Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 17.1882

DOI article:
Verschiedenes / Inserate
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5808#0320

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
635

Vermischts Nachrichten.

636

dis neue, ebenso vollständige n>ie genaue Aufnahme der
Mykenischen Burg und Umgegend durch Herrn Hauptmann
Steffen, die im vsrflossenen Winter gemacht ist. Auch die
Schliemannschen Ausgrabungen in Orchomenos besuchte
der Vortragende nicht ohne Ausbeute für seine speziellen
Zwecke. Von anderen neuen Funden in Griechenland hob
er besonders hervor einige ganz neuerdings in der Athena-
straße zu Athen gefundene merkwürdige Grabftelen,
ferner dis kunstgeschichtlich sehr wichtigen ueuen Grabstelen
von Larissa in Thessalien, zwei bei der Metropolis in Athen
gefundene schön gearbeitete Karyatiden — leider mit abge-
brochenen Köpfen, — welche zwei in Rom befindlichen ent-
sprechen (Oluruo, uuis. äs soulxt. pl. 444, Nr. 814 u. 814 8).
Von Terrakotten erwähnte der Vortragende die neuen
Funde in Tanagra, in deren Hauptstücken er indes atheni-
schen Jmport erkannte, und die aus den französischen Aus-
grabungen in Myrrina stammenden. Besonders verweilte er
indes bei seinem Besuche einiger der Kykladen, namentlich
bei Mykonos und Delos. Die Bedeutung der französischen
Ausgrabungen auf letzterer Jnsel stellte er sehr hoch, wenn-
gleich dieselben erst als glücklich begonnen und durchaus noch
nicht als abgeschlossen gelten können; er sprach die Hosfnung
aus, daß die Arbeiten von französischer Seite mit voller
Kraft weitergeführt und in gleich sorgsältiger Weise beendigt
werden möchten, wie die von Olympia. Ausführlicher be-
richtete er endlich über seine Untersuchungen an den für die
Giebelstatuen des Apollotempels gehaltenen Figuren, an
denen er mehrere neue und wichtige Zusammensetzungen hatte
machen können und die er anders, als bisher geschehen,
deuten zu müssen glaubte. — Herr Mommsen machte Mit-
teilung von einem vor kurzem in Vercellä gefundenen Jn-
schriftenbruchstück, das seinem Aussehen nach zu den auf
Erz geschriebenen Gesetzestafeln sich stellt. Auch dem Jnhalt
nach ist es gewissermaßen ein Gesetz, aber ein Gesetz besonderer
Art. Zwei Vorsteher — es ist nur von dem ersten der
Schluß des Namens enthalten ....is us Luxponisi. 1?s.xxc>—,
im Einverständnis mit einer Anzahl Kollegen, deren einer
das seltsame Cognomen Multivorus, ein anderer den
noch viel rareren Namen P. Properocius, „Eil schnell",
geführt hat, halten Versammlung und machen Volksbeschluß:
xlsdsin Roniunnsrn iurs roAavsruut plssdss (^us Roiuuua
iurs soisvits. Ort, Zeit und die vorstimmende Abteilung
werden in entsprechender Wunderlichkeit bezeichnet; was
diese „römische Bürgerschaft" verordnet hat, erfahren wir
nicht, da die Tafel in den Ansangsworten des Peschlusses
abbricht. Was aber das Ganze war, sagt die Überschrift:
.... offenbar die 1'nxxuln Isx oouvivulis üoto

uoiuius, welche ein alter Poet verfaßte, und der Lucilius
in ssinen Satiren Erwähnung thut, oder, wenn man lieber
will, ein analoger Scherz aus späterer Zeit. Der Tappo,
uns übrigens riur als Cognomen bekannt, muß danach wohl
eine stehende Scherzfigur bei den römischen Schmausereien
gewesen sein. Dem Schriftcharakter nach scheint das Bruch-
stück etwa dsr augusteischen Zeit anzugehören.

sH Aus den Wiener Ateliers. Die Arbeiten sür die
großen Monumente, welche bei den Professoren Kundmann
und Zumbusch ihrer Vollendung entgegengehen, sind während
der letzten Monate ein gutes Stück vorgeschritten. Vom
Maria-Theresiendenkmal des Prof. Zumbusch sind
schon viele Figuren gegossen; so die aufrechten Gestalten des
Kaunitz und des Liechtenstein, welche für die beiden Schmal-
seiten des Postaments bestimmt sind und sich gegenwärtig
in der internationalen Kunstausstellung befinden. Fertig
gestellt sind ferner die vier allegorischen sitzenden Figuren,
rvelche zu Füßsn der Kaiserin den Sockel schmücken werden.
Die Figur des Laudon ist im Gusse; auch die Modelle für
die Standbilder des Haugwitz und des Van Swieten sind an
die Gießerei abgegeben. Die Hauptfigur, die sitzende Kaiserin,
ist im Gipsmodell vor kurzem vollendet worden, so daß nun
auch an den Guß diessr Figur gedacht werden kann. Nahezu
fertig ist das Gipsmodell für Daun (Reiterfigur) und für
das Relief an der Vorderseite des Sockels, welches uns die
drei aufrechten Figuren dss Bartenstein, Mercy und Starhem-
berg zeigt. Das Relief für die Rückseite des ' Sockels ist
erst bis zum Hilfsmodell vorgeschritten. Auch von Kund-
manns Tegetthofmonument ist die Hauptsigur im
Gipsmodell vollendet und zur Ablieferung an die Gießerei
bereit, woselbst sich die große Kampfesgruppe vom Sockel

desselben Monumentes schon seit einiger Zeit zur Aus-
führung befindet. Von der Siegesgruppe an der entgegen-
gesetzten Seite des Sockels wird erst das Gipsmodell her-
gestellt. Das von uns schon im vorigen Jahre erwähnte,
von Kundmann modellirte Grabmal der drei Kinder des
Fürsten Emerich Esterhaszy ist nunmehr in Marmor ausgs-
führt und wird nächstens zur Aufstellung gelangen. Erst
in Thon modellirt wird in Kundmanns Atelier eines der
Reliess für den Turm des neuen Wiener Rathauses. Das
Relief stellt den Einzug Rudolfs von Habsburg in Wien dar.
Kundmann selbst modellirt gegenwärtig an dem Thonmodell
der Figur Grillparzers sür dessen Monument. Der
Dichter ist sitzend dargestellt und mit leicht gebeugtem Haupte.
Die herabhängende Links hält ein Buch, die Rechte ruht in
ungezwungener Weise auf dem rechten Oberschenkel. Grill-
parzers unregelmäßige Gesichtsbildung, welche besonders
durch ein aufsallendes Abweichen der Nase und des Kinnes
von der Wittellinie bedingt war, wird vom Künstler wohl
beachtet. Er benutzt bei Modellirung des Kopfes neben
einigen zuverlässigen, gemalten Bildnissen auch die Toten-
maske des Dichters. Der Brunnen, welcher den Platz
vor dem neuen Parlamentsgebäude zieren soll und
dessen Ausführung Kundmann übertragen worden, ist erst
bis zur Skizze gediehen. Diese zeigt als Hauptfigur eine
aufrechte Minerva, welche in der Linken eine Lanze, in der
Rechten eine kleine Viktoria hält. Am Sockel bemerken wir
neben Herakles und Themis die allegorischen Figursn von
Jnn und Donau (an der Vorderseite) und von Moldau und
Elbe (an der Hinterseite). Zu beiden Seiten sind noch über-
dies Putti auf Delphinen angebracht. Bildhauer A. Löh er
hat das Hilfsmodell eines der Reliefs für die Attika des
neuen Parlamentsgebäudes nahezu vollendet. Es symboli-
sirt die Provinz Mähren durch eine sitzende weibliche Figur
als Wappenträgerin in der Mitte und durch je einen Genius
mit Emblemen an jeder Seite. Der Genius links trägt eine
Sense als Hinweis auf den Ackerbau, der rechts eine Tuch-
rolle in Bezug auf üie Tuchfabrikation. Löher hat vor
kurzem mehrere reizende Kinderbüsten vollendet, sowie die
Grabstelen des Ehepaares Dingelstedt. Die geschmackvollen,
auf dem Centralsriedhofe aufgestellten Monuments, deren
Skizzen sich noch im Atelier befinden, tragen die Porträt-
medaillons der Verstorbenen und einige siinnige Embleme.
Als Krönung dienen große Palmetten.

Aus Berliner Bildhanerateliers. Für die Feld-
herrenhalle des Berliner Zeughauses sollen bekanntlich 32
Kolossalbüsten brandenburgisch-preußischer Feldherren ge-
schaffen werden. Von diesen sind neuerdings im Modell
vollendet worden: die des Generals der Jnfanterie de la
Motte-Fouquö nach einem Gemälde von Pesne vom Bild-
hauer Wiese, die des Grafen Uork von A. Tondeur und
diedesGenerals Hcnnings v.Treffenfeld von A. Bergmeier,
einem Schüler von R. Begas. Der letztere war genötigt,
in das Grabgewölbe der Kirche von Könnigde, wo der
General seit 1688 ruht, hinabzusteigen und von der einbal-
samirten Leiche eine Gesichtsmaske abzunehmen. — Profeffor
Wredow arbeitet an einer Statue Andreas Schlüters für
das Zeughaus, Bildhauer Hundrieser an einerStatue des-
selben Meisters sür eine Nische an dem Hauptportale des
Polytechnikums. — Der Bildhauer Richard Neumann hat
das Modell zu einem Willehaddenkmal in Bremen vollendet,
welches aus einer acht Fuß hohen Statue des Heiligen auf
einem zwölf Fuß hohen Postamente besteht, das sich über
einem Brunnen erhebt.

8.1'. Der Berliner Maler Th. Kutschmann hat sich um
das dortige Buchbindergewerbe, das erst langsam im Empor-
arbeiten begrisfen ist, neuerdings in dankenswerter Weise
verdient gemacht. Er hat die Modellirung von Platten zum
Pressen der Lederdecken selbst in die Hand genommen. Hat
er das Ornament eigenhändig bossirt, so läßt er es auf
galvanischem Wege niederschlagen und erhält so die Druck-
form. Die uns zu Gesicht gekommenen Muster waren stil-
voll und ansprechend: ein Gesangbuchsdeckel in gotischem
Stil und eine Familienchronik mit geschmackvollem Blumen-
und Rankenornament. Die Verlagshandlung von
Grote, welche in Berlin so ziemlich allein auf künstlerische
Ausstattung ihrer Werke Gewicht legt und damit eine klasfende
Lücke wenigstens nicht völlig unausgefüllt läßt, hat dem
thätigen und begabten jungen Künstler den schönen Auftrag
 
Annotationen