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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 4.1890-1891

DOI Heft:
Heft 2 (2. Oktoberheft 1890)
DOI Artikel:
Schumann, Paul: Kunst und Schule
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https://doi.org/10.11588/diglit.11725#0024

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Lxveitcs Mttoberdett 1690.

! Lrscbeint

^ Anfnng und in der Mitte

Dcrnusgeber:

zferdinand Twenarius.

Kcstellpreis:

vierteljährlich 2t/g Ulnrk. ^

Kunst und Lcdule.

ie Frage, inwieweit und wie die INusik
als INittel der <§rziehung heranzuziehen sei,
ist in diesen Blättern wiederholt erörtert
worden; zuletzt von Fr. von chausegger
(III, f?). Die Gründe, die er für die verwendmig
der Alusik im Dienste der Grziehung anführt, dürfen
wir auch für die bildenden Rünste ohne IDeiteres in
Anspruch uehinen. Dft es die Aufgabe der Lrziehung,
uingestaltend und veredelnd zu wirken und eine schönere
Zukunft vorzubereiten, so sind nicht bloß eines, son-
dern alle Gebiete des Schönen gleich berechtigt und
gleich geeignet, zur Alitwirkung herangezogen zu
werden. Und fassen wir selbst den Zweck der Gr-
ziehung nur dahin, den Alenschen heiinisch zu inachen
in der ihn umgebenden IDelt, ihn zu befähigen, daß
er freudig schaffend und aufnehmend initarbeite an
der heutigen Rultur, so werden wir nicht uinhin
können, der Grziehung zur Aunst eine bedeutsaine
Uolle iin Leben anzuweisen. Zn dein Zlufsatze: „Aaviar
fürs Dolk" (III, t) hat der cherausgeber dieses
Llattcs nachdrüeklich auf die volksveredelnde Araft
der Aünste hingewiesen. 6oll sie aber voll zur Gelt-
ung konunen, so gilt es, frühzeitig nnt der Gr-
ziehung zuin Runstgenuß zu beginnen. Denn die
Auffassungsfähigkeit läßt sich später nur mit vieler
Alühe erringen, während sie von Zugend auf mit
Lieichtigkeit zu pflegen ist.*

Zu den allgemein erziehlichen Gründen aber kommt
für die bildenden Aünste, insonderheit für Alalerei,
j)lastik und Aunstgewerbe, ein wichtiger volkswirt-
schaftlicher Grund. Gs giebt in der Gegenwart kaum
ein Gebiet, auf welchem nicht wirtschaftliche 2Iück-
sichten eine maßgebende illolle spielten. Dergebens
suchen die Dertreter rein idealer Anschauungen, nament-

* Dergl. Bernhard Stark, Aunst und Schule. Zur
deutschen Schulreforin. Iena >8^8.


lich auf dem Gebiete der chchule, sich der anscheinend
banausischen Lrage zu erwehren: Ill>elchen praktischen
Nutzen hat euer Thun?

6ie vergessen, daß das rein Zdeale zum haltlosen
Schatten wird, wenn es nicht im Lieben wurzelt und
darauf zurückwirkt. Die Dergangenheit zu erkunden,
hat für die A l I g e m e i n h e i t nur danu INert,
wenn es ihr hilft, die Gegenwart zu verstehen, die
Teilnahme an ihr zu wecken und zu fördern, den
Tharakter zu bilden und zu kräftigen. Tine Missen-
schaft, die den Blick vom Zetzt abkehrt, lediglich Le-
wunderung für das Tinst züchtet, hat kein Necht, in
unseren Alittelschulen eine llolle, gar eine maßgebcnde
Rolle zu spielen. Trhebt aber eine solche IDissenschaft
Anspruch darauf, in den Areis der 6chulfächer auf-
genommen zu werdeu, so muß sie die f?robe nach den
angegebenen Grundsätzen bestehen. Auch s i e sprechen
bei der Beantwortung der Lrage mit, ob die Aunst-
lehre in die Schule gehört. 6ie gehört dahin; es
fragt sich nur, in welchem Umfange und von welchen
Gesichtspunkten aus sie gelehrt werden soll.

Tinen erfreulichen, fugendkräftigen Zdealismus
hat der 6taat an den Tag gelegt, als man sich in
Deutschland von der Notwendigkeit überzeugte, das
Uunstgewerbe neu zu erwecken. Aunstgewerbeschulen,
Aunstgewerbemuseen und gewerbliche Fachschulen auf
künstlerischer Grundlage wurden zu Dutzenden gegrün-
det, Alusterzeichner und künstlerisch mehr oder minder
geschulte chandwerker wurden und werden zu Gun-
derten herangebildet. Nicht minder groß ist der IDett-
eifer deutscher 6taaten und 6tädte auf dem Gebiete
der hohen Aunst. Überall werden auf 6taatskosten
Aünstler herangebildet, die Aunstakademien wetteifern,
einander in der Zahl der Schüler zu übertreffen. Za,
aber ist es denn an sich ein Glück für einen 6taat,
möglichst viel Nlaler, Nildhauer, lllrchitekten und Ge-


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