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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 9.1929

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Heft 2 (Februar 1929)
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Steigerwaldt, Eduard: Das Lehr- und Lernbare des Zeichnens: Antwort auf den Aufsatz von Lenz - Stuttgart
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https://doi.org/10.11588/diglit.27999#0045

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37

Tierfiguren aus Stoff Arbeilen der Klasse 3 (O III) des Königin Katharinastifts in Stuttgart

(Studienassessorin Luise Siegeneger)

Lenz urteilt über unser schmiickendes Zeichnen:
„eine trockene Ark von dem, was man kunstgewerb-
liches Entwerfen im üblen Sinne heiht". Eine nichts-
sagende Kennzeichnung. Auch wir kennen „Kunst-
gewerbe übler Ark" und suchen seinen unheilvollen
Einfluß auf den kindlichen Geschmack zu bannen.
Wir kämpsen dagegen, indem wir Werkmähigkeit,
„Vernünftigkeit", Rhythmus und Gepflogenheit in
den Dienst einfachster Gestaltungsarbeit sehen und
dabei am Massenunkerricht und an durchschnittliche
Leistungshöhe denken. Aber den llnterschied zwischen
dem, was wir wie Gift scheuen, und dem, was wir
wollen, erkennt L. nichk.

Aber: „St. hat sich wohlweislich gehüket, Schüler-
arbeiten wiederzugeben". 3n Tafel 58 mit 61 und in
Tafel 68 isk ein Teil, in Tafel 62 mit 67 sind alle
Abbildungen nach Arbeiken von Schülerinnen und
zwar durchweg aus Klassenleistungen (eine einzige
Ausnahme ist textlich gekennzeichnet) und aus ver-
schiedenen Klassen. 5m Text zu Tafel 62, 63 und 65
sind zwar darauf bezügliche Hinweise gegeben, aber
es ist zuzugeben, daß für einen sehr flüchtigen Be-
urteiler eine deutlichere und zusammenfassende Kenn-
zeichnung notwendig gewesen wäre.

„Auch sonst werden keine Schülerarbeiken vorge-
führt." Es wäre schön gewesen, wenn Lenz die Aus-
nahme, nämlich Tafel57: Nakurstudienaus
Mädchenoberklassen, erwähnt hätte. Daß bei
einem Zeichenunterricht, der bezweckt, „den lehten

Grad der Genauigkeik bei der überwiegenden Zahl
der Kinder zu erreichen", die Borführung von Schü-
lerleistungen nicht dieselbe Bedeutung hat, wie beim
phantasiemäßigen Gestalten, ist Herrn Lenz verschlos-
sen geblieben.

Was nun den Kern meines Werkes, das systema-
kische Zeichnen, angeht, so urteilt L. mit allgemeinen
Aedensarken, einer veralketen Phraseologie entnom-
men, die im Kampf gegen Borlagen und Gtps-
modellzeichnen abgebraucht ist. Da wird mit „getöteten
Kinderseelen" und „armen durch Drill yindurch-
gequetschten Kindern" gruselig gemacht und der Geisk
des leligen Georg Hirth zum Zeugen gerufen. Was
Hirth der Herausgeber des „Formenschatzes", wohl
über Auswüchse des phantasiemäßigen Gestaltens
heute sagen würde? Ob wir ihn nicht lieber schlafen
lassen? — Grammatik an sich ist immer stofflich, nichk
psychologisch. Ilnd das Wollen des Kindes? Das
kleine Kind liebt die Freiheit des Ausdrucks, der
heranwachsende Schüler sucht das Geseh. Ilnd
muß Grammatikunkerricht immer tötlich sein? Hängt
„Freudigkeit" und lebensvoller Unterricht nicht viel
mehr vom Lehrer als vom Stoff ab? Kennt L. keine
Erfahrungen, nach denen kroh schönster Kunst-
erziehungstheorien die Freudigkeit im Gestalkungs-
unterricht in Berlegenheit, das urwüchsige kindliche
Gestalten in Kitsch sich verwandelke?

Das „Naumzeichnen", dargestellt auf 28 Tafeln
mit einigen hunderk Zeichnungen und über 30 Seiten
 
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