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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 9.1929

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Heft 4 (April 1929)
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Raschke, Max: Zeichenunterricht und Osterzensur
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https://doi.org/10.11588/diglit.27999#0088

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Iu dem Aussatz: »Tagespresse und Kunsterziehuug" von Benno Petcrsen.Lübeck

Ganz anders dagegen hat der-Zeichenlehrex zu ar-
gumentteren. Fhm tritt das Phänomen der Bega-
bung entgegen, die fern von Berstandes- und
Willenskräften zur Erscheinung kommt.

Lehrplan und Themenwahl lassen die künstlerische
Beranlagung in verschiedenen Ausprä-
gungen erscheinen. Diese lehren, daß das Ber-
mögen der künstlerischen Gestaltung psychologisch,
geist-seelisch, subjektiv bedingt ist und daher chr zen-
surmäßiges Erfassen besondere Einsicht und Kennt-
nis erfordert.

Geringes Berständnis und minderwertige Lei-
stungen im perspektivischen Zeichnen z. B. sind noch
kein Beweis mangelnder künstlerischer Begabung
schlechthin. Derselbe Schüler kann im malerischen
Schaffen etwa Hochwerliges leisten. linfolge Be-
schränkung ües Stoffplans auf perspektivische
Ilebungen und formhaftes Darstellen aber hatte er
keine Gelegenheit seine besondere Begabungsrichtung
zu zeigen und zu entfalten. Seine Zeichenzensur wird,
öarauf gegründet, unbefriedigeud ausfallen. Gestattet
nun der Arbeitsplan des folgenden Iahres die
Aeußerung seiner farbigen Beranlagung, dann wird
die neue Beurteilung wesentlich besser ais die frühere
werden. Die Zensurfchwankung ist da.

Sie zu verhindern soll im folgenden ein We>
zeigt werden, der allgemeiner Rachprüfung no '
darf.

Aus den dargelegten Ilntersuchunaen ergeben flch
zunächst zwei Forderungen an die tlnterrichtsarbeit
des Lehrers.

1. Der stahresarbeitsplan ist so zuge-
stalken, daß er jedem Schüler Gelegen-
heit gibt, seine besondere Begabungsrichlrmg z u
entfalten unü zu äußern.

2. DieZensurhatstetsdie Gesamlbegabung,
d. i. üie Summe der Begabungsrichtungen, z« er-
fassen.

Sie umschließt vor allem drei Erscheinungs-
formen künstlerischer Beränlagung:

1. Die Gabe ornamentai-rhykhmischen
Empfindens und Gestaltens.

2. Die Gabe des Farbschaffens.

3. Die Gabe der Formbeherrschung.

Die Gabe ornamental-rhythmischen
Empfinüens und Gestaltens zeigt flch uor
allem in öen Uebungen abstrakter Art bel denen
Werkzeugspur und Materialwirkung Gegenstand der
 
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