zu haben ist das große Verdienst von Br. (Korn-
mann S. 314).
Daß dabei der Einfluß der Natur, die genaue
Beobachtun» (Naturstudium) eine große Rolle spielt,
liegt auf der Hand. Denn ohne „Nahrung" kann
auch das freie Schaffen nicht leben. (Siehe Korn-
mann S. 314.)
Br.-Kornmann sehen auf der Unker- und Mittel-
stufe nur in Ausnahmefällen, alfo bei sehr starken
Begabungen, die Möglichkeit, im freien Schaffen
die höchste künstlerische Denkstufe, die der Aus-
dehnungsveränderlichkeik, zu erreichen. Es ist also
nicht Borliebe für tiefer liegende Bildungsgesetze, als
die klare Erkenntnis der Schranken, die uns von
diesem hochliegenden Ziele trennen. Denn alle bis-
herigen Versuche, aus der unperspekkivischen Kin-
derzeichnung im Alter von 11 bis 14 3ahren heraus-
zukommen, münden mehr oder weniger in rein ver-
standesmäßigen Auseinandersehungen über begrisf-
lich erfaßte Raumgesehe, ob sie nun auf Zenkral-
perspektive oder eine andere „subjektive" Raum-
darstellungsart hinzielen. Nur darauf bezieht sich
die Verneinung solcher Uebungen im Rahmen des
frelen Schaffens. Das schließt keinesfalls aus, daß
dieselben neben dem bildhaften Gestalken als tech-
nisches Zeichnen betrieben roerden können.
Zur Nakurstudie eines Pferdes (Abb. 6, 8/1928)
möchte ich noch sagen: Stiehler findet sie „prächtig,
frisch, derbgriffig". Meiner Meinung nach ist sie
aber gerade ein überzeugendes Beispiel über „durch
Projektion zersehte Gestaltung" (Kornmann S. 313).
Man decke Körper und Beine ab — der Kopf er-
scheint in reiner Seitenansicht. Man betrachte das
rechte Vorderbein, das unverstanden, unorganisch
drangeklebt erscheint, weiters die Vorderhufe, die
harknäckig in die reine Seitenansicht gedreht sind.
Gerade dieses Beispiel besagt mit größter Deutlich-
keit, daß die gestaltende Kraft, die auch beim „Ab-
zelchnen" hier teilweise durchgebrochen ist, hinter
der scheinbaren Scheinwirkung des Bildes noch sehr
weit zurückbleibt. Wenn weiters das „Reh" (Abb. 7
ebenda) eine sehr hohe Leistung eines Vierzehnsähri-
en darstellt, so kann ich aus meiner eigenen Praxis
eraus sagen, daß solche Leistungen sich nicht nar in
„seltenen Schöpferstunden" ergeben, sondern bei
ernster, gesammelker Durchübung von Begabteren
ohne weiters erreichk werden können.
Folgen wir folgerichtig Br. und Kornmann, dann
gibt es neben dem freien bildhafken Gestalten auch
ein begriffliches Zeichnen. Alle bisherigen Zeichen-
arten werden nicht ausgeschaltet, sondern auf ihren
richtigen Plah verwiesen. Was wir früher vielleicht
durch. und ineinander gesteckk hakken, tritt uns jehk
als wesensverschiedenes Arbeitsgebiet enkgegen.
Nach meiner Auffasiung gliederk flch der heutige
Zeichenunterricht in drei große Gebieke:
> 1, freies Schaffen (nach Profesior Kolb freies
s bildhafkes Gestalten),
2. begriffliches Zeichnen und
s 3. ornamenkale Schrifk-Ornament ^).
Das „freie Schaffen" erstrebt neben der eigen-
gesetzlichen Gestalkung von Gesichtssinneserlebnisien
die bildhafke Ausstrahlung seelischer und rhythmischer
Werte. Daher kann es geskaltlich und gestaltfrei auf-
kreken. Geskaltfreie Formen des sreien Schaffens
* Nach meiner Aukfasiung lätzt sich auch die ornamentale
Schrift dem freien Gestalten organisch einfügen. Der Schristleiter.
sind z. B.: musikalische Graphik (Profesior Rainer,
Wien), 3mprovisationen (Natter, 2ena), expresflve
Empfindungs- und Gefühlsdarstellungen (Cizek, Nat-
ter, Heckmann), rhythmisches Arbeiten mit der
Werkzeugspur, rhythmische Konstruktionsübungen.
Das gestaltliche freie Schaffen, d. i. die organtsche
Entwicklung der „freien, gestaltlichen Kinderzeich-
nung" nur auf Grundlage des einheitlichen Denkens,
also ohne jede begriffliche Hilfe und Ileberlegung,
ist das springende Problem der Gegenwart. Slatk
Herumreden und Nebeneinanderreden müsien wir
hier alle Forscherarbeit verrichten, um die didak-
tische Beeinflussung dieses Zeichenvorganges zu er-
gründen. Diese Einsichten müsien sich aber — das
ist Grundbedingung — aus dem Massenunkerricht er-
geben. Denn nur an der Hand vollständiger Klasien-
leiskungen, die individuelle Enkwicklungsreihen ein-
schließen, können allgemeingülkige Richtllnien auf-
gestellt werden. Das ist unsere Arbeit der Gegen-
wart und der Zukunft.
„Das „begriffliche Zeichnen" zielt auf Darstellung,
auf Wiedergabe der Natur, auf Mlederholung von
Gesichtssinneserlebnissen oder auf zeichnerlsche Fas-
sung von Begriffen. Es umschließt das schematische
und das projizierende Zeichnen. Das schemakische
Zeichnen bezweckt nicht die Wiedergabe des Schau-
bildes, sondern einer Zeichenform, die auf Grund
naturwisienschaftlicher Erkennknisie und Tatsachen
aufgebaut worden ist und deren Veränderung oder
Unrichtigkeit von „wisienden" Augen sofort bemerkt
wird, so z. B. das schematische Zeichnen in den wks-
senschaftlichen Fächern, däs Denkzeichnen im Sinne
Seinigs und ferner das Typenzeichnen, das eine
Gestalt — wenn auch verschleiert — konstruktiv auf-
baut. Hier herein gehören alle jene mechodischen
Maßnahmen, die die freie Kinderzeichnung nur von
außen her durch begriffliche Gestaltentwlcklungen,
technische Hilfen und dergleichen zu fördern suchen,
die sich aber nur auf Gedächtnisleistungen gründen,
der kindlichen Gestalkungskraft gegenüber jedoch
wirkungslos bleiben, Diese Methoden werden heute
als falsch und hemmenü erkannt und aus der Didak-
tik ausgeschaltet. (Didaktischer Logizismus.)
Das projizierende Zeichnen erstrebt die Wieder-
gabe des Schaubildes, deS Glastafelbildes. Es befaßk
sich mit der Darstellung von Körper und Raum und
wird heute noch vielfach als das erstrebenswerte Zlel
der Zeichenkunst angesehen (siehe z. B. Stelger-
waldk, das Lehr- und Lernbare des ZelchnenS,
Besprechung in H. 12/1928).
Dem begrifflichen Zeichnen gehört unsere Arbetk
der Vergangenheit. Wir geben jetzt die Methoden,
die freie Kinderzeichnung durch begriffliches Zeich-
nen (Skizzen als „Rohmakerial", Entwicklungsreihen)
weiterzutreiben, auf und verfolgen umgekehrk das
Ziel, das begriffliche Zeichnen aus dem freien Schaf-
fen heraus zu befruchten.
Die ornamentale Schrifk dienk ebenfalls zur Schu-
lung der rhykhmischen Kräfte, kommt als Ersah des
veralteten „schmückenden Zeichnens" in Bekracht,
trägk zur Veredlung des Geschmacks in hervorragen-
dem Maße bei und ist daher ein volkstümliches
Kunsterzieyungsmittel erster Güke. Das schmüchende
Zeichnen (ornare) ist ganz an Zweck, Material und
Technik gebunden, kann nur am Gegenstande selbst,
d. h. bei desien unmitkelbaren Herstellung enkstehen,
wenn eine starke innere Notwendigkeit dazu vor-
mann S. 314).
Daß dabei der Einfluß der Natur, die genaue
Beobachtun» (Naturstudium) eine große Rolle spielt,
liegt auf der Hand. Denn ohne „Nahrung" kann
auch das freie Schaffen nicht leben. (Siehe Korn-
mann S. 314.)
Br.-Kornmann sehen auf der Unker- und Mittel-
stufe nur in Ausnahmefällen, alfo bei sehr starken
Begabungen, die Möglichkeit, im freien Schaffen
die höchste künstlerische Denkstufe, die der Aus-
dehnungsveränderlichkeik, zu erreichen. Es ist also
nicht Borliebe für tiefer liegende Bildungsgesetze, als
die klare Erkenntnis der Schranken, die uns von
diesem hochliegenden Ziele trennen. Denn alle bis-
herigen Versuche, aus der unperspekkivischen Kin-
derzeichnung im Alter von 11 bis 14 3ahren heraus-
zukommen, münden mehr oder weniger in rein ver-
standesmäßigen Auseinandersehungen über begrisf-
lich erfaßte Raumgesehe, ob sie nun auf Zenkral-
perspektive oder eine andere „subjektive" Raum-
darstellungsart hinzielen. Nur darauf bezieht sich
die Verneinung solcher Uebungen im Rahmen des
frelen Schaffens. Das schließt keinesfalls aus, daß
dieselben neben dem bildhaften Gestalken als tech-
nisches Zeichnen betrieben roerden können.
Zur Nakurstudie eines Pferdes (Abb. 6, 8/1928)
möchte ich noch sagen: Stiehler findet sie „prächtig,
frisch, derbgriffig". Meiner Meinung nach ist sie
aber gerade ein überzeugendes Beispiel über „durch
Projektion zersehte Gestaltung" (Kornmann S. 313).
Man decke Körper und Beine ab — der Kopf er-
scheint in reiner Seitenansicht. Man betrachte das
rechte Vorderbein, das unverstanden, unorganisch
drangeklebt erscheint, weiters die Vorderhufe, die
harknäckig in die reine Seitenansicht gedreht sind.
Gerade dieses Beispiel besagt mit größter Deutlich-
keit, daß die gestaltende Kraft, die auch beim „Ab-
zelchnen" hier teilweise durchgebrochen ist, hinter
der scheinbaren Scheinwirkung des Bildes noch sehr
weit zurückbleibt. Wenn weiters das „Reh" (Abb. 7
ebenda) eine sehr hohe Leistung eines Vierzehnsähri-
en darstellt, so kann ich aus meiner eigenen Praxis
eraus sagen, daß solche Leistungen sich nicht nar in
„seltenen Schöpferstunden" ergeben, sondern bei
ernster, gesammelker Durchübung von Begabteren
ohne weiters erreichk werden können.
Folgen wir folgerichtig Br. und Kornmann, dann
gibt es neben dem freien bildhafken Gestalten auch
ein begriffliches Zeichnen. Alle bisherigen Zeichen-
arten werden nicht ausgeschaltet, sondern auf ihren
richtigen Plah verwiesen. Was wir früher vielleicht
durch. und ineinander gesteckk hakken, tritt uns jehk
als wesensverschiedenes Arbeitsgebiet enkgegen.
Nach meiner Auffasiung gliederk flch der heutige
Zeichenunterricht in drei große Gebieke:
> 1, freies Schaffen (nach Profesior Kolb freies
s bildhafkes Gestalten),
2. begriffliches Zeichnen und
s 3. ornamenkale Schrifk-Ornament ^).
Das „freie Schaffen" erstrebt neben der eigen-
gesetzlichen Gestalkung von Gesichtssinneserlebnisien
die bildhafke Ausstrahlung seelischer und rhythmischer
Werte. Daher kann es geskaltlich und gestaltfrei auf-
kreken. Geskaltfreie Formen des sreien Schaffens
* Nach meiner Aukfasiung lätzt sich auch die ornamentale
Schrift dem freien Gestalten organisch einfügen. Der Schristleiter.
sind z. B.: musikalische Graphik (Profesior Rainer,
Wien), 3mprovisationen (Natter, 2ena), expresflve
Empfindungs- und Gefühlsdarstellungen (Cizek, Nat-
ter, Heckmann), rhythmisches Arbeiten mit der
Werkzeugspur, rhythmische Konstruktionsübungen.
Das gestaltliche freie Schaffen, d. i. die organtsche
Entwicklung der „freien, gestaltlichen Kinderzeich-
nung" nur auf Grundlage des einheitlichen Denkens,
also ohne jede begriffliche Hilfe und Ileberlegung,
ist das springende Problem der Gegenwart. Slatk
Herumreden und Nebeneinanderreden müsien wir
hier alle Forscherarbeit verrichten, um die didak-
tische Beeinflussung dieses Zeichenvorganges zu er-
gründen. Diese Einsichten müsien sich aber — das
ist Grundbedingung — aus dem Massenunkerricht er-
geben. Denn nur an der Hand vollständiger Klasien-
leiskungen, die individuelle Enkwicklungsreihen ein-
schließen, können allgemeingülkige Richtllnien auf-
gestellt werden. Das ist unsere Arbeit der Gegen-
wart und der Zukunft.
„Das „begriffliche Zeichnen" zielt auf Darstellung,
auf Wiedergabe der Natur, auf Mlederholung von
Gesichtssinneserlebnissen oder auf zeichnerlsche Fas-
sung von Begriffen. Es umschließt das schematische
und das projizierende Zeichnen. Das schemakische
Zeichnen bezweckt nicht die Wiedergabe des Schau-
bildes, sondern einer Zeichenform, die auf Grund
naturwisienschaftlicher Erkennknisie und Tatsachen
aufgebaut worden ist und deren Veränderung oder
Unrichtigkeit von „wisienden" Augen sofort bemerkt
wird, so z. B. das schematische Zeichnen in den wks-
senschaftlichen Fächern, däs Denkzeichnen im Sinne
Seinigs und ferner das Typenzeichnen, das eine
Gestalt — wenn auch verschleiert — konstruktiv auf-
baut. Hier herein gehören alle jene mechodischen
Maßnahmen, die die freie Kinderzeichnung nur von
außen her durch begriffliche Gestaltentwlcklungen,
technische Hilfen und dergleichen zu fördern suchen,
die sich aber nur auf Gedächtnisleistungen gründen,
der kindlichen Gestalkungskraft gegenüber jedoch
wirkungslos bleiben, Diese Methoden werden heute
als falsch und hemmenü erkannt und aus der Didak-
tik ausgeschaltet. (Didaktischer Logizismus.)
Das projizierende Zeichnen erstrebt die Wieder-
gabe des Schaubildes, deS Glastafelbildes. Es befaßk
sich mit der Darstellung von Körper und Raum und
wird heute noch vielfach als das erstrebenswerte Zlel
der Zeichenkunst angesehen (siehe z. B. Stelger-
waldk, das Lehr- und Lernbare des ZelchnenS,
Besprechung in H. 12/1928).
Dem begrifflichen Zeichnen gehört unsere Arbetk
der Vergangenheit. Wir geben jetzt die Methoden,
die freie Kinderzeichnung durch begriffliches Zeich-
nen (Skizzen als „Rohmakerial", Entwicklungsreihen)
weiterzutreiben, auf und verfolgen umgekehrk das
Ziel, das begriffliche Zeichnen aus dem freien Schaf-
fen heraus zu befruchten.
Die ornamentale Schrifk dienk ebenfalls zur Schu-
lung der rhykhmischen Kräfte, kommt als Ersah des
veralteten „schmückenden Zeichnens" in Bekracht,
trägk zur Veredlung des Geschmacks in hervorragen-
dem Maße bei und ist daher ein volkstümliches
Kunsterzieyungsmittel erster Güke. Das schmüchende
Zeichnen (ornare) ist ganz an Zweck, Material und
Technik gebunden, kann nur am Gegenstande selbst,
d. h. bei desien unmitkelbaren Herstellung enkstehen,
wenn eine starke innere Notwendigkeit dazu vor-