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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 9.1929

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Heft 5 (Mai 1929)
DOI Artikel:
Kornmann, Egon: Kunsterziehung als allgemeine Bildungsaufgabe
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Frantzen: Darstellen und Gestalten
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https://doi.org/10.11588/diglit.27999#0120

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»enschon Win't, mi> ücnn dnü Weck alS hilüende
Knnst, niit dem die Wnhiheit dev Knnst stehk und
sitllt — oder blcldt sie in den Ausjenbezlrken üeS
Geiienstniiülichen, ües 'ZliiSdrnckes in n. hängen iind
drini;t sie gnr nicht biS dnhin vor, wo bildende Kunst
ilberhnupt erst nnfniulli pibt sle deni Schiiler jenen
Blicli siir dnü Wesenlliche einer Fvciiischöpfiinp, jencn

Alicli, den der elne hnlle, der in ilnjerein Aeispiel
dnS e l ii e Hnnb nls wnhre bildende 5'iiinst unter
üen nnderen erlinnnte und erlebte. Aur eine Kunsl-
erzlehunil, die nlle Kräfle nuf diese Frnile nnch der
Wnhrheit richtet, scheint mir dns ,lu crfüllcn,
wonnch wir lin heutljlen Wirbel der Anschniiiiiicleii
strebcn: wnhre K u n st b i l d u n p.

Darstellen und Gestalten

' Aon F r n n heii - Hannover.

(Im iAulchlujl an die °N»sci>>ande>sei;>mg dcr Wiirtt. Albeitögemcinschast siir bildhastes Gcslalten mit Stnd.R. L. Vetjler, Frantsnrt a. M.)/

LS erschlen inlr richtijl, in elniilen Priinen die
Giilciinrl deS DnrslellenS und VeslnllenS in elner
besonderen AuSsprnche lheorellsch behnndeln, um
.lii erfnhren, wnS ssch eisleiitlich ilereiskere Schüler
uuler diesen Problemeii und deren Aedeutuuii für
unsere ileiiielnschnflliche Arbeit iui Zeichensaale vor-
stellen. Dn der sluilendliche lm Mlltelpunkle unserer
flnteressen stehl, verdicnt er unsere Aufnierksamkeik
in ilnn.l besonderem A!nsle, wenn er UnkerrichtS-
frnüen kritlsch belrachlet. Dle ^luSsprache pewnhr-
lelstele lm vornuS ein slilnstiileS ErilebniS, weil unsere
prnktische Arbeit seit meiner ilweijnhrlslen TätlKelt
nn unjerer Schule dauernd um üle Frnile Darstellen
—Gesknlten slekreist hatle, ohne nllerdlnslS jcmals
ihrer Lösuiisl nus lheoretlschc Weise nähcr slelrelen
.iii seln. Die Gründlichkelt, womit ünü Thema behn»-
delt wurde, wnr lu den eiii.lelneii Klnssen jehr ver-
schieden, aber das Vruiidsällliche in dec ErliennlniS-
richtunsl wnr üoch zlemlich dnS lgleiche. Ich fnsse eü
im folslendeii kurz und zu Ende gedachk zusnmmeii.

Die Dnrstellunil hängt vom Objekt ab, von dem,
wns ge.lelchnet werden soll. Dle Gestnltung hängt
vom Subjekt nb, von dem Zelchnendeii. (Dlese Lelt-
säjje werden nuf ihre Aichligkelt hln unkersucht und
.lum Schliisj verbessert!) Aei der Dnrstclluug handelt
eS sich um

1. die Wlederholuiig eincr bereitS bestehenden,
optisch wnhrnehmbnren Wlrkllchkelt <lch zeichne
einen Aliitenläiigüschnitt, einen Aulkan, elnen
Schädel),

2. um üie sichlbare Wledergnbe elneS lm Gelste
eifundene» VegenstnndeS <elne Maschine, el» Mö-
belstück, eln Hnus) und

b. um die sichkbnre Aorführung rein rechncrischer
Aezlehungen <mntheuinllsch-geometrlsche Flguren).

Worin nlle Zeichiiungen dieser drei Llrken überein-
slimmen, lst die Tnlsnche, dasj sie eiiiem verslnndeS-
mäsjigen Zweck untergeordnet sind. 2m ersken Fnlle
beschrelbenden Wisseiischnften, üer Aiologie, Erd-
kuiiüe u»d ^lnakomle. Im zwellen Fnlle der Technik,
üem Handwerk und der Archltelitur. 2m drlkten
Fnlle der Mnlhemnllk. Ob sle perspektlvisch vder
projekliv gezelchnet werden, sie slnd der ihnen zu-
grunde llegenden Aufsnssung nnch dlenende An-
schnuungsmlllel. - -—

Für ihren Wert ist »lcht enkscheldend, dnsj sie dns
übergeordnele Objekl biü in die seinslen Elnzel-
hellen pholvgrnphlsch erschöpsend wiedergeben. 2hr
päüngoglsch lileibender Wert liegt der Photographie
gegeniiber vielmehr dnrln, dasj sle nuS dem gros;en

Zusnmmenhnng einer oplischen Erschcinung bcsllinmle
Teilstücke zur Aernnschnulichiing einer bestimmleii
Erkciinlniü heinuSnrbelten iniisj. öle slellt die wissen-
schnftliche oder handwerkllche llrtellSkrast deS Zeich-
nenden nuf d!e Probe. Dreht sich üie biologische
Frnge um den Blütenbnu der Schmetterlingsblütler,
dann zeige ich mlt wenlgen Strichen an der Tnfel,
dnsj lch dns Geuieinsnme lm Anu nll dieser Alüten
verstnnden hnbe. Dreht sich üie Frnge nber um elne
vom nllgenieinen nbweichende Sonderform, dnnn
zeschne ich ebendleses Aesondere nn der Alüke. Als
Zeichner bln ich !n solchem Fnlle keine Künstler,
sondern e!n Aiologe. Ll» Werkstosseu und Werli-
zeugen werde ich lmmer dnS benul;en, dnS der Llgen-
nrt im Llussehe» deS ObjekteS enlgegenkomml. ^liü
Aeijpiel! Der Archllekl konslruierl mil hnrlem Slisl
und sührl dle Wledergnbe der Sleinfnssnde mil
welchem und breilem Alel aus elwnü gernuhlem
Pnplere auS.

2n dlesem Zujnmmeiihnng sragte cin Schüler, ob
eln solcher Lntwurf nlcht elne Geslnltung> sci. Wlr
stellten fest, dns; er dle Darstellung elner tn gros;en
Zügen berelts lm Gelste enlskniidenen, aber mll
nndereii Mllleln noch nuszuführenden Schöpfung,
nlso nur Mlttel zuui Zweck sei. AnderS gesagt, ein
solcher nuSgeführler Enlwurf ist dle verstnnüeSmül;lge,
mlt den Miltelii der Dnrstellenden Geomelrie vor-
genoiiimene flächige Wledergnbe elner auf dnü kör-
perliche gerlchteten Lelstung, dle den Quellen der
kttnstlerischen Persönllchkelt enkfliesjt. Dnrslellung
und Gesknltung berühren sich hier nur schelnbnr nus
dns engste.

2n der Aelrnchlung der Persönllchkeit, deS Sub-
jektS, finden wir den'AuSgangspunkt zur Gestaltung.
ES ist für uns nebensächllch, ob cln Mnnn wle
Dürer sich deS UnlerschiedeS zwischen Darstellen unü
Gestnlken bewußt gewesen ist. <Er wnr cs in der
Tat!) Wichtiger ist für unS, das; er dle Ankur zwar
studierte, sie nber doch „anderS wiedergnb", nls sie
streng, d. h. wllsenschnftllch grsehen eigentlich war.
WnS sagen wir veute zu üem „nnderS wiedergeben"?
Dürer überseljte, oder verwnndelte dle Anlur in eln
Kunstwerk. Gr verwnndelte! Mll diesen Worlen
meinen wir, das; er nls indlvsduellec Mensch, nlS
Persönlichkeit von gnnz eigenartigem Gepräge über
üen Befehlen stand, dle dle Nalur, um ihr vollende-
tes Splegelbild zu sehen, von ihm nls Mnler ver-
lnngte. Lr gehorchke ihr bss zu elner gewissen Grenze
nllerdings, wenn er elnen GrnShalm oder eine Aogel-
feder bls aufS selnsle sludlertc, und er köniike somit
wohl den oberflächlichen Lindruck eineS biologlschen
Darstellers mnchen. Aber er gehorchte ihr nlcht mehr,
 
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