kive. Gemälde von Makiste, von Marc, von Kirch-
offenbart, daß die freie Phankasie in gegenfkands-
losen Formungen weii selkener ist als ekwa die un-
verbundene oder nuancierke Nebeneinanderskellung
mehr oder minder reichhaltiger Farbenskalen.
Was hier dargestellk worden isk, ist nichks weiter
als das eigenarkige und durch seine Problemaiik zur
ausführlicheren Behandlung reizende Erlebnis eines
ausgedehnteren Studienaufenthaltes in Finnland.
Absichtlich unterlassen worden Ist dabei, auf alle noch
offenen und ungelösten Probleme des „Farben-
hörens" von Kindern einzugehen — z. B. das hier
ganz außeracht gelassene Thema von der vernunst-
gemäßen Auswertung nakürlicher Begabungen gegen-
über der Gefahr schulmäßiger Heranzüchkung eines
auch die Anbegabken erfassenden Bersuchslehr-
stoffes —, um nicht die nur beabstchkigke Darstellung
auch noch mit abschweifenden Nebenerörterungen zu
belasten.
Der Rauch unserer Fabriken
Bon Walker Lange- Göppingen.
Eine Besonderheit unserer Schule ist der „freie
Zeichensaal". So nennt sich jene Elnrichkung, bet der
an einem Nachmittag Schüler aus allen Klassen, die
gerne zeichnen, freiwillig dazu zusammenkommen.
Solche Stunden bieken naturgemätz mancherlei Er-
zählenswerkes.
Da beginnt der Lehrer ekwa folgendermaßen:
„Das lekste Mal haben wir Blumen gemalt, heuke
malen wir den Nauch." Den Neulingen unker den
Schülern kommt das sonderbar vor, doch bleiben sie
vorläufig bei der Stange. Bald erfahren ste ja auch,
wie das gemeink ist und erwarten sich ekwas davon.
Bereits ist der Lehrer dabei, auch einen Fabrik-
schornstein auf die Tafel zu zeichnen und sie sehen:
schwer ist das nicht, denn der Kamin enkstehk in der
einfachen Form eines sich nach oben verjüngenden
Stabes und ist damik schon fertig. Dann zeichnet der
Lehrer Strich auf Skrich weiter und erzählt dazu
Wort für Work, wie der Rauch zuerst als eine kom-
pakte, schwarze Masse aus dem Schornstein hervor-
sprudelt und sich dann, schräg emporsteigend, in graue
Wolken verwandelt, die sich allmählich verlieren.
So formk ihn der Wind zu steks neuen Gestalken.
Ofk drückk dieser die Rauchfahnen hernieder, daß
alles in Dunst gehüllt wird, ein andermal steigen die
Fahnen steil in die Aöhe. Kurz, jeden Tag ist es
anderS.
Isk der Lehrer mit seiner Rauchfahne ferkig ge-
worden, wischk er sie wieder weg und erzählt noch
ekwas: „Ein ganz kleines Kind zeigke mir einmal ein
Bild, das es gemalk hatte und das Fabriken mit
Rauchfahnen darstellte. Merkwürdig war, daß hier
die Schwärze des Rauches oben zusammenfloh und
den ganzen Himmel bedeckke. Als ich es darüber be-
fragke, gab es zur Ankwork: „Da ist es Abend. Wenn
die Kamine rauchen, dann wird es ganz Nachk." —
Skeckt in dieser Einsalt nichk ein gutes Stück Wahr-
heit? — Möchten wir nichk manchmal davonlaufen
aus unserer rauchigen, verqualmten Skadt? Wie
sehnen wir uns oft hinaus in eine sonnige Landschafk,
nach grünen Hügeln oder zu hohen Albwäldern hin-
auf! — Stehen wir einmal dork draußen und schauen
zurück, so können wlr die Skadt schon von sernher
an den Rauchfahnen erkennen. Ilnd dann lieben wir
sie wieder. Dort, wo diese Fahnen wehen, da wird
gearbeitek und daher kommk dem Städter sein Brok.
Das wissen wir und schon deshalb mutz es uns ge-
fallen. >
Solch eine rauchende Skadk zu malen, wird den
Schülern nun als Aufgabe gestellk. Sle haben bald
begriffen, worauf es dabei ankommt und — merk-
würdig: das Malen des Rauches machk ihnen sogar
Freude. Kein Wunder: Handarbeik liegk ihnen über-
haupk ünd gerade das Hinsetzen der nasien, schwar-
zen Farbe zum Kamin, dann das wolklge Welter-
malen in verdünnkeren, breikflächigen Tönen bis zum
Entstehen einer ganzen Rauchfahne, das ist ihnen
eine besondere Lust. So arbeiken fle, ebensowenig
„studiert" wie der Arbeiter, aber auch durchaus nicht
immer dumm. Sie stellen Kamin an Kamin, Fabrik
an Fabrik und können stch nicht genug lun beim
Erfinden ihrer rauchenden Skadk. Kommen fle nach-
her wieder hinaus ins Freie, so sehen fle den Rauch
der Kamine mik ganz anderen Augen an. Sie er-
kennen da Schönheiken, die mancher andere über-
haupt nichk sieht, und ihre scheinbar zwecklose Arbeit
in der Schule hak Sinn und Geist geschärft, so daß
sie späker auch die Anforderungen des praktischen
Lebens leichter bewälkigen können.
Die Zeit 1917 bis 1928
Bon Dr. Carl v. Lorck.*
Die Wandlung In der Kunst enkspricht einer Um-
wälzung in unserer Lebens- und Weltanschouung.
Das 19. lüahrhundert, desten Grundlagen in der Auf-
klärung und der Renalssance geschasfen wurden, wird
* Aus der nenen Ausgabe des Werkes- Fritz Buraer. „Ein-
führung in die inoderns Kunst". <Akad. Reriagsgesellschaft Alt-
denrion. Wlldpark-Potsdam). Man vergleiche damit die Aus-
führungen von Lenz im Februarhest.
mit seinen wlstenschaftlichen, künstlerischen, welt-
anschaulichen, sozialen und polikischen Ueberzeugungen
abgelöst...
Das Merkmal, desten Wesenserforschung und Deu-
tung es ermöglichk, dlese Mende zu erkennen und
damik unserem Zeitalker bis in die letzken Tiefen
seiner Welkanschauung zu folgen, lst die Perspek-
kive. Gemälde von Makiste, von Marc, von Kirch-