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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 10.1896-1897

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Heft 7
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Rundschau
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.11731#0120

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jedcu Tag eme dcr zicrlichcn Bcduteu zeigcn, die sic che-
denr nur aus der Schweiz brachten: sie sind aus verschie-
denen hübschen Kartons durch I. C. König Ebhardt
in Hannouer für je l Al. 20 Pf. bis z M. so Pf. zu be-
ziehen. Ein „H ist 0 r is ch - ge 0 gra p h is ch er Kn l cnd e r"
des Bibliographischen Jnstituts in Leipzig (M. z,50) bringt,
in größerein Forinate, über soo Ansichten tzmneist nach
Merian), Bildnisse, Autographieen, Wappen und dlotizen,
ist aber unbegreiflich langweilig ausgestattet und ermüdet
durch die Menge von Reklamen des Verlags, die wirkungs-
voll unterzubringcn er beinahe allein geschassen schcint.
Entsprechendcs mag den und jenen auch bei dein „L i terari-
schen Abr eißka l ende r" der Langenscheidtischen Verlags-
buchhandlung in Berlin stören, aber angenehin zu brauchen
ist jedenfalls ein Kalender, der die Geburts- und Todes-

tagc dcr wichtigcren Schriftsteller aus den Abreißblättern
verzeichnet, oft init einein Spruch, vst init einein Bildnisse.
Von kalenderartigen Notizbüchern ist außer dem kleinen
„D a men-Ka l end cr" aus R. v. Dcckers Vcrlag in
Berlin, dessen 36. Jahrgang wieder „Schreib-Kalendcr",
„Geschichts-Kalender" und „Anthologie" zierlich vereinigt,
das größere und starkere „G e d e n k b u ch s ü r Fraue n
und M ä d ch c n" zu nennen, das iin Verlage von
E. Haberland in Leipzig herau'sgekoinmcn ist. Jn recht
hübscher Ausstattung bringt es auf jeder „Tagesseite"
einen Denkspruch, eine Umrahmung mit netten Pflanzen-
und allerliebsten Landschaftsbildchen als Vignetten, und
noch 12 Monatsbilder in Farbendruck. Besonders von
jungen und ganz besonders von recht jungen Mädchen
wird's unzweiselhaft „reizcnd" befunden werden.

Aose Wlätter

Allerlei zur

Das Nbdruckcn von bcigelcgtcn „Mascb-
zelrcln", diese betrügerische Fälschung des ösfentlichen
Urteils, die von der Korruption unseres Zeitungswesens so
deutlich spricht, wie kaum eine andere Erscheinung,
grassiert jetzt in einer unerhörten Weise. Es ist einsach
unglaublich, init welch leichtsinniger Verlogenheit hier
Kritik gefälscht wird, und das große Publikum glaubts
auch nicht, denn, hätt' es vom Sachverhalt eine richtige
Vorstellung, so wäre der Schwindel ja gar nicht
möglich. Von hundert Bücherbesprechungen der deutschen
Tagespresse sind durchschnittlich sicherlich neunzig Ab-
drücke odcr Auszüge von Begleitzetteln. Um unseren
Lesern einnial einen Einblick zu geben, haben wir uns !
heuer als ein Beispiel von hunderten die Waschzettel von
K. Thienemanns Verlag ausgehoben und darauf geachtet^
in welcher der uns zugänglichen großen Zeitungen wir
seine Lobespsalmen als unabhängige Urteile
der betreffenden Redaktionen wiederfinden wür-
den. Von kleinen Blüttern wollen wir gar nicht reden,
vollständig ist unser Verzeichnis natürlich auch nicht,
hüttest du's aber für möglich gehalten, Leser, daß Zeit-
ungen, die von den heiligsten Gütern der Nation so salb-
ungsvoll reden, wie die „Nationa l-Z eitung", üie !
„Ma gde bu rg ische Zeitung," die „Post," die „Ber-
l iner Bürsen-Zeitu ng" dir als ihre eigenen Urteile
einsach Waschzettel vorlegen würden? Aber es koinmt noch
schöner: Weißt du, wer spaltenlang im redaktionellcn
Teile als eigene Kritiken Waschzettel ganz odcr im Aus-
zuge abdruckt? Der „Deutsche Reichs- und König-
lich Preußische Staatsanzeiger"! Ach, was be-
kommt man angesichts solcher Thatsachen vor dein sittlichen
Ernste unsrer siebenten Großmacht sür einen Respekt! Die
genannten verehrlichen Redaktionen aber inachen wir darauf
aufmerksam, daß es sich im Jnteresse ihres Ansehens em-
pfehlen dürfte, uns wegen Verbreitung verleumderischer
Behauptungen zu verklagen. Uriliclplls obstki. — es wird
um so besser sein, uns das Ausplaudern zu verleiden, als
wir in Zukunft wiederholt Listen waschzettelabdruckender
Blätter zu bringen gedenken.

Das balbe 'kllrbcbcrrccbt, nämlich dasjenige des Mit-
versassers an einem Lustspiele ist in Berlin auf gerichtliche
Anordnung zwangsweise versteigert worden — wenigstens

Rückscha u.

wurde die Versteigerung angesetzt. Liest man das so,
erscheints nur tragikomisch. Aber es hätte doch eine sehr
ernste Seite, wenn es auskommen sollte, Urheberrechte zu
psänden und zu versteigern. Jn wie vielen Fällen ist
eines Dichters oder Künstlers einziger Trost sür die Zu-
kunft der Gedanke: später einmal wird dir und deinen
Kindern aus jetzt noch ungewürdigter Arbeit Frucht
komrnen, die zu leben hilst. Nun soll das heilige Geld
auch das Recht bekornrnen, vielleicht um ein Nichts zu
verschleudern, was, jetzt noch wertlos, der Halt der Zu-
kunst für den Besitzer ist. Einem Künstler mag dann das
llrheberrecht seiner Werke gepsündet werden, Herr Meier
oder Müller kaufts uin zehn Mark, der Künstler ringt
weiter, Herr Meier oder Müller streicht die Honorare ein,
der Künstler stirbt, seine Kinder hungern, die Familie
Meier oder Müller genießt vergnügt des guten Griffes,
den ihr Papa gethan hat. Gerade die besten und ernstesten
litten wieder einmal am ineisten unter solchen Zuständen,
denn sie brauchen die meiste Zeit, ehe sie brav Geld ver-
dienen, und ihre Autorenrechte würden in der ersten Zeit
am schlechtesten bezahlt werden. Ständen sie schon hoch
im Kurs, so ging' es dem Schuldner ja wohl schon
besser, als daß sie vergnntet werden inüßten. Erinög-
licht unsere Gesetzgebung in der That auch diese Form
der Kapitalsherrschaft?

lllom bcutlgen Wallet-Llcndc haben wir schon oft
gesprochen: um keine einzige Kunst stehts ja heute so kläglich,
wie um die des Tanzes. Just läuft von der Wiener Hof-
oper her ein Ballet über die Bühnen, bei dem u. A. de-
kolletierte „Waldgenien" in Trikot und kurzen Röckchen auf
dem gefrorenen Schnee mit dem berühmten gefrorenen
„Lächelkrampf" ein frommes Gebet tanzen und tänzeln.
Jst das noch Stumpfsinn oder ists schon Blödsinn? Was
von beiden es sei, es ist echte moderne Balletkunst.

F'reie 'lkritik. Die Berliner Kunsthaiidlung „Fritz
Gurlitt" (ich meine den Nachsolger) hat dem Kritiker des
„Ateliers", also eines der anständigsten unserer Kunst-
blätter, den Eintritt in ihren Salon verweigert, denn der
Mann schrieb mit nichten so, wie der Chef der Firma das
wünschte. Also ist das stolze Vorgehen einiger Theater-
direktoren nunmehr aufs Gebiet der bildenden Kunst über-
 
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