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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 10.1896-1897

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Heft 15
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Schwindrazheim, Oskar: Der Gedanke einer deutschen Volkskunst, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.11731#0237

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Lrsles Maibekl lS97.

15. Dekt.


Derausgeber:

Ferdinand Nvenarius.

L>ierte!jährlich 2>/e !Uark.

!0. Zgkrg.

über

Dichlum». WM. Mftt uni> tuli>k»i>c Künstc



Der Gednnke eiiler delltseden welkskunst.

rveierlei Ersolge gibt es: den „sensntionellen"
Ersolg nnd den nnmerklich gerüuschlos
sich vollziehenden. Der erstere ist der-
jenige, dem mnn zumeist zustrebt, obschon die Erfnh-
rung lehrt, daß er mit einem dnnernden Ersolge dnrch-
nus nicht gleichbedentend ist. Er knnn Gednnken,
Bestrebungen, Werken zusnllen, die ihn lediglich der
nervösen Nouvenute-Lüsternheit zu verdnnken Haben,
oder der infolge einer Art von Hypnose des Publikums
herrschenden, in nichts Gesund-Nntnrlichem begrün-
deten Augenblicksmode oder gar nur der Verrvechs-
lung des Aussallend-Guten mit dem dnrch Reklnme
Anssnllenden. Sie können trotzdem binnen Kurzem
wieder verschwnnden sein und sich als lebensunsähige
Eintngssliegen erweisen.

Der unmerklich gernuschlos sich vollziehende Er-
folg geschieht nnders: der Gednnke, die Bestrebung,
dns Werk, um die es sich hnndelt, gewinnen zunnchst
nur die Teilnahme einzelner, dngegen die Feindschnst
nnderer, ein Kampf beginnt, in dem sich die Frage
klnrt. Verwnndte Bestrebungen tnuchen nllmnhlich
aus; eine Gemeinde, die das Gleichartige zusnmmen-
faßt, entsteht, sie erweitert sich, sie gewinnt Bedeu-
tung. Wns sie will, wird nllmählich nllgemeiner Ge-
dnnke, wird endlich Allgemeingut, ohne dnß ein Knall-
essekt eintritt. Dieser Ersolg ist der nntürlichere, weil
er nus dem Wege liegt, der der Entwickelung der Nntur
entsprichr; er ist dnher der sicherere, er verspricht Dnuer.

Einen sensntionellen Ersolg hnt der Gednnke
einer deutschen Volkskunst glücklicherweise nicht gehabt.
Wenn wir nber in der zweitgeschilderten Art des
Ersolges dns Wünschenswerte sehen und in einem
bemerkbnren Vorschritt nus dem Wege zu diesem Er-
solg schon selbst eincn Erfolg erkennen, so können
wir sagen: der Gednnke hat Erfolg gehnbt.

Was verstehen wir unter dem Gednnken einer
deutschen Volkskunst? Es ist schon etwelche Jnhre
her, dnß das Wort Volkskunst, dns einzige durch und
und durch deutsche Schlngwort unter den vielen in der
Kunst gebräuchlichen, an mehreren Stellen zugleich
nustnuchte. Aber nicht nllen wnr sogleich klnr, wns
der Volkskunstgednnke wollte — die Begriffe Volk und
Kunst geeint zu dem Begriffe Volkskunst. Jeder
reimte sich erst einmnl nus eigeue Fnust zusnmmen,
was wohl darunter verstnnden werden könne.

„Armeleutkunst", sngte der eine, indem er an
Volksschule, Volksthenter u. dgl. dnchte. „Sozinl-
demokrntische Kunst", sngte der andere, der nn Volks-
oersnmmlungen, Volksredner u. dgl. dnchte. „Bnuern-
kunst", sngte ein dritter, indem er Volkskunst und
Volkstracht nls ähnliche Worte nnsnh. Nicht jeder
kam nus den Gednnken, bei Volkskunst nn Volkstum,
Volkscharakter u. dgl. zu denken und den Begriff
Volk nls das gesnmte Volk zu snssen. Da die
Anhänger des Volkskunstgedankens im Kunstge-
werbe das Studium der Naturformen sorderten und
 
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