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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 9.1929

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Heft 2 (Februar 1929)
DOI Artikel:
Herrmann, Hans: Die Linie
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https://doi.org/10.11588/diglit.27999#0043

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Fällen wird man öieser Landschaft jhre Herkunft
aus dem schlechten Bilderbuch ansehen können und
nie ist es so, daf; durch das Weiterzeichnen über das
eigenlliche Problem hinaus eine künstlerische Be-
reicherung enffteht. Wenn man dem ^lungen klar
macht, wie sehr doch die verschiedenen Linien seines
Blattes an Bedeutung verschieden seien, wie sehr
die einen aus geiskiger Anspannung, die andern aus
spielerischer Willkür entstanden sind, dann kann
man ihm langsam das eigentliche Problem des Künst-
lers ins Bewuhtsein rufen.

Die Gefahr, dah man den Bogen überspannt, liegt
in den miktleren und oberen Klassen, von denen ich
jeht hauptsächlich rede, nicht mehr so nahe, als in
der Unterstufe. Dork isk die Gesühlsbetonung, wenn
man will, die Bedeukung des gegenständlichen In-
halts wichtiger als hier, dort ist aber auch ein Ab-
gleiten in die Bezirke der Unkunst nicht lo leichk
möglich.

Durch rein theoretische Erwägungen darf sich der
Lehrer nicht verleiten lassen, eine übertriebene Sau-
berkeit der Zeichnung zu fordern. Gewih ist es rich-
kig, dah der grenzhafte Strich seinem Sinne nach
eindeutig und klar sein -muh, wenn aber noch die
Sicherheit der Hand fehlt, so kann man diese Sau-

berkeit nicht erzwingen ohne Gefahr für die Quali-
tät der Leistung.

Ich nehme an, wir hätten die erste lebendige, aber
skizzenhafk-mehrdeutige Niederschrift einer Tier-
zeichnung vor uns. Wir müssen uns dann klar sein,
dah öas nachherige reinliche Ausmikteln der ver-
schiedenen Konturen, das „Nachziehen" zwar äuher-
lich die Zeichnung verbessern, ihre L^atität aber
schwer schädigen kann. Der Strich des nach^henden
Schönzeichners ist eben wesentlich unkünflkeWcher
Ark: es ist nichts mit ihm gemeint, er ist nicht das
Sinnbild für einen Borstellungszusammenhang. Der
nachgezogene Kontur hat so wenig mit der Form-
vorstellung zu tun, dah man ihn ausführen könnte,
ohne überhaupt die ganze Zeichnung vor Augen zu
haben. Der Schüler wird unbedenklich, vielleichk um
das Zeichenpapier zu schonen einen Teil seines
Blattes abdecken, ohne dah er in seiner Arbeit be-
hindert wäre. Wenn bei diesem Nachziehen noch ein
Zeichenmittel benuht wird, das seiner Eigenart nach
der Grenzverwirklichung entgegensteht, dann kann
der ganze Wert einer Zeichnung vernichtet werden. ^
Mit Redisfeder und dicker Zeichenkohle kann man
eben keinen Strich hervorbringen, der als Sinnbild
einer Grenze stehen könnte. ---

Abb. 5. Der Elefant

Das Dromedar

Aus: Konrad, Klotztiere. Berlag von B. G. Teubner, Leipzig und Berlin
 
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