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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 10.1896-1897

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Heft 21
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Rundschau
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Sprechsaal
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https://doi.org/10.11588/diglit.11731#0344

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— ...... —

einer solchen Absicht noch weit entfernt zu sein, denn erst
kürzlich bei der diesjährigen Schluszfeier in der Berliner
Hochschule für die bildenden Künste hat er ivieder eine
Nede gegen die nwderne Kunst gehalten, über welche die
„Tägliche Rundschau" folgendermassen berichtet: „Seine
erst jüngst Aufsehen erregenden literarischen Fahrten gegen
Professor Bode dienten ihm als Ausgangspunkt seiner
Betrachtungen; viellcicht, um etwaiges Mißtrauen gegen
die Leitung der Anstalt in den Gemütern der jungen
Akademiker im Keime zu erstickeiu Deshalb mußte die
sogenannte moderne Kunst herhalten, deren vvllige Un-
fruchtbarkeit aus den verschiedenen Gebieten künstlerischen
Schafsens der Redner zu beweisen suchte. Die Kunst-
größen der verflossenen Jahrhunderte mußten antreten,
um verglichen zu werden mit den Erscheinungen der

modernen §kunst. Daraus ergab es sich dann, daß die
modcrne Porträtschinderei vollkommen unfruchtbar sei im
ernsthasten Schafsen ; eine moderne monumentale Malerei
im Gegensatze zu Meistern, wie Schnorr v. Carolsfeld,
Cornelius u. a., gübe es auch nicht, mit Claude Lorrain,
Rupsdael u. s. w. wurdc der modernen Landschaftsmalerei
der Garaus gemacht. Weiter wurde der modernen Tier-
malerei, der religiosen Malerei und der illustrativen Kunst
das Genick umgedreht und mit Lessing dem sogcnannten
Spnibolismus und Mystizismus seine Unmöglichkeit be-
wiesen. Zuletzt wurden noch die Kritik und die Künstler-
vereinigungcn etwas geknufft, dann die üblichen Preise und
Medaillen verteilt. Daß die Ausführungen des Redners auf
die jungen Akademiker sonderlichen Eindruck gemacht hütten,
ist stark zu bezweiseln." Paul Sch u m a u u.

Lprecbsaal.

Schreiberloh n.

Von Zeit zu Zeit, wenn es übermäßig an vernünf-
tigem Stoff mangelt, schleicht sich in die Zeitungsspalten
eine Notiz über Schriftstellerhonorare, oder vielmehr zwei
Notizen, die sich regelmüßig abwechseln. Das eine Mal
hat eine allbekannte Größe aus dem Reiche der Familien-
blätter für einen Roman ein „sürstliches" Honorar be-
kommen — dann rechnet ein flinker Statistiker sosort
aus, wic viel Pfennige das für das Wort oder gar sür
den Buchstaben ausmacht, und vergißt nicht hinzuzusetzen,
wie viel Dollar der bestbezahlte amerikanische Schrift-
steller für jedes Wort erhält. Das zweite Mal aber wird
verkündet, daß ein Lyriker ersten Ranges am Verhungern
ist und daß sür ihn gesaminelt werden muß, wobei frei-
lich selten etwas herauskommt.

Diese beiden Nachrichten also wiederholen sich fort-
gesetzt, und der ernste Leser muß sich wirklich zuweilen
fragen, welche von beiden trauriger ist; ob es trauriger
ist, daß das deutsche Volk die Werke seiner ersten Geister
nicht liest, oder daß das elende Gebräu der Familien-
blattliteratur mit den reichsten Mitteln unterstützt wird.
Von der materiellen Lage des ganzen Schriftstellerheeres
zwischen dem „verhungernden" Lyriker nnd dem „sürst-
lich" bezahlten Romanabschreiber erfährt das lesende
Publikum nichts, obwohl seine beifällige, gleichgülrige
oder ablehnende Haltung sür die Bezahlung maßgebend
ist. Dem lieben Publikum aber geht nichts über die Be-
quemlichkeit; in holder Kritiklosigkeit geht es nicht nach
dem Werte eines Werkes, sondern nur nach dem Namen
des Autors. Den und den Namen kennt man schon, von
dem hat man in dem lieben Familienblatt oder aus der
Leihbibliothek schon einmal etwas gelesen, was so herrlich
nach dem guten alten Muster war - also nur wieder
etwas von demselben; es wird ja wieder ganz ähnlich
sein — da braucht man sich nicht erst ein neues Urteil
zu bilden.

Mit dieser Kritiklosigkeit kommt das Publikum dem
Redakteur und Verleger freundlich entgegen; es erspart
ihm selbst die kritische Prüfung, cr kann sich lediglich nach
dem Namen richten und muß nur dafür sorgen, daß er
recht hüufig etwas aus der beliebten Feder erhült. Wie
und was ist gleichgültig, die Flagge deckt die Ladung.
Und so machts nicht nur der Redakteur des Familien-

blattes und der Verleger von Zugstücken für die Leih-
bibliothek. Fast alle Zeitschriftcn gehen nach dem Namen
des Autors, nicht nach dem Wert der Arbeit. Je be-
bekannter der Name, um so besser die Bezahlung, das
wird einfach für selbstuerstündlich gehalten. llnbekannte
Autoren, nun ja, nian druckt sie ja auch, so nebenher
— — aus Sparsamkeitsrücksichten. Zuweilen liefern sie
ja recht wertvolle, sehr willkommene Arbeiten, die man
mit Freuden druckt — um sie wenig oder gar nicht zu
honorieren. Ein paar Mark Schreiberlohn, das ist alles,
was man für sie übrig hat. Besonders willkommen ist
es, wenn der Autor, nur um überhaupt bekannt zu wer-
den, seine Arbeiten völlig honorarfrei ablüßt, was leider
nur zu häufig geschieht.

Selbstverständlich tiegt es mir, wie ich ausdrücklich
betonen möchte, sehr fern, irgend etwas gcgen die Blätter
zu sagen, die im Kampfe für ideale Güter so wenig
pekuniäre llnterstützung finden, daß sie auf honorarsreie
Arbeiten angewiesen sind. Sie werden unter ihren
Freunden auch stets soviel sreudige Mitarbeiter finden,
die sich lediglich in den Dienst der guten Sache stellen,
daß sie den Verpflichtungen enthoben werden; auch ist es
selbstverstündlich, daß sie denWert ihrerArbeit nicht nach
ihrem Preise beurteilen. Also nicht diese Verfechter idealer
Jnteressen will ich angreisen — nichts läge mir ferner —
sondern jene rein geschüftlichen Unternehmungen, die sich ,
gerne mit honorarfreien Arbeiten ringender Anfänger
oder eitler Dilettanten füttern lassen, um einen größeren
Profit zu machen.

Ein wirklich anständiges Blatt dieser Art nun wird
sich natürlich garnicht darauf einlassen, eine Arbeit zu
drucken, ohne den llrheber dem Werte entsprechend zu
entlohnen, und doch thut das so manche Zeitschrift, die
sehr geachtet sein will. Meiner Meinung nach darf über-
haupt kein Zweifel darüber bestehen, daß das honorar-
sreie Überlassen von schriftstellerischen Arbeiten, nur damit
dieselben bevorzugt werden, jeder anderen Bestechung i
gleichzuachten ist. Natürlich kommt es vor, daß man auch
in geschäftlichen Blättern einen Artikel, an dessen Veröffent-
lichung Einem aus snchlichen Gründeu viel gelegen
ist, honorarsrei abdrucken läßt, jedoch nur zum Zwecke
irgend einer bestimmten Aufklürung, Rechtfertigung, zur


 
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