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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 17.1882

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Die jüngsten Erwerbungen der Nationalmuseen Frankreichs, [1]
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171

Die jüngsten Erwerbungen der Nationalmuseen Frankreichs.

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Diesen Schenkungen und Bermächtnisscn stehen
an Neuanschaffungen blos zehn Gemälde gegenüber.
Der Bericht giebt an dieser Stelle dem Bedauern Aus-
druck darüber, daß bei der notorischen Kärglichkeit der
im Knnstbudget für Neuanschaffnngen vorgesehencn
Mittel (die Dotation sämtlicher fllnf Abteilungen des
Lonvre beträgt hierfür jährlich blos 150 000 Fr.)
äußerste Einschränkung geboten ist und daß insbeson-
dere bei mehreren bedeutenden öffentlichen Kunstauk-
tionen, wie der von San Donato, der Kampf mit
besser dotirten ausländischen Museen nicht mit Erfolg
aufgenommen werden konnte; er spricht aber zugleich
die Hosfnung aus, es werde der Fortdauer ähnlich
ungünstiger Zustände durch Begründung eines „Dota-
tionsfonds sür Neuanschaffungen" baldigst abgeholfen
werden. Um so dankbarer erkennt der Bericht die Frei-
gebigkeit der vielen Freunde und Förderer der Kunst
an, deren mannigfache und wertvolle Schenkungen
zur Erhaltung des künstlerischen Niveau's der natio--
nalen Museen in so hervorragender Weise beigetragen
haben.

Die neuangeschafften zehn Gemälde nun teilen
sich nach Schulen in zwei italicnische: eine Kreuzigungs-
freske von Fra Giovanni da Fiesole und das
Porträt eines Greises und eines Kindes von D. Ghir-
landajo, beide in Florenz angekaust, aber ohne nähere
Angabe ihrer Provenienz angeführt; dann ein nieder-
ländisches, eine Wirtshaussccne von Jan Steen, den
besseren Werken dieser Art des Meisters beizuzählen;
ein englisches, das Bildnis des englischen Gesandten
beim Kongreß zu Amiens Lord White-Worth von
Thomas Lawrence, und sechs französische. Uuter
den letzteren sind hervorzuheben zwei Gemälde von
Jngres: Uu buiAuauss, eiue nackte weibliche Fignr,
seiner ersten italienischen Zeit (1808) angehörend, mit
nll ihren Vorzügen ausgestattet, und ein ebenfalls
frühes „Familienbildnis"; zwei vortreffliche Landschaften
Th. Rousseau's, seiu berühmtes: Nurui» ckunK Is8
Uanäs8 (s. Meyers Gesch. der franz. Malerei, S. 748)
und das spätere: „Oorrnoir än Lü8-Uröuu", endlich
H. Regnaults letztes bedeutenderes Werk: Das Por-
trät der Gräfin Bark (1869).

Angeschlossen an die Erwerbungcn der Gemälde-
galerie des Louvre bringt der Bericht sodann auch
einige Nachrichten iiber die Thätigkeit der mit dieser —
wenigstens administrativ — vereinigten Staatsanstalt
fiir Kupferstich, der sogen. „Chalcographie dn
Louvre", woraus zu cntnehmen ist, daß in derselben
im angedeuteten Zeitraume 14 neue Blätter ausgefiihrt
wurden, und elf sich noch in Arbeit befinden. — An
den crsten partizipirt die moderne französische Kunst
(d.h. die lebcndenMaler und Bildhauer) mit neun Blät-
tern, die ältcre französische Malerei mit zwcicn (Mmc.

Vigse Lebruns bekanntes Selbstporträt und Cham-
paigne's Christus am Kreuze, beide im Louvre), die
Niederländer mit zweien (Van Dycks Porträt Karls I.
und Fr. Hals' Porträt von Rens Descartes in
Büstenform, Louvre), die Jtaliener mit einem Blatt
(Mantegna's „Parnaß", gcstochen von Danguin).
Unter den noch unvollendeten Platten finden wir drei
nach italienischen Bildern (Veronese's größere h. Fa-
milie, Ghirlandajo's Heimsuchung und Raffaels
heil. Georg, dieser von Gaillard gestochen), zwei nach
niederländischen, sechs nach französischen, darunter
Delacroixs Massacre von Schio (Laguillermie), Gö-
ricaults Schiffbruch der Medusa(Leroy) und Cham-
paigne's Richelieu (alle im Louvre).

Jm Atelier der Chalcographie wurden bisher
1600 Stiche ausgeführt, während die Zahl der Ver-
lagswerke 5939 beträgt. Jn der genannten Periode
wurden 13 352 Stiche verkauft und etwa 3000 an
Museen, Bibliotheken und Schulanstalten verteilt.

Das Departement der Antiken (griechiscbe,
rönnsche, phönizische, assyrische Altertümer) wnrde vor-
zugsweise durch die Sendungen der französischen Kon-
suln im Orient, der Mitglieder der archäologischen
Schulen zu Athen und Rom, sowie durch die Resultatc
einiger, übrigens diesmal wenig belangreicher, archäo-
lvgischer Missionen bereichert. Die Ausbeute stellt sich
im ganzen trotzdem blos auf 22 Stück, worunter be-
svnders hervorzuheben wären: die Basis in Form eines
Schiffsschnabels zu der Statue der Biktoria von Sa-
mothrake, ein weiblicher Torso, zu Ephesos gefunden,
ein Venustorso von der Küste Afrika's, einige Torsen,
der alten und neueren cyprischen Kunst angehörig,
endlich eine Auswahl dodonäischer Bronzen, von ihrem
Entdecker Karapanos dem Louvre verehrt. Bedeuten-
der als diese Gaben sind jedoch die Neuanschaffungen;
insbesondere gelang cs, die antiken Marmorwerke
durch die folgenden direkt aus Griechenland bezogenen
Stücke zu bereichern: einen Apollokopf, überlebensgroß,
archaischen Stils, eine große attische Grabstele edel-
sten Stils, ein Basrelief, darstellend die Einladung
des Bakchos zu einem heiligen Mahle, die einzige
Bariante eines berühmten Motivs, von späterem, sehr
eleganten Stil, endlich eine Statne der Pallas, die
Schlange in der Agis tragend, ein neuer, iutereffanter
mythologischer Typus von elegantem Stil und treff-
lichster Erhaltung. Mehrere Köpfe, Stelen, kleinerc
BaSreliefs und Exvotos, zum Teil der römischen
Epoche angehörig, im ganzen etwa ein Dutzend Stllcke,
kvnnen wir als mindcr wichtig hier nur kurz berühren.
Die Neuerwerbungen an antiken Marmorwerken be-
laufen sich im ganzen auf 13 Stllck.

DerZuwachs an antikenBronzen und Schmuck-
gegensiänden beläuft sich aus zwölf Stück, wobei der
 
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