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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 10.1896-1897

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Heft 9
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https://doi.org/10.11588/diglit.11731#0153

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Ferner mird jeder Besuchcr dcr Ausstellunfl crsucht,
mis der rückivärts des Eintrittsscheincs miflebrnchten Tn-
belle die Nulnnrern der nnch seiner Nteinunfl für die
goldene oder silberne Medaille würdigen Bildcr einzu-
trngen, und den Lchein dnnn nn der Knsse zurückzugebeir

Aus diesen Nuinmern ivird zusnininenflestellt, welche
Bilder die Jurl) und welche dns Publikuin nusgewnhlt
haben. Die bestiinmten Bilder werden init dcn betreffen-
den Mednillen, nuf denen steht „Durch die Stiinme der
Jury^ oder „Durch die Stimmc des Publikums" ausge-
zeichnet, so daß nlso 20 goldenc und 40 silberne Medaillen
verteilt werden Ein Bild kann auch 2 Ntednillcn er-
hnlten, z. B. die goldene durch die Stimmc des Publikums,
die silberne durch die Juri), oder uniflekehrt, oder 2 goldene
oder 2 silberne.

Autzerdem gibt Seine Königliche Loheit nus seinem
Privntvermögen zur teilweisen Entschndigung der Künstler
für die nufgewnndte Zeit und Mühe die Summe von
500000 Mark. Diese werden, wic solgt, verteilt:

100 Bilder werden mit je 1000 Mk. belohnt,

also zusammen 100000 M.
200 Bilder rverden mit je 500 Mk. belohnt,

also zusammen 100000 M.
500 Bilder werden mit je 200 Mk. belohnt,

also zusammen 00000 M.
roo Bilder werden mit je 100 Mk. belohnt,

also zusammen 40000 4N.

500000 M.

Bis zum 1. August hat jedes Mitglied der Jury die
Nummern-Liste der auf solche Weise zu belohnenden
Bilder einzureichen. Für diese Mühe erhält jedes der
35 Mitglieder 500 M.

Die Medaillen- und Geldprämierungen werden nm
10. August an den Bildern vermerkt.

Am 13. August werden die Briese der Künstler er-
öfsnet, statt der Nummern die Namen an die Bilder ge-
häugt und die Listen dermit Mednillen prämiiertenKünstler,
sowie die Klassen der Geldbelohnungen, lehtere alpha-
betisch geordnet, veröffentlicht.

Dnmit hofft seine Königliche Hoheit ein durchaus ge-
rechtes Urteil über die Leistungen der jetzt lebenden Künstler,
welche sich an der Ausstellung beteiligt haben, zu erhalten

Der Erfolg dcs Ausschreibens des Fürsten wnr ein
ungeahnter. Ueber 5000 Bilder wurden eingesendet. Die
Jury hatte eine schwere Arbeit. Dn aber jede Debatte
aitsgeschlosfen blieb, so- vollzog sich die Wahl trotzdem
schnell. Programmmähig wurdc die Ausstellung eröffnet.
Der Besuch war den gnnzen Sommer über so zahlreich
wie noch nie und ergab ein ungeahntes finanziclles Resul-
tat. Fühlte sich doch jedermann geschmeichelt, datz auch er
miturteilen durfte. Mancher Künstler hatte vielleicht seine
Freunde überredet, öster in die Ausstellung zu gehen, um
seine Stimme wiederholt für dieses oder jcnes Bild ab-
zugeben. Biel kam dieser kleine Unterschleif doch nicht
vor, weil sowohl die Künstler, wenigstens solange die
Namen noch nicht veröffentlicht wnren, wie besonders das
Publikum sich für die Jdee ihres Fürsten sehr begeisterten,
und alle etwaigen Unterschleise durch gegenseitige Ueber-

wachung weniflstens schr crschwerten, wenu nicht nnmöfl-
lich mnchtcn.

Bei dcr Wahl für die Alednillen crgnb es sich, datz
bei den meisten Bildern Jury und Publikum doeh ziemlich
gleich urteilcn. Freilich, cinige Bildcr fnnden nur bei
ersterer, nndere nur bci letzterem Anklang.

Hatte mnn schon dieser Veröffentlichung, sowie der
Einteilung der Bilder in die 4 Geldprämienklasseii mit
großer Spannung entgegengesehen, so gcriet die gnu;e Stadt
Mitte August iu eiue stets wachsende hochgrndige Erreguug
bis cudlich der 15. Hernukam uud die Nameu der Maler
augehcftet wurdeu.

Eine nachträgliche Bcstimmung hatte die Eutziehuug
Ler zugesprocheuen Medaille oder Geldbelohuung ange-
droht, wcnn ein Küustler, uachdem seine Nuinmer, resp.
seiu Bild sür diese odcr jeue Belohnung bezeichnet war,
sich vor dem 15. August nls dcr Muler desselben zu er-
kenneu gab. Natürlich waren in den Zeitungeu endlose
Mutmatzungen veröffentlicht worden, oft mit Erraten der
Wahrheit, oft abcr auch nicht. Jedensalls wurde die
Spaunung auch dndurch auf das Höchste geschraubt, bis
der 15. August endlich die Aufklärung brachte. Man
mußte an diesem und den solgenden Tagen eigene Vor-
kehrungen treffen, um den Besuch der Mussen nur eiuiger-
matzeu zu ordnen, die Kasse nahm riesige Summen eiu.
Wettburenup waren entstanden, kurz man hatte uoch uie
ein solches Jnteresse sür die Ausstellung gesehen, wie in
diesem Jahre.

Aber welche sonderbnre Ergebnisse brachte nuch der
15. August! Viele berühmte tzlamen fehlten ganz. Hntteu
sie nicht gewollt oder uicht gewagt, sich au dieser Kou-
kurrenz, wo jede Protektion, jeder Einflutz dei' srüheren
Berühmtheit ausgeschlossen blieb, zu beteiligen, oder waren
ihre Werke nicht aufgenommen worden — niemnnd wutzte
es. Andere gnnz unbekannte Namen waren mit Medaillen
oder den höchsten Geldprämien belohnt worden, und da.
durch crfuhr man, datz es noch viele sehr gute Künstler
und Künstlerinnen gab, von denen man bisher gar keine
Ahnung gehabt hatte. Es war diesen eben nie gelungen,
bei der Zury srüherer Art Gnnde zu sinden. Auch die
Kauflust des Publikums war schr rege. Viele Menschen,
die vorhcr gar nicht an den Erwerb eiues Bildes dachten,
kauften ein solches, weil sic sich darüber sreuten, datz das
von ihnen gut beurteilte Bild wirklich die Medaille oder
die hohc 'Geldprümie erhalten hatte. So wurdeu alle mit
Mcdaillen prämierteu Bilder wegeu des vieleu Verlangeus
nach ihnen weit teurer, als die Künstler gedacht hatten,
verkaust. Ebenso sanden alle Bilder der ersten und zweiten
und noch viele der dritten Geldprämienklasse ihre Käuser.

Somit wareu die Küustler im allgemeiueu uud war das
ganze Publikum mit dem Ergebnis dieser Ausstellung
sehr zufrieden, uud jedermann sagte, der Fürst habe da
eine ausgezeichnete Jdee gehabt, denn diesmal sei es doch
bei der Ausnahme, der Prümierung und dem Verkauf der
! Bilder so gerecht zugegangen wie uoch nie.

Dies alles war aber nur eine Jllusiou!

Rarl o.anera.

inlialt:

Lewusstes Peben. IKundsebau. — Dicbtuug. — Schöne Literatur. (John Gabriel Borkmau.
Von Henrik Jbsen. Neue Gedichte. Vou Otto Ernst. Gedichte von Karl von Arnswaldt. Gedichle
von Theodor Renneberg. Die Bildungsmüden. Von O. Mysing. Aus Tag und Traum. Von Ludwig Jakobowski.j
Schriften über Literatur. Geschichte der Weltliteratur und des Theaters aller Zeiten und Völker. Von Julius Hart.
-- Tbeuter. Wichtigere Schauspielaufführungen. Dresdner Bericht. — Mldendc Iküuste. Berichte über bildende
Kunst. Berliner Bericht. Kunstblätter und Bilderwerke. (Das Rathaus zu Zerbst.) — PpreebSUlll. Eine Fllusion.
Von Karl Tanera.
 
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