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Bund Deutscher Kunsterzieher [Editor]
Kunst und Jugend — N.F. 9.1929

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Heft 8 (August 1929)
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Umschau / Sprechsaal / Zeichenmethode / Buchbesprechungen / Schreibe in Angelegenheit
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https://doi.org/10.11588/diglit.27999#0228

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219


besiimntter lttinstlerischLr Zusammenhänge enigegen-
steht, während sie der Lntfultung auderer Zusammen-
hänge dadurch sörderlich werden knnn, dasz sie fiir
die Verwirlttichung dieser Zusammenhänge sz. B.
Farbe) besonders günstig ist.

A»s „Urkundo» dcutschcr Bulkskunst", Hcst I, hcruusgegebc»
vou Ego» Koruma» tDr. Vc»»o Filser, Acriug, Bngsburg).

Aumerknilg dcr Schrisll. Was wa» gcwöhiilich nutcr Werk-
zcug- uud Wcrlstvlf-SIIl vcrslclil, ist srcilich ctwas audcrcs, alS
was hicr untcr Lcm Acgriss „Stil" gemciut isi. Datz das Wcrk-
zcug z. A. inilwirlt bci dcr ciuhciilichc» Foriugcstalluiig tabgc-
scheu vou dcr „Acnvirklichnug ciucs geistigcu Iusninineuhanges")
löuueu wir jcdcu Tag wahriiehineu. Auscre Schrist vcraudcrt ihr
cstcpragc, sobald wir stailt ciucr spilic» Fedcr, ei»c Vrciifeder
ciwa ciiie abgeschragic t!l)-Fcder> vdcr ciiic» weiche» Vlcistist
odcr gar ciiie» Piiisci iicliiiieii. tLbcnso oder »och mehr wird auch
das Formgcprägc durch dcu Wcrknoss bcstiinint. Man dciike an
ciuc i» Lv», odcr i» Hvlz, oder iu Stcin, vdcr Erz „vcrlvirk-
lichic" Vildidcc.

Sprechsaal

„Ich bin in Sorgo"Hs^

schrieb mir lehthin ein Tlmksgenosse, und <iuf Äen
gleichen Ton sind viele Ariese nus unserem Mit-
gliedcrlireis geslimmt, die mir im lehten Hnlbjahr
nuf den Schrelblisch flogen. Ein Wort der Kiärung
und Aeruhigung scheint mir daher >am Ptahe.

Lassen Sie mich einige Stimmen wörtlich ansiihreii.
„3ch bin in Sorge wegen der drohenden Spaltung
der Zeichenlehrer unter dem Schllagwork: hle intuitiv
— hie unschaulich." „Warum die Angst vor üem N<i-
lursludium. wurum die Scheu sich zu diesem zu belren-
nen?" „Aiujz man nicht stirchten sich lächerlich zu
machen, wenn mun im Sinne der alten Schule epakte
Aalurbeobachlung und -wiedergabe als notwendig
betont?" „Dle Ilmivälzung in unserem Fache hak es
mit sich gebracht, dasz durch die Aeberbetonung der
einen und Ilnterbewerkung der anderen Seite so man-
cheS und manche aus denu Gleichgewicht geworfen
ivurden." „Warum üie methodische Einseitigkeit und
ihre leidenschastliche Aertetdigung, die oft genug zu
unersreulicheii Zirsammensköszen in unserer Zeikschrist
sührte?" „Der Mimmel um Aritsch musz misztrauisch
machen." „Existieren die Ergebnlsse lrllherer Metho-
dikcr überhnupt nichk mehr; war alleS Unsinn, was
sie lehrten und was die Aelteren unter uns krieben?"
„Ist die Lehre des Mchlfachmannes Aritsch das ein-
zig wahre Evangcliiim? Wns ist überhaupt neu an
ihr?" Kann ein „rückständiger" Zeichenlehrer -seine
Meinung in „Kunst und llugend" eigentlich noch znin
Llusdruck bringen ohne dabei Gefahr zu laufen, in
unkollegialer und unsachlichec Form angegrisfen zu
werden?" „üch habe schon häufig von Eltern klagen
hören, dasz der heutlge Zeichenunterricht zu einseitig
sei unü den Ansord-eningen deS praklischen LebenS
nicht genügenü diene." „Menn wir ernsk genommen
werden wvllen, dann müssen wir uns vor Lxlremen
und Linseitigkeit hiiten." „Die Alleinherrschaft des
ZntelleklS »iiissle bekämpft werden; aber hüten wir
uns davor den Zntelekt an sich zu bekämpfen."

2ch beschränke mich darauf,.d-iese Ae-uszerun-gen ohne
'jedcn Zusak zu geben und ohne Krllils/Es wäre leicht
an ihnen Kritik zu iiben, denn diichkiges u-nd Fal-
schcs berühren sich in Ihnen und sie sind nicht frei
von llebertreibungen und Schiesheiten. Aber damit
wäre niemandem gedient. Umso weniger, üa wir es
hiec mit d-er Meinung von ernsten Fachgenossen zu

tun haben, die sich Gedanken machen um Fach und
Stand und sich uin beide -sorgen. DaS ist -das Aand,
üas uns alle verbindet und einigt troh verschiedener
melhodischcr Einftellung. slch betone ausdrllcklich,
dasz alle zilierten Briefschreiber freudig anerkennen,
das; -die Äeform des Zeichen- und Kunstunterrichles
starke Kräfte ausgelöst hat.

Gewisle Gegenfässe sind da, unzweiselhaft, das muk
jeder erkennen. Durch Tolschweigen werden sie auch
nicht aus der Melt geschasft. Gegensähliche Äieinun-
gen können wertvoll und befruchlcnd fein. Wer
wollte es -wagen, seine eigens methodische Aleinung
fttr die allein richtige zu halten oder einen Fach-
genossen zu bemilleiden, weil dieser noch immer An-
schauungen für richlig hält, dle jener schon längst -über
Aord geworfen hak! 3eder hat mit seiuer Meinung
recht, dann nämlich, wenn sie ihm Ferzenssache ist.
Aielleicht siht der -lüchti-gste Zeichenlehrer abseits in
einem kleinen Nest, unbekannt den Lesern von
„Kunst und llugen-d", unbekannt den Ausstellungs-
und Kongrejzbesuchern. 2ch grllsze diesen namenlosen
Amlsgenyssen recht herzlich, ditte ihn aber sich seiner
Pflichten gegen seine mitstrebend-en Kollegen zu er-
innern und sich diefem Diensle nicht zu entziehen,
sonst m-achk er sich milschuldig an der „Aerein-
jnmiing", von der ln Hest 0 die Nede war. „Wer
sich der Einsamkeit ergibt, ach, der ist bald allein",
warnt Goethe.

Die Zahl der käligen Nlitarbeiter an unserer Zeik-
schrift z. A. ist beschämend klein, weiin man sie an
der Milgliederzahl unserer beiden Aerbände miszt.
Das Nör-geln und Kritisieren tut es nichk: auf die
Mikarbeit kommt eS an. Wer nicht mitarbeitet, hat
eigentlich auch keinen Anspruch darauf, sich zu bekla-
gen über die ihm in -diesem oder jenem Punkte nicht
zufagende Zeitschrift. Unzufriedenheit und Aerärge-
rung sind verneinende Kräfke: sie miissen erseht -wer-
den durch freudige Mitarbeit. Wenn „Kunst und
Zugend" der Aorwurf der Einseikigkeit gemacht wird,
so wird dabei auszer achk gelassen, dasz dle Frage deS
Nakurzeichnens durch die alke Methode fast restloS
geklärt wurde. Unser Fachblatt hat dem Fortschrikt
zu dienen und musz daher die aufkauchenden neuen
Probleme in den Aordergrund rlicken. Um diese
geht der Kampf.

Mit Britsch oder ohne Bril-sch, das isb an sich ziem-
lich gleichgültig. Aergessen wir aber nicht, dah auch
unser Fach der „wisfenschafklichen Aegründung be-
darf, die auf überpersönlichen Gesehen beruht" und
bedenken wir wohl, dasz es sich bei Aritsch nichk um
eine Methodik des Zeichen- und Kunstunterrichkes
handelt, sondern um eine Erkenntnislehre der bil-
denden Kunst. Vielleicht ist das überhaupt das
Aeste an dieser Theorie, dasz sie den Anstoh dazu
gab, dasz sich viele Amksgenossen und Arbeilsgemein-
j'ch-asten wieder einmal eingehend mit methodischen
Fragen beschäfkigen. Und wenn sie sich -dabei die
Köpse warm machen un-d dabei vielleicht die ganze
Brilfchtheorie in Grund -und Boden reden, so scha-
det das nichts; -d-enn was heiszt Thcorie, waä heiszt
Methode? Was sie bedeuten, konnte man in Markl-
breit sehr deutlicl) fehen: Methode bedcutet nur fehr
wenig, -sogar verschwinden-d wenig. Der „Kerl" macht
es, -die Perfönlichkeit. Ohne sie bleibt auä> die beste
Melhode nur Theorie, graue Theorie. Und -die gleiche
Theorie oder angeblich gleiche Theorie sieiht dei
jeder wirklichen Persönlichkeit anders aus, sie nimmt
 
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