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Bund Deutscher Kunsterzieher [Editor]
Kunst und Jugend — N.F. 9.1929

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Heft 6 (Juni 1929)
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Martell, P.: Zur Geschichte des Pastells
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https://doi.org/10.11588/diglit.27999#0162

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I

Zur Geschrchte des Pastells

Sei! jeher isl dnS Pnstell ein Stieflund dei
Knnst gewese»; innn hnl ihin lange und iminer
wieüer jene iiinvngbnren Sinnbole abgesprochen, die
n>S Akerlunnie echler Knnsl nnch deni Spruch jener
Herneiner nnr deni üelgeinnlüe, nllenfallä noch deni
-ttginireil eigenliiinlich sind. Aber nlle Verneiniing
luilischer Aerächler lionnle lesjien Sndeä den lüinst-
lerijchen Sieg deij Pnslellü nicht verhindern, dnä
seine Ateister fnnd und daö sich nüt der überwäl-
tigenden ttrnsl echler Kunst, trotz üer AUtzgunst Ae-
rnsener unü tlnberusener, ducchzuseszen wuhte.
üeute verlwcpert üns Pnstell im Vebiete der vil-
denüen Kunsl neben Agiinrell nnd Oclbild eine eben-
bürtige Gnltung, deren lüinstlerisch vollgültiger
Anng nirgendü niehr bestritten wird.

Die Geschichle deü PnstellS beginnt mit der Gr-
sinöung üer Pastellstisle, der Zeit nach nlso liurz
vor 1500, in engster Folge nüt dem Auftroinnien
des 'eoleististcS. Die historische Entwicklungslinie des
PasteliS steht nntnrgeninsz in ihrem Anscmg im eng-
sten Zusnniinenhnng niit der Landzeichnung, die
sörinlich nüt selbstgebieterischer Logik zur Schassung
und Erfindung deS PnstellstifleS trieb. Die ersten
lüinstlerischen Gehversuche ües PnstellS waren sehr
verschiedenec Art, beschrnnlüen sie sich doch dqrauf,
die Technilr der ünndzeichniing lediglich lroloristisch
in dein Sinne zu erweilern, dnsz »inn in die Äei-
slislzeichnung eine dürftige Farbiglreit hineintcug,
üie sich nnsangS nuf Munü und Augen oder daS
Gewnnd beschrnnlrte. Gewiffe technisa-e Borläufer
snnd der Pnstellstlft in üer Kreide, Kohle und deni
Aolel, die es vor deni Anstreten des Paskellbilües
unleugbnr zu einer starlr nnsgereifteii Kunst gebracht
hntten. Aus diesein Gebiete hatte schon DürerS
Kunst nusjerordentliche Triuinphe gefeiert. Beson-
ders ini Aötel, den die grojzen lKaliener, wie Leo-
nardo, Aasfael, Lorreggio zu vollendeter Meister-
schnsl beniisjlen, haben wir üen verwandtschastlich
nahesten Bvrläufcr des Pastells vor unS, das nun
der Zeichnung gewislerinaszen einen geniäldehafken
Ausdruck verliel).

Die Aufgnbe unserer vorliegenden Slrizze joll
sich jedoch igi wesentlichen niit dem historischen
Merdegnng deS deutschen Pastells befassen, da eine
weltgeschichtliche Dnrstellung deS Pastells über den
zur Aerfiigung stehenden Anum weit hinausgehen
würde. Wenn »inii die Pastelllrunst in Deutschland
sozusngen pnrlilrularisch nufstellt und mit Preujzen
beginnt, so ergibt sich im historischen Sinne zunächst
eine slnrlre Aeeinslussung durch dns Ausland. lZm
17. llnhrhunüert ist cS dec Flnme llncolr Aaillnnt,
üer nls Hofmnler nn dein Aerliner lrurfürstlichen
tzos wlclrte, hier dns Pastell gewissermaszen als
eine »eue lrünstlerische Ossenbarung zu Ehren bringt,
wie überhnupl die füns Arüder Aaillant, alle im
Dienste der Palette, dem- Pastell als eine damals
nene Kttiistgntlnng überall eine Gasse schlugen.
tlnter König Friedrich Mlhelni 1., welcher der
Kunst im allgeineinen nur wenig Wohlwollen be-
lrundete, sland sich die Maierei noch am besken, denn
üer König selbst war ihr ein freundlich gesonnener,
nicht unbegnbler Dilekkant. Der damalige Berliner
Alrndciniedirelrtor, der Franzose Antoine Pesne,

dessen Kunst erst unter Friedrich dem Grojzen zu
voller Neife gedieh und der auch in dem Wejen
des PreuszentuinS ganz ausging, hat auch dem Pa-
stell gern seinen künstlerischen Tribut gezollt. Aber
erst in üem 171L zu Aerttn geborenen Georg Frie-
drich Schmidk erhält die preujzische Aesidenz ihren
lrlassijchen Pastellmaler Schmidt, der zunächst in
PariS seine lillnstlerilchen Studien trieb und hier
an der Quelle ües Äokolros die lröstliche Farbig-
keit deS LebenS begriff, lebt in der Geschichte der
üeutschen Kunst mit Äecht alS der große Stecher,
von Friedrich dem Gcoben in diesem Sinne als
„Öofkupferstecher" geehrt. Die graublauen Pastelle
öchmidts tragen eine äuszerst scharfe graphische
Nole; im übrigen überall dec den Äufstieg sichernde
AuSdruck preußischer Sachlichkeit und Schlichtheit.
Auch Lhodowiecki hat sich gelegentiich zu dem Pa-
stell bekannk, das nie zu seiner Domäne geworden
ist. Er ist der Pastelltechnik nie souverän gewesen
und diese Tatsache hat ihn in richtiger EclrenntniS
des eigenen Könnens zu einer verständigen Zurück-
halkung bestimmt.

Ilnler Friedrich Wilhelm 111. bewegt sich die
Kunst des Pastells in aufsteigender Linie. Der
1747 zu Hamburg geborene August Darbes findel
nach Kunstreisen in Holland, Franlrreich und Rujz-
land schlieszlich an dcr Aerliner Akademie als Pco-
fessor und Aildniümaler den Auhepunlrt seineS Le-
bens. DarbeS Pastelle zeigen in ihrem künstleri-
schen Wert stärkste Gegensäsjlichlreit, in ihrem durch
Aollendung geadelten Teil erheben sie schliejzlich
Darbes zu einem historischen Meister deS PastellS.
Ein im Auhm gut bestehender Name innerhalb öer
Aerliner Pastellmalerei ist der von iloseph Aardvn
(1745—1814), der aus dem ostpreuizischen Königs-
berg stammke. So abwegig sein Eyrgeiz nach der
Schöpfung und Gestaltung üeS gcoszen Historienbild-
niises wac, so wurfsicher gelang Aardon das Pastell-
bilönis. Wir verdanken neben Darbes heuke Aardon
die besten hlstorischen Berliner Pastellbildnisse jener
Zeit. Letzten Endes bereikeken aber alle diese nur
den kllnstlerischen Gipfel des Aerliner PastelibildeS
oor, der erst gegen die Mitte deS 19. 5ahrhundertS
erreichk werden sollte. Franz Krüger, 1797 in An-
halt geboren, der typische Aialer der Biedermeier-
zeik, der den damaligen preuszischen Hof in seiner
militärischen Seite meisterhaft malerlsch ausprägte,
gibt auch in seinen Paskellbildnissen vortreffliche
Proben seiner hochstehenden Kunst., Die Krügerschen
Pastelle sind Dokumente der Wirklichkeit, schiicht,
ohne Schmeichelei, nur der Wahrheit dienend.

5n der Aildnismaleiei der Hansastädte, Hamburg
weitaus an der Spitze/, hat sich das Pastell stets
mit Ehren zu behaupken gewujzt. Aon den
ülteren Zamburger Malern huldigte besonders dem
Pastell Friedrich Stein, dem 18. llahrhundert an-
gehörend. Stein suchte seine Kunst in der Dar-
stellung schöner Frauen zu erschöpfen, die er in
einer fesselnden Stellung zu verewigen suchte. Auch
tzakob Tischbein, 1725 als sechster Sohn jenes denk-
würdigen BäckermeisterS Lischbein zu Hayna ge-
boren, deSselben, welcher der deutschen Kunst so
viele ausgezeichnete Diener schenkte, führte den
 
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