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Bund Deutscher Kunsterzieher [Editor]
Kunst und Jugend — N.F. 9.1929

DOI issue:
Heft 1 (Januar 1929)
DOI article:
Thoma, K.: Das Bildbetrachten in der Schule
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https://doi.org/10.11588/diglit.27999#0029

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L1

dagegen lst, das Deschaute als Vorbild zum Nach-
ahmen — in irgend welcher Hinsichk — zu nehmen.

Am besten kommk man dem künstlerischen Schasfen
verstehend näher durch unablässiges Nakurstudium
und selbstschöpserisches Bilden. Das ist der Weg der
bildenden Kunst. IZe besser es also gelingt, den bild-
nerischen Eigenkräften des Schülers neben dem
strengsten Naiurstudium zur ungehemmten Enkwick-
lung zu verhelfen, desto sicherer gehen wir auf dem
neuen Unterrichtswege.

Lasten wir uns nicht abbringen von dieser Er-
kenntnis durch dlejenigen, die befürchten, der Lehrer
würde durch das freie Gestalten des Zöglinges all-
mählich Lberflüssig und ausgeschalket und seln Kön-
nen und Wissen käme zu wenig zur Geltung. Das
Mitarbeiten des Lehrers muh sich auf das Misten-
schaftliche und das Technische des Zeichnens beschrän-
ken, hierzu bietet die Perspektive nur all zu reiche Ge-
legenheit. Wir müsten im freien Bilden den Einflutz
der bloßen Gegenwart eines künstlerisch tätigen und
darum auch künstlerijch fühlenden und denkenden Men-
schen berücksichtigen. Unterschätzen wlr darum auch
nicht die rein seelische Berührung eines kunstbegeister-
ten Erziehers mit dem so empfänglichen kindlich-künst-
lerischen Gemüt. EIn blotzes Deuten seinerseits auf
eine wunde Arbeitsstelle, das klelnste Work, kann
lettend wirken. 3e mehr wir das wenige, auch nur
einigermatzen Brauchbare des jugendlichen Versuches
anerkennend loben, desto sicherer wird die Schaffens-
freude und das Selbstvertrauen gefördert und ge-
festigt und desto eher stellt sich ein gegenseitiges Ber-
stehen ein. Durch die fleißige Handhabung von Skifk-
und Pinsel verbestert sich allmählich das technische

Können, wodurch mit der Zeit alle SchönhelkSfehler
ausgemerzt werden. Nur Uebung macht den Meister!

Die Sqaffensfreude ist der unkrügliche Grad-
mester für den Wert der Unkerrichtsleitung. Ie länger
sich die jugendliche Schaffensart — nach Technik und
stnteresse — bei verständnisvoller Ueberwachung auf
der Höhe des sonstigen jugendlichen Geistesniveau
erhält, desto wertvoller ist die Ünkerweisung. Dle
Zeichnen-Lehrkunsk besteht doch darin, das Iugend-
tümliche nichk bloß handwerklich, sondern auch in-
terrestenllich, dem jeweiligen jugendlichen Slnnen
und Trachken enksprechend, zu erhalten. Ein gewalk-
kätiges Beeinflusten unsererseitS führt leicht züm
käuschenden Nachahmen des „wie er sich räusperk
und wie er spukt" und fördert altkluge,. an die
Akademie erinnernde Erzeugniste zu Tage, die auf
die Dauer nichk standhalken. Denn nach kurzer Zelk
lchon, sobald der Schüler sich selbst überlastend auS
oem Eigensten schaffen darf, geschieht dies wleder in
der ungekünstelten, jugendeigenen Art «Nd Weise.
Ie mehr das künstlerlsche Gepräge deS Lehrers flch
Gelkung erzwingen ryill, desto mehr wird sich das
gegenseikige, innerste Verstehen lockern und der
Unterrichtserfolg dadurch nokleiden. wenn nicht gSnz-
lich zerstört werden. Die altertümlichen, stakk jugend-
tümlichen, frisch-froh und frelen Machwerke zeugen
von dleser Unkerrichksweise. Und eS wlrd endlich
dazukommen, datz wir krotz allen redllchen MühenS
am Scküler vorbeldozieren und alle — noch so werk-
volle Saak auf steinigen Boden fällt. Wie in allen
Lehrfächern wird das Gellngen sich auf daS Lehr-
geschick, d. h. auf die geistig-seelische Verbindung
der beiden Teile gründen. Das Sichverstehen lst die
Grundbedingung alles unterrichtlichen Erfölges.

Zu dem Aufsatz von R. Winter: „Erfinden und Gestalten von
Tieren aus Holz" (Arbeit der Oberrealichule in Ludwigsburg)
 
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