Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 18,2.1905

DOI Heft:
Heft 14 (2. Aprilheft 1905)
DOI Artikel:
Rundschau
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.11879#0138

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
lermaterial nach der Richtnng hin
besser und gleichmäßiger vorgebil-
det sein sollte, als dies jetzt der Fall
ist. An den Schulen sollen beispiels-
weise in den unteren Klassen gleich-
zeitig Hoch- und Tiefbautechniker vor-
gebildet werden, deren eigentliche
Fachausbildung nur in den beiden
oberen Klassen getrennt liegt. Von
den weiteren Unterschieden zwischen
den Schülern, die zu technischerr Be-
amten des Staates und der größe-
ren Gemeinden, zu Stadtbaumeistern
in kleinen Städten, zu Hilsszeich-
nern bei Architekten, Baugewerks-
meistern oder Baunnternehmern, end-
lich zu selbstschaffenden Meistern in
Dorf, Klein- oder Großstadt ausge-
bildet werden sollen, will ich nicht
weiter reden; wir müssen uns jetzt
eben damit abfinden und versuchen,
allen Anforderungen möglichst ge-
recht zu werden.

Eine wirkliche und nachhaltige
Besserung kann und wird nur die
Zukunft bringen, denn die Entwicke-
lung unserer gewerblichen Schulen
hat erst begonnen, und ist bisher
rastlos gesördert worden. So ist
es auch nur eine Frage der Zeit,
daß so einfache Forderungen, wie
die Prüfung der zeichnerischen Be-
fähigung der Schüler, welche sich
dem Hochbau als Schaffende wid-
men wollen, und die daraus fol-
gende Trennung in Fachklafsen statt
der bisherigen Parallelklassen für
die einzelnen Ausbildungszweige, fo-
wie einer befferen, sachgemäßeren
Vorbereitung der Lehrkräfte ganz
von felbst erfüllt werden. Aber
ich behaupte auch, daß nur aus einer
tiefbeackerten Volksseele heraus, in
welche die Saat fchon in der Volks-
fchule gelegt werden muß, uns eine
wirkliche Volkskunst auch im Wohn-
hausbau wieder erwachsen und blühen
kann. Bis dahin muß unsere Ar-
beit nach der künstlerischen Seite
hin Stückwerk bleiben; nur eine kleine

Gemeinde wird dafür empfäng-
lich sein. Hirsch

„AufdaßderPlatzvoll
werde . . ."

Vor der Berliner Universität winkt
eine grüne Oase in der Steinstadt:
ein stiller Vorgarten, von den weit
vorspringenden Seitenflügeln des Ge-
bäudes eingefriedet. Hier duftet im
Mai der Flieder, „so mild, so stark
und voll," wie er halt kann. Viel-
leicht zwitschert auch dann und wann
eine Meise durch die dichten Büsche,
und eine Amsel singt im Abend-
licht den Brüdern Humboldt, die
ruhevoll in ihren Steinsitzen träu-
men, ein holdes Lebenslied. Viel-
leicht bisher; in Zukunft wahrschein-
lich nicht mehr. Denn, auf daß der
Platz voll werde, schlägt man Bresche
in feine friedliche Gartenschönheit
und stellt ein paar große Geister
in Marmor hinein. Helmholtz steht
schon da, Mommsen ist für 60 000
Mark in Konkurrenzarbeit gegeben,
Treitfchke soll folgen, und zwei wei-
tere Zierden der ma-tsr find

zu gleichem Zwecke fchon „ins Auge
gefaßt". Was wird aber bei alle-
dem aus dem erquicklichen Garten?
Eine Skulpturenhalle, der man gleich
besser die üblichen Kübelpflanzen
geben sollte. Und diese Verschöne-
rungswut zerstört, wo sie ganz dicht
dabei nicht nur gefahrlos toben,
sondern sogar wirklich was Gutes
wirken könnte. Oder wäre im Trep-
penhause der neuen Bibliothek, die
neben das Universitätsgebäude zu
stehen kommt, nicht ein würdigerer
Raum für die Male dieser Männer
des Geistes als auf der Straße?
Hier füllen fie einen kärglichen Platz
und verdrängen das bischen gerettete
Grün, zwischen dem der Student
einmal ausruhen kann; dort könn-
ten sie ihre Plätze ausfüllen und
ein Ganzes monumentalisieren helfen.

-t

2. Axrilheft sstOö lOA
 
Annotationen