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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 17.1882

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645

Nekrologe.

646

nicht dazu beitragen, dem Amateur die Publikation
geuießbar zu machen. Um etwaigeu Mißbrauch zu ver-
hüten, giebt es uoch andere Mittel.

Weder dem innern Gchalt, uoch der äußern Er-
scheinung nach entspricht das Buch unseren Erwar-
tungen.

Berlin. A. Pabst.

- Nekrologe.

Eugbnc Simonis f. Am 10. Juli starb zu Brüssel
im 72. Lebensjahre der Nestor der belgischen Bildhauer,
zngleich dasjenigc Mitglied ihrer Gilde, das nicht nur
infolge seiner künstlerischen Begabung, sondern auch
durch seine soziale Stellung und die hervorragenden
Würden, die er bekleidete, einen bedeutenden Einfluß
auf die Entwickelung der modernen belgischen Bildnerei
genommen hatte.

Geboren zu Lüttich im Jahre 1810, wandte sich
Simonis, nachdem er seine crsten Studien an der Aka-
demie seinerVaterstadt vollendet hatte, nach Jtalien, wo
er während eines mehrjährigen rvmischen Ausenthaltes,
unterwiesen von dem Bildhauer Finelli, einem Schüler
Canova's, scin Talent zu so glücklicher Entwickelung
brachte, daß es ihm gelang, kaum zurllckgekehrt, 1836
durch zwei ganz verschiedene Prvduktionen seinen künst-
lerischen Ruf im Vaterlande zu begründen: es waren
dies der „Krieger, der fürs Baterland kämpft", eine
Jdealskulptur großcn Stils, und „Ein Kind, das ein
von einem Windspiel verfolgtes Kaninchen beschützt",
cin Genrebildwerk, das in Motiv und Ausdruck leben-
digen Realismus zeigte. Die Ausstellung des Jahres
1839 brachte nicht weniger als sechs Werke des Künst-
lers: die Gruppe der „Barmherzigkeit", die jetzt das
Grabmal des Kanonikus Triest in Sainte-Gudule
schmückt; die „Unschuld", eine reizende Mädchengestalt
genrehaften Charakters, jetzt im Museum zu Brüssel;
zwei andere „Gruppen spielender Kinder" und zwei
treffliche „Tiergruppen". Diesen Schöpfungen folgten
1842: ein „Grabesengel", der „Knabe, der über seine
zerbrochene Trommel weint", ein Werk, daS den Ruf
des Künstlers in weite Krcise über die Grenzen seines
Vaterlandes hinaustrug, und das „Mädchen mit dem
Blumenstrauß". Die Vielseitigkeit seiner Begabung
und der regste Fleiß war schon aus diesen Leistungen
Simonis' zu entnehmen, zu voller Entfaltung kam sein
Talent jedoch erst durch die monumentalen Aufgaben/ die
ihn nun eine Reihe von Jahren hindurch in Anspruch
nahmen: die „Reiterstatue Gottfrieds von Bouillon",
die er im Auftrage der Stadt Brüssel sür die Place
royale schuf (Bronze), ein edles Werk, daß trotz seines
kolossalen Maßstabs den romantischen Charakter der
dargestellten Persönlichkeit in glücklicher Weise zur
Geltung bringt; das „Giebelrelief für das Thöätre de
la Monnaie", die Harmonie der menschlichen Leiden-
schaften (?) symbolisirend, endlich die Statue der „Reli-
giösen Freiheit" und das Rundrelief des „Genius
Belgiens von seinen neun Provinzen umgeben", sowie
die beiden „Löwen" für die Kongreßsäule auf der
Place du Congrtzs (l850—1859). Als fernere monu-
mentale Arbeiten von Simonis nennen wir noch die

Statue Pipins v. Heristal im Parlamentshaus zu Brüssel
und die des Geologen Dumont auf einem der ösfent-
lichen Plätze Lüttichs. Jn allen diesen Werken kommt
neben monumentaler Strenge des Stils ein Moment
des Jndividuellen zur Geltung, das sie vorteilhaft von
der akademischen Kühlc manchcs gleichzeitigen Produktes
der belgischen Skulptur unterscheidet.

Als Simonis in den fünfziger Jahren zur Direk-
tion der Akademie der schönen Künste berufen ward,
mußte unter dem Eifer, mit dem er den Lehrberuf er-
saßte, seine Produktivität leiden; sv ist dcnn auch kein
hervorragenderes Werk von ihm mehr zu verzeichnen,
da er, obwohl er die Direktion der Akademie nach
einigen Jahren niederlegte, doch bis in sein hohes
Alter seine Prosessur behielt. — Seit 1845 Mitglied
der königl. Akademie der Wissenschaften, (auch korre-
spondirendes Mitglied des Jnstitut de France), fand
er oft Gelegenheit, seine reichen Kenntnisse und Er-
fahrungen in Fragen der Kunst im Schoße derselben
zu verwerten, wie er denn auch der Direktion des
königl. Museums und den jeweiligen Ausstelluugs-
kvmmissionen seiner Heimat als Mitglied angehörte.
Diese seine Würden, sowie seine Vermählung mit einer
Schwester des Ministcrpräsidenten Fröre-Orban, führten
ihn auch gesellschastlich in die ersten Kreise der belgi-
schen Residenz. C. v. F.

Der Kunstkritiker Charles Heath Wilson, der am 3. Juli
d- I- zu Florenz verschied, war als Sohn des Landschafts-
malers Andrew Wilson im Jahre 1809 zu Edinburgh geboren.
Nachdem er die Jugendjahre mit seinem inzwischen nach
Jtalien übersiedelten Vater dort zugebracht und d!e Be-
geisterung sür die italienische Kunst, der er sein ganzes Leben
treu blieb, eingesogen hatte, kehrte er, zum Architekten aus-
gebildet, in seine Vaterstadt zurück, vertauschte jedoch seinen
praktischen Beruf bald mit dem eines Direktors der dortigen
Zeichenakademie und später,seit1846, mit dem eines Professors
an der Kunstschule in Glasgow. Seit 1864 hatte er seinen
ständigen Wohnsitz in Florenz ausgeschlagen, woher er den
englischen Revuen manch wertvollen Beitrag über Gegen-
stände der italienischen Kunst zusandte. Das litterarische
Hauptwerk seines Lebens jedoch ist sein I-iks ok Niobslg,nAs1o
(Florenz 1876), das, ursprünglich in der Absicht unter-
nommen, um die durch Gotti's Publikation erschlofsenen doku-
mentarischen Ouellen dem englischen Publikum mitzuteilen,
sich im Laufe der Arbeit, und insbesondsre in seiner zweiten
Auflage (London 1882) zu einem völlig selbständigen Werke
gestaltete, das durch Originalität der Auffassung und Frische
der Sprache ausgezeichnet, jedenfalls das beste ist, was in
zusammenfassender Darstellung über Michelangelo in englischer
Sprache bisher veröffentlicht worden ist. 0. v. II.

Fran?oi§ Jouffrop ff. Jn Franyois Jousfroy, der am
26. Juni im 76. Lebensjahre zu Laval starb, hat die französische
Plastik einen der ältesten Repräsentanten ihrer klassizistischen
Richtung verloren. Er war im Jahre 1806 zu Dijon ge-
boren und kam 1824 nach Paris, wo er seine Studien an
der Lools ckss bsnux-arts unter Leitung des jüngern Ramey
machte und 1832 den Prix de Rome mit einer Gruppe:
„Kapaneus wird von den Mauern Thebens herabgestürzt"
errang, infolgedessen er mehrere Jahro in Rom seinen
Studien leben konnte. Nach Paris zurückgekehrt, stellte er in
rascher Aufeinanderfolge im Salon seine Schöpfungen aus:
den „Fluch Kains", eine Büste des berühmten Mathematikers
Monge, das „Mädchen, das ihr erstes Geheimnis der Venus
vertraut" (1839, Luxcmbourg), eines der zeitlich ersten Genre-
bildwerke der modernen französischen Plastik, die „Ent-
täuschung" (1840), „Träumerei" (1848), die Büsten von Mme.
Houssape und der Grästn Chalot, der Witwe Talma's (1850),
die „Verlassenheit" (1853). Größere monumentale Aufgaben
traten erst, als er schon im höhern Alter stand, an ihn heran:
1864 ward er neben mehreren anderen Bildhauern mit der
 
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