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,;um dichterischL», musikalische», arch!telrto»ische» Er-
lelmis, die Dichtu»g zuur Gemälde, der gotische Dom
zur Fuge, die grüuwaldsche Farbeumystik zur Sym-
phonie! 2» der Ganzhelt des Erlebens
rirhk da r u m für de » herriige » M e » s ch e n
das Geheimnis des Künstlerische» so
sehr w i e i» der Reiiiheii üer liünstle-
r i s ch e » Miktel u n d der k ü n stl e r i s ch e »
For m! i
Wlr sind am Ende unseres kritische» Weges an-
gelangk, der uns über dle Frage »ach der Schönheit,
Wahrhelt, Bewegtheik und Bezüglichkeit aller Künste
wieder zurückfllhrke a» uiisere» Äusgangspunkt und
zu der Frage, was uns Lessings Laokoon heuke noch
bedeuket,
Bieles an diesem Werk ist uns fern gerückt, fremd
nnd iinannehmbar für unser heukiges Denken. Wir
vermlszken bei Lessings Schönheiksbegriff das Gefühl
fllr die skarke Gebiindenheit an das Einzelwesen, an
das Zeitwesen und an das Bolkswesen, wir siichen
heuke die Äewegkheit als Ausflus; des Rhythmischen
zu fassen, wir sehen die gesamte Bildkunst nichk als
eine auszerhalb des menschlicheii DenkenS und Füh-
lens liegende Bergnügung'sstälte. Wirsuchen daS
Wahre und S ch ö n e ats notwendigen
Ausdruck und Ausflusz eines ganzen
Geistes i m Kunstwerk zu erleben, wir
g l n n b e n a n die K u n st als eine Schöp-
fung aus dem Lebensganzen und als
eine Kulturleistung, die daS Welt-
bild erst vollkommen macht.
Der Laokoon ist uns darum kein Führer zur Kunst,
wohl aber ein Anreger zur Kunstkrikik. Dem Denker
Lessing aber gebührk die Achkung, die Garve am ^
Schlusse seiner Beurteilung in die Worte faszt:
„Wenn es die Ehre und der eigentliche Endzweck
eines philosophischen Werkes ist, die krägere Ber-
nunfk seiner Leser aufzuwecken und ihre Kraft zu
denken in eine Bewegung zu bringen, die auch noch
alsdann eine Zeitlang fortdauerk, wenn der unmittel-
bare Stosz aufgehört hak: so denke ich, ich habe den
Berfasser auf so eine Art gelobt, wie er von allen
seinen Lesern gelobt zu werden wünscht."
Kunsterziehungstage in Stuttgart (/-
Bon Hermann Len z, Stuktgark.
^ Der Bezirkslehrerverein Skukkgart vom Würkt.
/ Lehrerverein, die Schwäbische Lehrergilde und die
, Würkk. Arbeiksgemeinschaft für bildhafkes Geskalken
l hatken ihre Mitglieder für die Zeik vom 24.-26. Ok-
kober zu einer Tagung, die unter dem Leitwort „Bom
Willen deutscher Kunsterziehung" stand, aufgerusen
n»d den Leiker der Schule der Bolkschafk, Dr. Weis-
, mankel, in Markkbreit, gewonnen.
Den Auftalrt zur Tagung bildeke ein öffentlicher
Lichtbildervorkrag von Prof. Kolb im Borkragssaal
der Handelskammer über das Thema: „Der natur-
gemäsze Weg zur Entfaltung der bildnerischen Ge-
stalkungskräfke unserer Zugend". Er führte aus, dasz
schon Pestalozzi das Zeichnen als grundlegendes
AuSdrucksmittel erkannte und dasz die klinstlerischen
Gestalkungslrräfte dem Kinde eingeboren sind. Leider
aber haben d!e Nachfolger Pestalozzis den klar vor-
gezeichneten Weg des Meisters bald verlassen und
sind dazu übergegangen, dem Kinde wesensfremde
Formen aufzuzwingen, die die urtriebigen, schöpfe-
rischen Kräste erstickten. Daraus hak sich also jener
Ilnkerrichksbetrieb entwickelt, der in den meisten
deutschen Schulen bis um die Iahrhiinderkwende bei-
behalken worden ist. Bon diesem Zeitpunkt ab machke
sich da und dort in Deutschland, nichk zuleht in Würt-
temberg, eine enkschiedene Abkehr von diesem lebenS-
feindlichen Abzeichnen bemerkbar, und man liesz dem
eigenen Bildgestalten des-Mndes weitesten Spiel-
raiim. Die alte Wahrhelk, dajz das Kind, lange bevor
es schreiben lernt, sich bildhafk auszudrücken verstehk,
wurde zur neuen Grundlage im biidhaften Gestalten.
D!e Forschungeii eines Ludwig Klages und seines
Schülers Prinzhorn, die dem Wesen alles Gestaltens
nachgespürk und dabei bis zu den Wurzeln dieses
Arkriebs vorgestoszen sind, wurden unserem Unter-
richt eingebaut. Prinzhorn hak ja in dem Durchdrin-
gen der kosmischen, rhythmischen Kräfke mit dem
persönlichen Ahythmus das Urphänomen alles Gestal-
tens gefunden: Ailes in der Aatur ist gestaltet nach
bestimmken rhykhmischen Gesehen, die sich in Reihung,
Symmekrie, Parallelismus und Berhälknismäszigkeit
äuszern. Wir können also in unserem Unkerrichk
nichks Besseres tun, als diesen ursprünglichen rhyth-
mischen Grundkräften Gelegenheit zur ungehemmten
Enkwicklung zu geben. Die neuzeitliche Bölkerpsycho-
logie, z. B. Leo Frobenius, hat zu der Erkenntnis,
dasz jedes Kind in seiner Enkwicklnng die groszen
Schritte in der geistigen Enkwicklung der Menschheit
durchlaufe, wesentlich beigekragen. Das bedeuket fllr
dle, die in den kindlichen Ausdrucksgestaltungen zu
lesen vermögen, kelne neue Lehre.
Dle Erkenntnis über das Wachstum der kindlichen
Gestaltungskräfte fordert auch dle reinliche Tren-
nung zwischen Gestalten und Darstellen im Unker-
richk. Deshalb skeht auch das „Äbzeichnen" nicht
mehr am Anfang und im Mittelpunkt unseres Unker-
richts wie früher, sondern tritt erst dann auf, wenn
der junge Mensch die Fähigkeit erlangk hat, seiner
Umgebung bewuszt gegenüber zu kreken und sich mit
ihr auseinander zu sehen. Dieser Zeitpunkt tritk
aber immer erst mit beginnender Geschlechksreife ein.
Die gemeinverständlichen Ausführungen wurden
unkerstrichen und bewiesen durch eine Aeihe aus-
gezeichneter Lichtbilder nach Schülerarbeiten jeden
Älkers aus allen Gebieken des bildhaften Gestalkens,
sowohl in Werkstoffen als auch auf der Fläche. Der
Besuch des Abends war auszerordentlich stark. Nicht
bloß Lehrer und Lehrerinnen aller Schulgattungen
hakken sich eingefunden, sondern namenkllch auch Teil-
nehmer aus Eltern- und Künstlerkreisen, sowie viele
bereiks der Schule Entwachsene und jllngere Schüler
füllken den Saal. Der Beifall der ausmerksamen
Zuhörer war herzlich und warm.
,;um dichterischL», musikalische», arch!telrto»ische» Er-
lelmis, die Dichtu»g zuur Gemälde, der gotische Dom
zur Fuge, die grüuwaldsche Farbeumystik zur Sym-
phonie! 2» der Ganzhelt des Erlebens
rirhk da r u m für de » herriige » M e » s ch e n
das Geheimnis des Künstlerische» so
sehr w i e i» der Reiiiheii üer liünstle-
r i s ch e » Miktel u n d der k ü n stl e r i s ch e »
For m! i
Wlr sind am Ende unseres kritische» Weges an-
gelangk, der uns über dle Frage »ach der Schönheit,
Wahrhelt, Bewegtheik und Bezüglichkeit aller Künste
wieder zurückfllhrke a» uiisere» Äusgangspunkt und
zu der Frage, was uns Lessings Laokoon heuke noch
bedeuket,
Bieles an diesem Werk ist uns fern gerückt, fremd
nnd iinannehmbar für unser heukiges Denken. Wir
vermlszken bei Lessings Schönheiksbegriff das Gefühl
fllr die skarke Gebiindenheit an das Einzelwesen, an
das Zeitwesen und an das Bolkswesen, wir siichen
heuke die Äewegkheit als Ausflus; des Rhythmischen
zu fassen, wir sehen die gesamte Bildkunst nichk als
eine auszerhalb des menschlicheii DenkenS und Füh-
lens liegende Bergnügung'sstälte. Wirsuchen daS
Wahre und S ch ö n e ats notwendigen
Ausdruck und Ausflusz eines ganzen
Geistes i m Kunstwerk zu erleben, wir
g l n n b e n a n die K u n st als eine Schöp-
fung aus dem Lebensganzen und als
eine Kulturleistung, die daS Welt-
bild erst vollkommen macht.
Der Laokoon ist uns darum kein Führer zur Kunst,
wohl aber ein Anreger zur Kunstkrikik. Dem Denker
Lessing aber gebührk die Achkung, die Garve am ^
Schlusse seiner Beurteilung in die Worte faszt:
„Wenn es die Ehre und der eigentliche Endzweck
eines philosophischen Werkes ist, die krägere Ber-
nunfk seiner Leser aufzuwecken und ihre Kraft zu
denken in eine Bewegung zu bringen, die auch noch
alsdann eine Zeitlang fortdauerk, wenn der unmittel-
bare Stosz aufgehört hak: so denke ich, ich habe den
Berfasser auf so eine Art gelobt, wie er von allen
seinen Lesern gelobt zu werden wünscht."
Kunsterziehungstage in Stuttgart (/-
Bon Hermann Len z, Stuktgark.
^ Der Bezirkslehrerverein Skukkgart vom Würkt.
/ Lehrerverein, die Schwäbische Lehrergilde und die
, Würkk. Arbeiksgemeinschaft für bildhafkes Geskalken
l hatken ihre Mitglieder für die Zeik vom 24.-26. Ok-
kober zu einer Tagung, die unter dem Leitwort „Bom
Willen deutscher Kunsterziehung" stand, aufgerusen
n»d den Leiker der Schule der Bolkschafk, Dr. Weis-
, mankel, in Markkbreit, gewonnen.
Den Auftalrt zur Tagung bildeke ein öffentlicher
Lichtbildervorkrag von Prof. Kolb im Borkragssaal
der Handelskammer über das Thema: „Der natur-
gemäsze Weg zur Entfaltung der bildnerischen Ge-
stalkungskräfke unserer Zugend". Er führte aus, dasz
schon Pestalozzi das Zeichnen als grundlegendes
AuSdrucksmittel erkannte und dasz die klinstlerischen
Gestalkungslrräfte dem Kinde eingeboren sind. Leider
aber haben d!e Nachfolger Pestalozzis den klar vor-
gezeichneten Weg des Meisters bald verlassen und
sind dazu übergegangen, dem Kinde wesensfremde
Formen aufzuzwingen, die die urtriebigen, schöpfe-
rischen Kräste erstickten. Daraus hak sich also jener
Ilnkerrichksbetrieb entwickelt, der in den meisten
deutschen Schulen bis um die Iahrhiinderkwende bei-
behalken worden ist. Bon diesem Zeitpunkt ab machke
sich da und dort in Deutschland, nichk zuleht in Würt-
temberg, eine enkschiedene Abkehr von diesem lebenS-
feindlichen Abzeichnen bemerkbar, und man liesz dem
eigenen Bildgestalten des-Mndes weitesten Spiel-
raiim. Die alte Wahrhelk, dajz das Kind, lange bevor
es schreiben lernt, sich bildhafk auszudrücken verstehk,
wurde zur neuen Grundlage im biidhaften Gestalten.
D!e Forschungeii eines Ludwig Klages und seines
Schülers Prinzhorn, die dem Wesen alles Gestaltens
nachgespürk und dabei bis zu den Wurzeln dieses
Arkriebs vorgestoszen sind, wurden unserem Unter-
richt eingebaut. Prinzhorn hak ja in dem Durchdrin-
gen der kosmischen, rhythmischen Kräfke mit dem
persönlichen Ahythmus das Urphänomen alles Gestal-
tens gefunden: Ailes in der Aatur ist gestaltet nach
bestimmken rhykhmischen Gesehen, die sich in Reihung,
Symmekrie, Parallelismus und Berhälknismäszigkeit
äuszern. Wir können also in unserem Unkerrichk
nichks Besseres tun, als diesen ursprünglichen rhyth-
mischen Grundkräften Gelegenheit zur ungehemmten
Enkwicklung zu geben. Die neuzeitliche Bölkerpsycho-
logie, z. B. Leo Frobenius, hat zu der Erkenntnis,
dasz jedes Kind in seiner Enkwicklnng die groszen
Schritte in der geistigen Enkwicklung der Menschheit
durchlaufe, wesentlich beigekragen. Das bedeuket fllr
dle, die in den kindlichen Ausdrucksgestaltungen zu
lesen vermögen, kelne neue Lehre.
Dle Erkenntnis über das Wachstum der kindlichen
Gestaltungskräfte fordert auch dle reinliche Tren-
nung zwischen Gestalten und Darstellen im Unker-
richk. Deshalb skeht auch das „Äbzeichnen" nicht
mehr am Anfang und im Mittelpunkt unseres Unker-
richts wie früher, sondern tritt erst dann auf, wenn
der junge Mensch die Fähigkeit erlangk hat, seiner
Umgebung bewuszt gegenüber zu kreken und sich mit
ihr auseinander zu sehen. Dieser Zeitpunkt tritk
aber immer erst mit beginnender Geschlechksreife ein.
Die gemeinverständlichen Ausführungen wurden
unkerstrichen und bewiesen durch eine Aeihe aus-
gezeichneter Lichtbilder nach Schülerarbeiten jeden
Älkers aus allen Gebieken des bildhaften Gestalkens,
sowohl in Werkstoffen als auch auf der Fläche. Der
Besuch des Abends war auszerordentlich stark. Nicht
bloß Lehrer und Lehrerinnen aller Schulgattungen
hakken sich eingefunden, sondern namenkllch auch Teil-
nehmer aus Eltern- und Künstlerkreisen, sowie viele
bereiks der Schule Entwachsene und jllngere Schüler
füllken den Saal. Der Beifall der ausmerksamen
Zuhörer war herzlich und warm.